Übergang aus Werkstätten in regulären Arbeitsmarkt erleichtern
Mehr Menschen mit Behinderung, die in einer Werkstatt beschäftigt sind, in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zu bringen – das ist das Ziel eines Pilotprojekts in Baden-Württemberg.
Die Teilhabe am Arbeitsleben inklusiver gestalten und insbesondere Betroffenen Alternativen zur Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) besser ermöglichen. Das ist ein erklärtes Ziel sowohl der Bundesregierung als auch eine Forderung der UN-Behindertenrechtskonvention. Der Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) verfolgt hier jetzt einen neuen Ansatz: das Pilotprojekt zur Konversion von WfbM-Plätzen zu Arbeitsplätzen in Inklusionsbetrieben. Dazu wird es den WfbM-Trägern erstmals ermöglicht, ausgelagerte Arbeitsgruppen und Zweckbetriebe der WfbM rechtlich in einen Inklusionsbetrieb umzuwandeln. Entsprechend ändert sich auch der rechtliche Status der dort beschäftigten Menschen mit Behinderung: weg von einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis innerhalb der WfbM hin zu einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis im Inklusionsbetrieb. Ziel des Pilotprojekts ist es, auf diese Weise mindestens 300 Beschäftigungsverhältnisse umzuwandeln.
Zu wenig Übergänge in den allgemeinen Arbeitsmarkt
Das Konversionsprojekt soll eine Lücke in der Förderlandschaft schließen. Denn während die Zahl der Menschen mit Behinderung, die von der Schule in den allgemeinen Arbeitsmarkt wechseln, konstant hoch ist, ist die Zahl der Übergänge aus den WfbM trotz umfassender Förderleistungen und möglicher Unterstützung durch die Integrationsfachdienste zurückgegangen: in Baden-Württemberg beispielsweise von 109 Personen im Jahr 2018 auf 57 Personen im Jahr 2022. Gleichzeitig ist die Zahl der ausgelagerten Beschäftigungsverhältnisse in den WfbM angestiegen.
Dieses Missverhältnis will der KVJS in Baden-Württemberg auflösen und durch den Abbau der bisherigen rechtlichen Hürden Alternativen zur Beschäftigung in einer WfbM leichter zugänglich machen. Denn bisher wurde eine Förderung von rechtlich unselbstständigen Inklusionsabteilungen bei Trägern von WfbM wegen der Vermengung unterschiedlicher gesetzlicher Aufgaben vom KVJS abgelehnt. Diese Beschränkung wird in dem Pilotprojekt jetzt für eine begrenzte Zahl teilnehmender WfbM aufgehoben. „Die individuelle Förderung von Übergängen von Beschäftigten der WfbM zu sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hat nach wie vor Vorrang. Das Konversionsprojekt ist ein neuer Ansatz und ein zusätzlicher Bestandteil der Maßnahmen zur Förderung dieser Übergänge. Das Projekt steht unter dem Motto ,Mehr Inklusion wagen‘“, erläutert Monika Leutenecker, stellvertretende Referatsleiterin beim KVJS-Integrationsamt und hier für Inklusionsbetriebe zuständig.
Bestandsschutz für neue Inklusionsabteilungen
Das Konversionsprojekt wird vom KVJS durchgeführt und von der Abteilung zur Durchführung von Forschungsvorhaben evaluiert.
Gefördert werden zum einen Träger von WfbM (institutionelle Förderung), die bereit sind, ausgelagerte Arbeitsgruppen oder eigene Zweckbetriebe von der Rechtsform der WfbM in die Rechtsform eines Inklusionsbetriebes zu überführen. Zu diesem Zweck können die Träger rechtlich unselbstständige Inklusionsabteilungen bilden, Inklusionsunternehmen ausgründen oder mit bereits bestehenden Inklusionsunternehmen in eigener oder fremder Trägerschaft kooperieren. Zum anderen werden sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse für Menschen mit einer wesentlichen Behinderung, die vorher in ausgelagerten Arbeitsgruppen oder Zweckbetrieben der WfbM beschäftigt waren und der Zielgruppe der Inklusionsbetriebe nach §215 Abs. 2 SGB IX entsprechen, gefördert (individuelle Förderung).
Die durch das Modellvorhaben entstandenen Inklusionsabteilungen erhalten einen Bestandsschutz. Sie können auch über die Projektphase hinaus nach den Grundsätzen zur Förderung von Konversionsprojekten als Inklusionsbetriebe weiter gefördert werden.
Förderanträge können formlos seit 1. Juli 2024 beim KVJS unter der E-Mail-Adresse konversionsprojekt@kvjs.de gestellt werden.