Junge Frau mit langen dunklen Haaren sitzt einem älteren Mann gegenüber und lächelt.

Weiter Vorbehalte abbauen

Karl-Friedrich Ernst, Leiter des KVJS-Integrations­amts, hat in den letzten Jahrzehnten die Weiter­entwicklung des bundes­weiten Schwerbehinderten­rechts maßgeblich mitgeprägt. Ende Juli geht er in den Ruhestand. Ein Gespräch über Gewesenes und Kommendes.

Herr Ernst,

Portraitbild von Karl-Friederich Ernst vor einer Bücherwand.

Sie überblicken mehr als 30 Jahre Schwerbehindertenrecht. Was waren die wichtigsten Meilensteine?

Ganz vorn steht hier die Schaffung des SGB IX im Jahr 2001 als Nachfolger des alten Schwerbehindertengesetzes mit vielen Verbesserungen. Für die ursprünglichen Selbsthilfefirmen gibt es seither einen rechtlichen Rahmen als Inklusionsbetriebe.
Der neue Rechtsanspruch auf Arbeitsassistenz hat vielen körperlich stark behinderten Menschen ermöglicht, berufstätig zu sein. Die Integrationsfachdienste (IFD) sind heute ein unverzichtbares Angebot. Und für hörbehinderte Menschen war die Anerkennung der Gebärdensprache eine wichtige Brücke auch in die Arbeitswelt.

Und was waren die wichtigsten Meilensteine in Baden-Württemberg?

Mit einem gewissen Stolz kann ich sagen, dass Baden-Württemberg bei der Anzahl der Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt aus den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren und aus den Werkstätten für behinderte Menschen bundesweit führend ist.
Positiv haben sich auch die landesweit gut 90 Inklusionsunternehmen entwickelt. Dadurch sind mehr Möglichkeiten zur Teilhabe auf den allgemeinen Arbeitsmarkt entstanden.

Welches sind die aktuellen „Baustellen“?

Das Integrationsamt wird weiter damit zu tun haben, die Coronafolgen zu kompensieren, auch wenn unter anderem mit dem Coronateilhabefonds für soziale Unternehmen das Schlimmste abgewendet werden konnten. Infolge Corona sind auch die Vermittlungen schwerbehinderter Menschen in Arbeit zurückgegangen. Da wird man gegensteuern müssen.

Die tägliche Arbeit des Integrationsamtes wird vom weiteren Ausbau digitaler Infrastruktur profitieren. Die elektronische Akte hat im Integrationsamt vieles beschleunigt.

Was wird in naher Zukunft wichtig werden, bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen?

Es muss weiter daran gearbeitet werden, Vorbehalte der Gesellschaft und besonders der Arbeitgeber gegenüber Menschen mit Behinderung abzubauen. Für die Arbeitgeber wurden jetzt die Einheitlichen Ansprechstellen bei den Integrationsfachdiensten neu etabliert. Die IFD werden in Zukunft stärker proaktiv für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen werben.

Das könnte Sie auch interessieren


Schmuckbild
Interview

Multiplikatoren erreichen

Die neuen EAA-Fachberaterinnen und -berater müssen zunächst einmal die Einheitlichen Ansprechstellen bei den Arbeitgebern bekannt machen – da sind sich die Akteurinnen und Akteure einig. ZB befragte zwei „EAAler“ aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz.

Schmuckbild.
Interview

"Kleine und mittelgroße Unternehmen ansprechen"

Eine wichtige Zielgruppe der Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber sind kleine und mittelständige Unternehmen. ZB sprach mit zwei Fachberater*innen aus Hessen und Rheinland-Pfalz über die Herausforderungen und Chancen der neu geschaffenen Unterstützungsmöglichkeiten.

Bild von Jan Henrik Müller.
Steckbrief

Gemeinsam. Einfach. Mehr. Wir: Jan Müller

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LVR-Inklusionsamtes geben Einblick in ihre Arbeiten. Wir berichten, was sie antreibt und motiviert, sich Tag für Tag für berufliche Teilhabe zu engagieren.