Betriebliches Eingliederungsmanagement
Arbeitgeber sind zur Durchführung von Betrieblichem Eingliederungsmanagement verpflichtet. Es ist Beschäftigten anzubieten, die in einem Jahr länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind. Bei Beschäftigten mit Schwerbehinderung muss die Schwerbehindertenvertretung hinzugezogen werden.
Ziel des Betrieblichen Eingliederungsmanagements ist es, Arbeitsunfähigkeit möglichst zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des betroffenen Beschäftigten zu erhalten. Im weiten Sinne geht es um ein betriebliches Gesundheitsmanagement zum Schutz der Gesundheit der Belegschaft. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist eine Aufgabe des Arbeitgebers und richtet sich an alle Beschäftigten im Betrieb beziehungsweise in der Dienststelle.
Gesetzliche Vorschriften
Mit dem Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung vom 23.4.2004 hat der Gesetzgeber das Erfordernis der betrieblichen Prävention im Rahmen des § 167 SGB IX weiter gestärkt. Prävention umfasst alle Maßnahmen, die der Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit der Beschäftigten dienen. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement bezieht sich auf die gezielte Steuerung des Einsatzes von Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gesundheit zum Zweck der Beendigung von Arbeitsunfähigkeitszeiten und der Vermeidung von weiterer Arbeitsunfähigkeit nach einem auf den Betrieb zugeschnittenen Vorgehenskonzept.
§ 167 Absatz 2 SGB IX verpflichtet den Arbeitgeber, für Beschäftigte, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sind, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Ob die Arbeitsunfähigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz steht, spielt dabei keine Rolle. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement setzt alle Maßnahmen ein, die geeignet sind, die Arbeitsunfähigkeit zu beenden und den Beschäftigten mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderung möglichst dauerhaft auf einem geeigneten Arbeitsplatz einzusetzen.
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement gilt nicht nur für die Beschäftigten mit Schwerbehinderung und Gleichgestellung – die Regelung findet auf alle Mitarbeiter des Betriebs Anwendung und gilt grundsätzlich für alle Arbeitgeber.
Vorgehensweise, Beteiligte
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist eine Teamaufgabe. Der Arbeitgeber nimmt zunächst Kontakt mit der betroffenen Person auf, klärt mit ihr die Situation, holt ihre Zustimmung zur Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements ein und bespricht mit ihr die Ziele.
Die weitere Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements findet nur dann statt, wenn die betroffene Person zustimmt.
Erst dann schaltet der Arbeitgeber den Betriebsrat beziehungsweise Personalrat ein; bei Menschen mit Schwerbehinderung oder Gleichgestellung die Schwerbehindertenvertretung, sofern die betroffene Person damit einverstanden ist, sowie bei Bedarf den Betriebsarzt. In dieser Runde wird geklärt, mit welchen Hilfen eine schnelle Rückkehr in den Betrieb beziehungsweise die Dienststelle möglich ist. An externen Partnern kann der Arbeitgeber die Rentenversicherungsträger, die Berufsgenossenschaften (BG) beziehungsweise den Unfallversicherungsträger, die Krankenkassen und die Agentur für Arbeit hinzuziehen. Bei Menschen mit Schwerbehinderung und ihnen gleichgestellten können auch das Integrationsamt und der Integrationsfachdienst hinzugezogen werden, soweit hier Leistungen der Begleitenden Hilfen im Arbeitsleben in Betracht kommen.
Einführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements
Das in § 167 Absatz 2 SGB IX normierte Betriebliche Eingliederungsmanagement ist ein spezielles Verfahren, mit dem die Ziele der Prävention wirksam gefördert werden sollen.
Bei der Einführung geht es um eine für die Beteiligten verbindliche Vorgehensweise, die sich an den betrieblichen Gegebenheiten orientiert und die dann im Einzelfall Anwendung findet. Das Konzept für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement wird in einem Großbetrieb anders aussehen als in einem mittelständischen Betrieb und anders als in einem kleinen Handwerksbetrieb. Deshalb ist es wichtig, ein Vorgehenskonzept zu erarbeiten, das den Gegebenheiten des Betriebs beziehungsweise der Dienststelle entspricht. In keinem Fall erfüllen Krankenrückkehrgespräche diese Anforderungen.
Mindestanforderungen
Es gibt Mindestanforderungen an ein Betriebliches Eingliederungsmanagement. Zur inhaltlichen Orientierung eignet sich das 5-Phasen-System. Danach wird Folgendes benötigt:
Fragebogen zur Klärung der Situation
Um die Situation zu bestimmen, sollte die Prüfliste für das Integrationsteam zum Beispiel folgende Fragen beinhalten:
- Seit wann ist der Mitarbeiter erkrankt?
- In welcher Form treten die Fehlzeiten auf? (lang andauernd, häufige Kurzerkrankungen)
- Liegt eine Schwerbehinderung oder eine Gleichstellung vor?
- Findet eine kontinuierliche ärztliche Betreuung statt?
- Besteht ein Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Arbeitsplatz?
- Sind medizinische Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt worden oder geplant?
- Liegen bezogen auf den Arbeitsplatz ein Anforderungs- und ein Fähigkeitsprofil vor?
- Kann die technische Ausstattung des Arbeitsplatzes optimiert werden?
- Können die Arbeitsbelastungen minimiert werden, zum Beispiel durch organisatorische Veränderungen oder durch technische Verbesserungen?
- Gibt es geeignetere Einsatzmöglichkeiten für den Betroffenen?
- Gibt es Qualifizierungsbedarf?
Es empfiehlt sich, die getroffenen Regelungen in einer Inklusionsvereinbarung oder einer Betriebsvereinbarung festzuhalten.
Rolle des BEM in Kündigungsschutzverfahren
Zwar sieht das Gesetz keine unmittelbaren Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Vorschrift vor, allerdings wurden mit der Vorschrift die Anforderungen an eine krankheitsbedingte Kündigung verschärft. Die Ziele des Betrieblichen Eingliederungsmanagements bringen zum Ausdruck, dass eine Kündigung das letzte Mittel, die Ultima Ratio, sein soll. Die Durchführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements ist zwar keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung. Wurde jedoch kein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt, erhöht sich die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers bezüglich einer fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers auf demselben oder einem anderen Arbeitsplatz.
Stand: 30.09.2022