Statue der Justitia vor blauem Hintergrund mit rotem Kreis.

Evidenzkontrolle

Fällt der Arbeitsplatz eines Mitarbeiters mit Schwerbehinderung weg und kann dieser auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden, ist der Prüfungsumfang des Integrationsamts auf eine dahingehende Evidenzkontrolle beschränkt (Hessischer VGH, Beschluss vom 23. Juni 2022, AZ: 10 A 883/21 Z).

Die Beteiligten streiten über die Zustimmung zur Kündigung des Beklagten zur ordentlichen, betriebsbedingten Kündigung des schwerbehinderten Klägers. Im Zustimmungsverfahren trug der schwerbehinderte Kläger zahlreiche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf anderen, aus seiner Sicht für ihn geeigneten Arbeitsplätzen vor, deren Vorhandensein der Arbeitgeber zum Teil bestritt oder für die er ihn entweder aus fachlichen, gesundheitlichen oder sonstigen Gründen nicht für geeignet ansah.

Urteil bestätigt

Das Integrationsamt erteilte die Zustimmung zur Kündigung, ohne die streitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Einzelnen aufzuklären. Die gegen diese – vom Widerspruchsausschuss bestätigte Entscheidung – eingelegte Klage wies das Verwaltungsgericht als unbegründet zurück. Das Urteil wurde vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof bestätigt. Dieser führte aus: Um eine Ermessenentscheidung treffen zu können, müsse das Integrationsamt den Sachverhalt zwar grundsätzlich aufklären. Der Umfang der Aufklärungspflicht ergebe sich aber entscheidend aus dem Bezug des Kündigungsgrundes zur Schwerbehinderteneigenschaft.

„Ohne jeden vernünftigen Zweifel“

Bei einer betriebsbedingten Kündigung sei die Zustimmung in der Regel zu erteilen, da sich ein Zusammenhang mit der Schwerbehinderung nicht herstellen lasse. Etwas anderes gelte, wenn die beabsichtigte Kündigung nach arbeitsrechtlichen Vorschriften offensichtlich unwirksam sei. Dann müsse die Unwirksamkeit „ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage treten und sich jedem Kundigen aufdrängen“. Dieser Offensichtlichkeitsmaßstab finde auch in den Fällen der betriebsbedingten Kündigung Anwendung, wenn es um die Frage der möglichen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gehe. Denn die Aufklärung dieser Frage sei primär Gegenstand des arbeitsgerichtlichen Verfahrens.

Weitere aktuelle Urteile


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Aktuelles Urteil: Begrenzte Pflicht zur Rücksichtnahme

Ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem leistungsgeminderten Arbeitnehmer innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens eine Tätigkeit zu übertragen, zu deren Erbringung dieser noch in der Lage ist?

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Aktuelles Urteil: Zustimmung des Integrationsamtes

Ist ein Antrag auf Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch (bzw. auf Gleichstellung) noch nicht gestellt, muss die Zustimmung zur Kündigung durch das Integrationsamt nicht erfolgen.

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Briefwahl

Bei den Vorschriften in § 11 Absatz 1 Nummer 4 SchwbVWO handelt es sich um eine wesentliche und zwingende Vorschrift über das Wahlverfahren, die zur Verhinderung von Manipulationen eng auszulegen ist.

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Rechtstellung der Stellvertreter

Ein stellvertretendes Mitglied der SBV besitzt nur während der Dauer der Vertretung und der Heranziehung nach § 178 Absatz 1 Satz 4 und 5 SGB IX die gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Vertrauensperson.

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Wochenenddienste

§ 164 Absatz 4 SGB IX verpflichtet den Arbeitgeber nicht, wegen der Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers einen Arbeitsplatz zu schaffen oder zu erhalten, den er nach seinem Organisationskonzept nicht benötigt. Arbeitgeber können grundsätzlich Wochenenddienste anordnen.

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Befristung von Zusatzurlaub

Die Befristung des Anspruchs schwerbehinderter Menschen auf Zusatzurlaub nach § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist nicht von der Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten abhängig.

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Erneutes BEM

Der Arbeitgeber hat grundsätzlich ein neuerliches BEM durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach Abschluss eines BEM erneut länger als sechs Wochen durchgängig oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt war.

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Stufenvertretung

Eine Beteiligung der Stufenvertretung nach §180 Abs. 6 Satz 3 SGB IX kommt immer nur dann in Betracht, wenn persönliche Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen betroffen sind, über die eine übergeordnete Dienststelle entscheidet.

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Kein Individualanspruch

§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGB IX begründet keinen Individualanspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf Einleitung und Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM).

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Einheitliche Verdachtskündigung

Stimmt das Integrationsamt ausdrücklich einer einheitlichen Verdachtskündigung aufgrund von zwei jeweils in sich abgeschlossenen Vorfällen zu und hat der Arbeitgeber die ursprünglich beabsichtigte Tatkündigung im Rahmen dieses Verfahrens ausdrücklich fallen gelassen...

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Datenschutz beim BEM

Aus § 167 Abs. 2 Satz 3 SGB IX (in der bis zum 09.06.2021 geltenden Fassung, seit 10.06.2021: Satz 4) folgt nicht nur, dass der Arbeitnehmer auf die Art und den Umfang der im betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen ist.

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Mindestnote bei Bewerbung

Soweit sich im öffentlichen Dienst eine Stellen- ausschreibung insbesondere an Bewerberinnen und Bewerber außerhalb des öffentlichen Dienstes richtet, kann der Arbeitgeber grundsätzlich bestimmen ...

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Zustimmung zur Kündigung

Die durch das Integrationsamt einmal erteilte Zustimmung zur Kündigung – vorbehaltlich ihrer Nichtigkeit – entfaltet so lange Wirksamkeit, wie sie nicht rechtskräftig aufgehoben ist.

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Ermessensentscheidung

Bei der Zustimmung des Integrationsamtes zu einer außerordentlichen Kündigung sind neben den Belangen des Arbeitnehmers auch die Interessen des Arbeitgebers an einer schnellen Abwicklung des Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen.

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Kein individuelles Recht auf Vorstellungsgespräch

Die in § 165 S. 3 SGB IX bestimmte Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers, schwerbehinderte Stellenbewerber/-innen zum Vorstellungsgespräch einzuladen, gehört zu den Pflichten des Arbeitgebers, mit denen kein individueller Anspruch der jeweiligen schwerbehinderten Bewerber/-innen auf eine ...

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Mitteilungspflicht im BEM-Verfahren

Im Rahmen des Betrieblichen Ein­gliederungs­manage­ments (BEM) trifft den Arbeit­geber die Pflicht, den Arbeit­nehmer oder die Arbeit­nehmerin auf die Ziele des BEM sowie Art und Umfang der dabei erhobenen Daten hinzuweisen. Die Darstellung der Ziele muss über die bloße Bezugnahme auf die ...

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Befugnisse der Gesamt-SBV

Ist in einem Betrieb keine Schwerbehindertenvertretung gewählt, ist die Gesamtschwerbehindertenvertretung nicht befugt, zu einer Versammlung zum Zweck der Wahl des Wahlvorstandes einzuladen.

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Unterrichtungsanspruch

Der Unterrichtungsanspruch nach § 178 Abs. 2 S. 1 HS 1 SGB IX erstreckt sich auf alle Angelegenheiten, die sich spezifisch auf schwerbehinderte Menschen auswirken. Die Anhörungspflicht hingegen bezieht sich nur auf die diesbezüglichen Entscheidungen des Arbeitgebers.

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