Beendigungsschutz, erweiteter

Der erweiterte Beendigungsschutz nach § 175 SGB IX sieht auch dann eine Zu­stim­mung des Integrationsamts zur Beendigung von Ar­beits­ver­hält­nis­sen schwer­be­hin­der­ter Menschen vor, wenn diese aufgrund bestimmter Regelungen automatisch enden.

Das Schwerbehindertenrecht (Teil 3 SGB IX) sieht im Fall der Kündigung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses durch den Arbeitgeber ein der Kündigung zwingend vorgeschaltetes Zu­stim­mungs­er­for­der­nis des Integrationsamts vor (§ 168 SGB IX) (Kün­di­gungs­schutz­ver­fah­ren). Es gibt jedoch auch Fälle, in denen ein Arbeitsverhältnis automatisch im Fall des Eintritts einer teilweisen Erwerbsunfähigkeit ohne Kündigung automatisch endet. Diese automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung des Arbeitgebers kann im Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einer konkreten Absprache im Einzelarbeitsvertrag vorgesehen sein. Entsprechende Regelungen finden sich insbesondere in Tarifverträgen für den öffentlichen Dienst, vor allem im „Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst“ (TvöD) oder im „Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder“ (TV-L), vereinzelt auch in der privaten Wirtschaft.

Öffentlicher Dienst

Im öffentlichen Dienst endet nach § 33 TvöD und gleichlautenden Tarifvorschriften das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung nur bei der Gewährung von Dauerrenten. Darüber hinaus können Angestellte im Geltungsbereich des TvöD, die teilweise erwerbsgemindert sind, seit dem 1.1.2002 innerhalb von 2 Wochen nach Zugang des Rentenbescheides schriftlich einen Antrag auf Weiterbeschäftigung stellen. Ist die Weiterbeschäftigung möglich, endet das Beschäftigungsverhältnis nicht.

Berufs- und Erwerbsunfähigkeit

Bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (früher: Berufsunfähigkeit) auf Zeit ruht das Arbeitsverhältnis und lebt nach Ablauf der Befristung in vollem Umfang wieder auf (§ 33 Absatz 2 TvöD).

Renten wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit werden nur noch gewährt, wenn die Anspruchsvoraussetzungen am 31.12.2000 vorgelegen haben. Nach aktuellem Recht wird nur noch zwischen voller und teilweiser Erwerbsminderung unterschieden.

Zustimmung des Integrationsamtes

Bei Ausscheiden des schwerbehinderten Menschen wegen teilweiser Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit sieht das Schwerbehindertenrecht (Teil 3 SGB IX) einen erweiterten Beendigungsschutz vor (§ 175 SGB IX). In diesen Fällen muss die Zustimmung des Integrationsamtes zur Be­en­di­gung des Arbeitsverhältnisses eingeholt werden. Der erweiterte Beendigungsschutz des § 175 SGB IX ist auf die gesetzlich genannten Fälle beschränkt; das heißt, die Zustimmung des In­te­gra­ti­ons­am­tes ist nicht erforderlich, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung wegen der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer oder Erwerbsunfähigkeit auf Dauer endet.

Im Geltungsbereich des „Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst“ (TvöD) und des „Ta­rif­ver­trags für den öffentlichen Dienst der Länder“ (TV-L) ist die Zustimmung des Integrationsamtes nur dann erforderlich, wenn das Arbeitsverhältnis wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Dauer endet (§ 33 Absatz 2 TvöD). Bei automatischem Ausscheiden wegen Dienstunfähigkeit von schwerbehinderten Dienstordnungsangestellten wird § 175 SGB IX analog angewandt.

Vorgehen im Zustimmungsverfahren

Im Zustimmungsverfahren wird geprüft, ob der schwerbehinderte Mensch durch Änderung der Arbeitsbedingungen, beispielsweise durch Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz oder nach Durchführung anderer Maßnahmen, wie beispielsweise einer be­hin­der­ten­ge­rech­ten Ausstattung des Arbeitsplatzes weiterbeschäftigt werden kann. Bei Eintritt einer vollen Erwerbsminderung auf Zeit beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ist zu klären, ob es dem Arbeitgeber zugemutet werden kann, mit der Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsplatzverhältnisses jedenfalls so lange zu warten, bis nach Ablauf der zeitlichen Frist eine Aussage über die weitere Arbeitsfähigkeit des schwerbehinderten Beschäftigten getroffen werden kann.

Stand: 30.09.2022

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