Beschäftigungspflicht

Private und öffentliche Arbeitgeber sind verpflichtet, Menschen mit Schwerbehinderung einzustellen. Je nach Betriebsgröße gibt es verbindliche Mindestvorgaben. Auch bei Erfüllung des Mindestanteils ist bei Neueinstellungen zu prüfen, ob Menschen mit Behinderungen infrage kommen.

Jeder Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich mindestens 20 Arbeitsplätzen ist verpflichtet, eine bestimmte Anzahl von Menschen mit einer Schwerbehinderung oder einer Gleichstellung zu beschäftigen (§ 154 SGB IX).

Die Grafik zeigt Fotos verschiedener Betriebsgrößen und daneben die vorgegebenen Zahlen der Pflichtarbeitsplätze. Diese Zahlen finden sich auch im nächsten Textabschnitt.

Mindestanteil

Betriebe mit mindestens 20 aber weniger als 40 Arbeitsplätzen müssen einen Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen, Betriebe mit 40 bis unter 60 Arbeitsplätzen müssen 2 Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen.

Noch größere private und öffentlich-rechtliche Arbeitgeber, haben auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen oder ihnen gleichgestellte behinderte Menschen zu beschäftigen (§ 154 Absatz 1 SGB IX).

Da es auf die Zahl der bei dem Arbeitgeber insgesamt vorhandenen Arbeitsplätze ankommt, ist auch ein Arbeitgeber mit mehreren Betriebsteilen (zum Beispiel Filialen), die jede für sich weniger, zusammen aber mehr als 20 Arbeitsplätze haben, beschäftigungspflichtig.

Bei der Berechnung der Arbeitnehmeranzahl bleiben Ausbildungsverhältnisse unberücksichtigt.

Die Pflichtquote stellt den Mindestanteil fest. Der Arbeitgeber, der seiner Beschäftigungspflicht nachkommt, ist deshalb nicht von seiner Verpflichtung entbunden, zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können (§ 164 Absatz 1 Satz 1 SGB IX). Die Beschäftigungspflicht bezieht sich auf Menschen mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung (§ 158 Absatz 1 SGB IX). Darüber hinaus werden auch Inhaber von Bergmannsversorgungsscheinen (§ 158 Absatz 4 SGB IX) auf die Pflichtzahl angerechnet.

Errechnung der Pflichtarbeitsplätze

Der Umfang der Beschäftigungspflicht ergibt sich aus der Zahl aller vorhandenen und anrechenbaren Arbeitsplätze und dem Pflichtsatz von 5 Prozent (§ 156 SGB IX) im Jahresdurchschnitt.

Daraus wird die Zahl der Pflichtarbeitsplätze berechnet (§ 157 SGB IX). Durch die Gegenüberstellung von Pflichtzahl (Soll) und der Zahl der tatsächlich mit Menschen mit Schwerbehinderung besetzten Arbeitsplätze (Ist) wird ermittelt, ob oder wieweit die Beschäftigungspflicht erfüllt ist.

Anrechenbare Pflichtarbeitsplätze

Auch ein teilzeitbeschäftigter Mensch mit Behinderung, der kürzer als betriebsüblich, aber wenigstens 18 Stunden in der Woche beschäftigt ist, wird auf einen Pflichtarbeitsplatz angerechnet (§ 158 Absatz 2 SGB IX). Die Bundesagentur für Arbeit kann eine Anrechnung auch bei weniger als 18 Stunden zulassen, wenn die Teilzeitbeschäftigung wegen Art und Schwere der Behinderung notwendig ist (§ 158 Absatz 2 SGB IX). Dies gilt auch für einen Arbeitgeber mit Schwerbehinderung, sofern es sich um eine natürliche, nicht um eine juristische Person oder Personengesamtheit handelt (§ 158 Absatz 3 SGB IX).

Ebenfalls werden in Heimarbeit beschäftigte Menschen mit Schwerbehinderung auf den Pflichtsatz angerechnet (§ 210 Absatz 1 SGB IX). Weitere Sonderregelungen enthalten § 157 Absatz 1 und § 159 Absatz 2 SGB IX: Danach wird ein Auszubildender auf mindestens zwei, nach Entscheidung der Agentur für Arbeit bis zu drei, Pflichtarbeitsplätze angerechnet.

Infografik zur Anrechnung von Teilzeitkräften bei der Ausgleichsabgabe: Beschäftigte mit Schwerbehinderung, die wöchentlich 18 Stunden und mehr arbeiten, können bei der Veranlagung zur Ausgleichsabgabe auf einen vollen Pflichtarbeitsplatz angerechnet werden.

Ausgleichsabgabe

Solange die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen nicht beschäftigt wird, ist gemäß § 160 Absatz 1 SGB IX für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz eine monatliche Ausgleichsabgabe zu entrichten.

Rechtsverpflichtung

Die Einstellungspflicht des Arbeitgebers ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die gegenüber dem Staat besteht. Der einzelne Mensch mit Schwerbehinderung kann aus ihr keinen Anspruch auf Beschäftigung gegen den Arbeitgeber oder den Staat herleiten.

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich frei in der Auswahl der Menschen mit Schwerbehinderung und auch der Arbeitsplätze, die er zur Erfüllung der Beschäftigungspflicht besetzen will. Eine Einschränkung ergibt sich nur aus § 155 SGB IX, wonach sich unter den Beschäftigten mit Schwerbehinderung in angemessenem Umfang auch die in dieser Vorschrift aufgeführten besonders schutzbedürftigen Personengruppen befinden müssen. Im Interesse einer ausgewogenen und gerechten Verteilung der Aufstiegsmöglichkeiten sollten Menschen mit Schwerbehinderung mindestens entsprechend ihrer Quote auf qualifizierten Arbeitsplätzen beschäftigt werden.

Die schuldhafte Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht stellt für den privaten wie für den öffentlichen Arbeitgeber eine Ordnungswidrigkeit dar, die von der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit mit einer Geldbuße geahndet werden kann (§ 238 Absatz 1 Nummer 1 SGB IX).

Medien und Arbeitshilfen

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Downloads und Arbeitshilfen

BIH-Handlungsempfehlungen

Die BIH-Empfehlungen zur Erhebung der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabe (Stand Dezember 2021) greifen zahlreiche Gesetzesreformen und Gerichtsentscheidungen der Jahre 2016 bis 2021 auf – darunter das geänderte Anfechtungsrecht zur Insolvenzordnung sowie die Reform des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Das Dokument gibt Antworten auf konkrete Fragen aus der Praxis, etwa zur Anrechnung bestimmter Beschäftigungsgruppen.

Stand: 30.09.2022

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