Wahl der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung

Regelmäßig wird eine Schwerbehindertenvertretung alle 4 Jahre im Ok­to­ber/No­vem­ber in Betrieben oder Dienststellen gewählt. Je nach Anzahl der wahlberechtigten Be­schäf­tig­ten ist das vereinfachte oder das förmliche Wahlverfahren anzuwenden. Der Be­triebs- oder Personalrat kann die Wahl initiieren.

Nach § 177 SGB IX ist in allen Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens 5 Men­schen mit Schwer­be­hin­de­rung beziehungsweise ihnen gleichgestellte nicht nur vor­über­ge­hend beschäftigt sind, eine Schwerbehindertenvertretung (Vertrauensperson) und we­nigs­tens ein stellvertretendes Mitglied zu wählen. Dies geschieht in geheimer und un­mit­tel­ba­rer Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Unter den gleichen Vor­aus­set­zun­gen haben die Richter mit Schwerbehinderung eines Gerichts ihre Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung zu wählen. Für die Staatsanwälte gilt dasselbe, sofern sie eine ent­spre­chen­de Personalvertretung haben.

Video: Wahlverfahren der Schwerbehindertenvertretung

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Initiativrecht vom Betriebs- oder Personalrat

Gemäß § 176 SGB IX soll der Betriebs- oder Personalrat auf die Wahl einer Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung hinwirken. Die Gewerkschaften haben anders als bei der Wahl des Betriebsrats kein Initiativrecht (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.7.2009 – 7 ABR 25/08). Die Vorbereitung und Durchführung der Wahl bestimmt sich nach der Wahl­ord­nung Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tun­gen (SchwbVWO). Der Arbeitgeber hat dem Integrationsamt und der Agentur für Arbeit die Wahl der Vertrauensperson anzuzeigen (§ 163 Absatz 8 SGB IX).

Wahlberechtigte und wählbare Personen

Wahlberechtigt (aktives Wahlrecht) sind alle in dem Betrieb beziehungsweise in der Dienst­stel­le beschäftigten Menschen mit Schwerbehinderung und ihnen gleichgestellte. Wähl­bar (passives Wahlrecht) sind alle nicht nur vorübergehend Beschäftigten, die am Wahl­tag das 18. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb beziehungsweise der Dienst­stel­le seit 6 Mo­na­ten angehören. Die Schwerbehindertenvertretung muss nicht selbst eine Schwer­be­hin­de­rung haben. Besteht der Betrieb beziehungsweise die Dienststelle we­ni­ger als ein Jahr, so bedarf es für die Wählbarkeit nicht der 6-monatigen Betriebs- oder Dienst­stel­len­zu­ge­hö­rig­keit. Nicht wählbar ist, wer kraft Gesetzes dem Betriebs-, Personal- oder Richterrat nicht angehören kann (zum Beispiel leitende Angestellte). In Dienststellen der Bundeswehr sind auch Soldaten mit Schwerbehinderung wahlberechtigt und wählbar für das Amt der Schwerbehindertenvertretung.

Gemäß § 170 Absatz 1 Satz 2 SGB IX gilt für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung der Betriebsbegriff des Betriebsverfassungsrechts (Betrieb). Dieser ist in den §§ 1, 4 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) definiert. Machen die Tarifvertragsparteien für Un­ter­neh­men mit meh­re­ren Betrieben von den in § 3 BetrVG beschriebenen Möglichkeiten für abweichende Regelungen der Betriebsstruktur Gebrauch, etwa durch Bildung eines un­ter­neh­mens­ein­heit­li­chen Betriebsrats, so sind diese tarifvertraglichen Vereinbarungen auch für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung bindend (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.11.2004 – 7 ABR 17/04). Für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung im öffentlichen Dienst gilt der Dienststellenbegriff der jeweils anzuwendenden Per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­set­ze (§ 170 Absatz 1 Satz 2 SGB IX).

Zusammenlegung für die Wahl

Betriebe und Dienststellen, in denen weniger als 5 Menschen mit Schwerbehinderung be­schäf­tigt werden, können für die Wahl mit anderen räumlich naheliegenden Betrieben des Ar­beit­ge­bers oder gleichstufigen Dienststellen derselben Verwaltung zusammengefasst werden (§ 177 Absatz 1 Satz 4 SGB IX). Dies gilt entsprechend für Gerichte un­ter­schied­li­cher Gerichtszweige und In­stan­zen. Über die Zusammenfassung zur Wahl der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung entscheidet der Arbeitgeber im Benehmen mit dem für den Sitz des Betriebs beziehungsweise der Dienststelle zuständigen Integrationsamt.

Zeitraum für die Wahlen

Die regelmäßigen Wahlen finden alle 4 Jahre in der Zeit vom 1.10. bis 30.11. statt. Au­ßer­halb dieser Zeit finden Wahlen statt, wenn

Hat außerhalb des für die regelmäßigen Wahlen festgelegten Zeitraums eine Wahl der Schwerbehindertenvertretung stattgefunden, so ist die Schwerbehindertenvertretung in dem auf die Wahl folgenden nächsten Zeitraum der regelmäßigen Wahlen neu zu wählen. Hat die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung zum Beginn des für die regelmäßigen Wahlen festgelegten Zeitraums noch nicht ein Jahr betragen, so ist die Schwerbehindertenvertretung in dem übernächsten Zeitraum der regelmäßigen Wahlen neu zu wählen. Nach der Wahl im Jahr 2022 findet die nächste regelhafte Wahl dann wieder in 2026 statt.

Wahlversammlung, vereinfachtes und förmliches Wahlverfahren

Ist in einem Betrieb beziehungsweise einer Dienststelle eine Schwerbehindertenvertretung nicht gewählt, so können das für den Betrieb beziehungsweise die Dienststelle zuständige In­te­gra­ti­ons­amt, der Betriebs- oder Personalrat oder drei Wahlberechtigte zu einer Ver­samm­lung der schwer­be­hin­der­ten Menschen einladen. In der Versammlung wird beim ver­ein­fach­ten Wahlverfahren ein Wahlleiter gewählt, der die Wahl der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung und mindestens eines stell­ver­tre­ten­den Mitglieds im weiteren Verlauf der Versammlung durchführt.

Im förmlichen Wahlverfahren – ab 50 Wahlberechtigte – wird auf dieser Versammlung ein Wahl­vor­stand gewählt, der dafür Sorge trägt, dass die Wahl unverzüglich, spätestens in­ner­halb von 6 Wochen mit den dabei vorgesehenen Zwischenschritten abläuft.

Seit 2022 besteht nun auch die Möglichkeit, im vereinfachten Wahlverfahren die Wahl­ver­samm­lung online durchzuführen und im Anschluss per Briefwahl zu wählen. Die Organisation dieses Wahlverfahrens ist etwas aufwendiger, trägt jedoch der veränderten Ar­beits­si­tua­ti­on durch die Coronapandemie Rechnung.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) e. V. hat auf ihrem Internetauftritt eine informative Themenseite mit Informationen und Materialien zur SBV-Wahl eingerichtet, die für eine rechtssichere Durchführung der SBV-Wahl er­for­der­lich und hilfreich sind.

Eine Wahlmöglichkeit zwischen vereinfachtem und förmlichem Wahlverfahren besteht nicht. Es ist stets das Wahlverfahren anzuwenden, dessen Voraussetzungen im jeweiligen Betrieb be­zie­hungs­wei­se in der jeweiligen Dienststelle gegeben sind.

Die Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen (SchwbVWO) regelt auch die Ein­zel­hei­ten zur Wahl der Gesamt-, Bezirks-, Haupt- und Kon­zern­schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung.

Zuständigkeit des Arbeitsgerichts

Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Wahl der Schwerbehindertenvertretung, zum Beispiel Wahl­an­fech­tungs­kla­gen, sind sowohl in der Privatwirtschaft wie auch im öffentlichen Dienst vor dem Ar­beits­ge­richt auszutragen (vergleiche § 2a Absatz 1 Nummer 3a ArbGG und dazu Bun­des­ar­beits­ge­richt, Urteil vom 11.11.2003 – 7 AZB 40/03 sowie vom 29.7.2009 – 7 ABR 25/08).

Medien und Arbeitshilfen

Titelbild der ZB Spezial "Wahl der Schwerbehindertenvertretung 2022"
Downloads und Arbeitshilfen

SBV-Wahl

Alle vier Jahre stehen die SBV-Wahlen an. In diesem ZB Spezial gibt es gesammelt alle Informationen zu den Wahlen inklusive des Wahlkalenders und der Wahlformulare.

Stand: 30.09.2022

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