Fragen und Antworten zum Sozialen Entschädigungsrecht
Fragen und Antworten zum Sozialen Entschädigungsrecht
Das Soziale Entschädigungsrecht ist umfangreich und kann im Einzelfall Fragen für Betroffene aufwerfen. Hier werden die am häufigsten gestellten Fragen einfach und verständlich beantwortet. Wählen Sie das passende Thema nachfolgend aus.
Worin liegt der Unterschied zwischen dem Grad der Schädigung (GdS) und dem Grad der Behinderung (GdB)?
Der GdS zielt nur auf die Schädigungsfolgen ab. Im Gegensatz dazu bezieht sich der GdB grundsätzlich auf alle Gesundheitsstörungen – unabhängig von ihrer Ursache.
Ist ein Mensch, der einen Bescheid über einen Grad der Schädigung von 50 hat, gleichzustellen mit einem schwerbehinderten Menschen?
Als schwerbehindert gelten Menschen, bei denen ein Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 festgestellt wurde. So steht es in § 2 Abs. 2 SGB IX. Wenn bereits in einem Rentenbescheid oder einer entsprechenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung eine Feststellung über die Erwerbsminderung oder den Grad der Schädigung (GdS) getroffen wurde, gilt diese auch als GdB-Feststellung.
Gelten für den Menschen mit GdS von 50 Nachteilsausgleiche und ist er dann auch wahlberechtigt?
Ja, für Menschen mit einem GdS von 50 gelten auch die Nachteilsausgleiche gemäß etwaiger Inklusionsvereinbarungen. Sie sind zudem berechtigt, an der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung teilzunehmen.
Wie hat der Arbeitgeber Menschen mit nur einem GdS, aber keinem GdB zu behandeln?
Da die GdS- auch als GdB-Feststellung gilt, hat der Arbeitgeber sie gleich zu behandeln.
Was passiert bei Menschen aus dem Ausland, die in Deutschland geschädigt werden?
Ausländerinnen und Ausländer, die sich rechtmäßig in Deutschland aufhalten und Opfer einer Gewalttat werden, erhalten die gleichen Entschädigungsleistungen wie deutsche Gewaltopfer.
Was passiert bei Menschen aus Deutschland, die im Ausland geschädigt werden?
Menschen, die durch ein schädigendes Ereignis im Ausland eine gesundheitliche Schädigung erleiden, sind anspruchsberechtigt, wenn sie ihren gewöhnlichen und rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland haben und sich zum Tatzeitpunkt für einen vorübergehenden Zeitraum von längstens sechs Monaten im Ausland aufgehalten haben. Dient der Auslandsaufenthalt dem Besuch einer Schule, Hochschule, der Berufsausbildung oder der Leistung eines freiwilligen Dienstes, verlängert sich die Frist auf ein Jahr.
Was passiert bei Deutschen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben?
Geschädigte, ihre Angehörigen oder Hinterbliebenen sowie Nahestehende, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, können Leistungen der Sozialen Entschädigung erhalten. Die Leistungen der Schnellen Hilfen werden allerdings nur in Deutschland erbracht. Erforderliche Fahrtkosten werden gegebenenfalls in angemessenem Umfang erstattet.
Werden auch Großschadensereignisse wie Anschläge oder Messerattacken entschädigt?
Ja, sofern die grundsätzlichen Voraussetzungen für Ansprüche auf Soziale Entschädigung erfüllt sind. Wesentliche Änderungen des Sozialen Entschädigungsrechts wurden unter dem Eindruck des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz in Berlin 2018 erarbeitet und teilweise noch im selben Jahr in Kraft gesetzt.
Das Soziale Entschädigungsrecht schließt ab 2024 auch psychische Gewalttaten mit in den Leistungskatalog ein. Was ist, wenn diese Taten vor 2024 begangen wurden?
Wurde eine psychische Gewalttat vor 2024 begangen, kann keine Entschädigung geleistet werden. Im bis dahin maßgeblichen Opferentschädigungsgesetz (OEG) war ein solcher Tatbestand noch nicht geregelt.
Was ist ein Berufsschadensausgleich?
Der Berufsschadensausgleich ist eine monatliche finanzielle Zahlung. Anspruch darauf haben Menschen, die infolge einer gesundheitlichen Schädigung einen Einkommensverlust erlitten haben. Voraussetzung ist zum einen, dass bei ihnen ein Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 30 anerkannt wurde. Voraussetzung ist zum anderen, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben bei ihnen nicht mehr erfolgversprechend sind oder ihnen nicht mehr zugemutet werden können.
Wie wird ein Berufsschadensausgleich berechnet?
Die Höhe des Berufsschadensausgleich berechnet sich aus dem derzeitigen beziehungsweise früheren Einkommen und seit dem 1. Januar 2024 einem Vergleichseinkommen, das sich an der Bundesbesoldungsordnung orientiert. Welcher Besoldungsgruppe ein Geschädigter oder eine Geschädigte zugeordnet wird, ist in einer eigenen Verordnung geregelt, der Berufsschadensausgleichsverordnung.
Was zählt zum „derzeitigen Einkommen“ – und was nicht?
Zum Einkommen aus gegenwärtiger Erwerbsarbeit gehören unter anderem auch Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld und Übergangsgeld. Des Weiteren Insolvenzgeld und Elterngeld in bestimmter Höhe sowie Mutterschaftsgeld. Dagegen zählen beispielsweise Wintergeld, Weihnachts- und Neujahrsgratifikationen in bestimmter Höhe sowie lohnsteuerfreie Sachzuwendungen und Vergünstigungen nicht zum Einkommen aus gegenwärtiger Erwerbsarbeit.
Was zählt zum „früheren Einkommen“?
Zum Einkommen aus früherer Erwerbsarbeit gehören unter anderem Ruhegelder, Geldleistungen aus der Unfallfürsorge sowie eine Altersrente und Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch laufende, auf Beiträgen beruhende Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung werden dazugezählt.
Wann müssen Geschädigte eigenes Einkommen und Vermögen einsetzen?
Entschädigungs- und Teilhabeleistungen werden ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen erbracht. Geschädigte können jedoch auch besondere Leistungen im Einzelfall erhalten, soweit und solange sie nicht in der Lage sind, den jeweiligen Bedarf aus ihrem Einkommen und Vermögen zu decken, und dieses Unvermögen durch die Schädigungsfolgen entstanden ist. Solche besonderen Leistungen sind beispielsweise Leistungen zum Lebensunterhalt oder zur Weiterführung des Haushalts. Unter bestimmten Umständen ist hier auch eigenes Einkommen beziehungsweise Vermögen einzusetzen. Die Regelungen dazu sind in Kapitel 16 des SGB XIV und einer eigenen Verordnung, der Verordnung zum Einkommen und Vermögen in SGB XIV, geregelt.
Warum muss überhaupt eigenes Einkommen und Vermögen eingesetzt werden?
Der Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens ist grundsätzlich im SGB XII („Sozialhilfe“), Kapitel 11, geregelt. Bei den entsprechenden Regelungen im Sozialen Entschädigungsrecht wird allerdings berücksichtigt, dass Leistungsberechtigte aufgrund eines schädigenden Ereignisses hilfebedürftig geworden sind, für das die staatliche Gemeinschaft eine besondere Verantwortung trägt. Daher gibt es begünstigende Abweichungen und Sonderregelungen.
Welchen Zweck hat die zusätzliche Verordnung zum Einsatz von Einkommen und Vermögen?
Die grundsätzlichen Regelungen zum Einsatz von Einkommen und Vermögen in der Sozialen Entschädigung sind im SGB XIV geregelt. Es ergeben sich jedoch viele Detailfragen wie etwa, welche Einkünfte als Einkommen und welche Geldwerte als Vermögen zu berücksichtigen sind und welche nicht. Außerdem werden in der Verordnung Vermögensschonbeträge und sogenannte Absetzbeträge festgelegt, die zusätzlich zu den Beträgen nach SGB XII („Sozialhilfe“) abgesetzt werden können. Damit wird der besonderen Verantwortung des Staates für diese Menschen Rechnung getragen.
Wer ist für Menschen im Ausland, die Anspruch auf eine Soziale Entschädigung haben, zuständig?
Für Betroffene im Inland ist die örtliche Zuständigkeit bereits im Gesetzestext der Sozialen Entschädigung geregelt: Zuständig ist das Bundesland, in dem die berechtigte Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei Betroffenen mit einem Auslandswohnsitz ist mittels einer zusätzlichen Verordnung festgelegt worden, welches Bundesland für die Durchführung der Sozialen Entschädigung zuständig ist. Jedes Bundesland ist für bestimmte Weltregionen beziehungsweise Länder zuständig. Ein Beispiel: Mecklenburg-Vorpommern ist bei Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt der Geschädigten in Pakistan, Indien, Bangladesch, Sri Lanka, Nord- oder Südkorea in der Verantwortung.
Wer ist zuständig, wenn der Antrag von Angehörigen, Hinterbliebenen oder Nahestehenden der geschädigten Person gestellt wird?
In diesen Fällen ist das Bundesland zuständig, in dem die geschädigte Person Leistungen der Sozialen Entschädigung beantragt hat oder hatte. Hat sie das nicht getan oder ist sie durch das schädigende Ereignis verstorben, greift wiederum die Bundesland-Regelung für Menschen im Ausland, die Anspruch auf Soziale Entschädigung haben (siehe vorherige Frage).
Worin besteht der Unterschied zwischen Leistungen der sozialen Entschädigung und der Unfallkasse?
Unfallkassen werden üblicherweise über regelmäßige und vorsorgliche Beiträge der Arbeitgebenden oder des Staates finanziert. Zu ihren Aufgaben zählen die Wiederherstellung der Gesundheit und die Entschädigung mit Geldleistungen, wenn beispielsweise ein Arbeitnehmender eine Berufskrankheit entwickelt hat oder ein Arbeitsunfall passiert ist. Diese Fälle stehen direkt mit der versicherten Tätigkeit in Verbindung. So handelt es sich um einen Arbeitsunfall, wenn ein Kassierer bei einem Überfall verletzt wird. Die Unterstützung des Geschädigten fällt in den Bereich der Gesetzlichen Unfallversicherung. Ein bei der Tat verletzter Kunde hingegen wird zufällig Opfer. Er kann unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen der Sozialen Entschädigung in Anspruch nehmen. Die Grenzen können mitunter fließend sein. Ein geschädigter Kassierer kann beispielsweise auch Anspruch auf Berufsschadensausgleich nach dem Sozialen Entschädigungsrecht haben.
Welche Rolle spielen die Unfallkassen bei der Sozialen Entschädigung?
Die Unfallkassen übernehmen die Versorgung mit nötigen Hilfsmitteln einer Krankenbehandlung für anspruchsberechtigte Personen. Dies geschieht auftragsweise nach Entscheidung der jeweils zuständigen Landesversorgungsbehörde. Sie erstattet den Unfallkassen anschließend ihre Aufwendungen.
Ich bin anspruchsberechtigt. Wer ist für welche Leistung zuständig?
Anspruchsberechtigte erhalten die ihnen zustehenden Leistungen unter Umständen von mehreren Stellen. Während die Krankenversicherung die Krankenbehandlung und die Pflegekasse Pflegeleistungen übernimmt, sind die Unfallkassen für die Übernahme von Hilfsmitteln im Rahmen einer Krankenbehandlung zuständig. Darüber hinaus kann die Versorgungsverwaltung Teilhabeleistungen übernehmen. Damit Anspruchsberechtigte trotz der verschiedenen Zuständigkeiten schnell ihre Leistungen erhalten, wurde das Fallmanagement eingeführt. Fallmanagerinnen und Fallmanager unterstützen Anspruchsberechtigte auf Wunsch im Antrags- und Verwaltungsverfahren.