Porträtfoto von Simone Fischer

„Starke Schwerbehindertenvertretungen für den inklusiven Arbeitsmarkt“

Ein Gespräch mit Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, über den Stellenwert der SBV.

Frau Fischer, haben Sie als Landes-Behindertenbeauftragte auch mit Vertrauenspersonen schwerbehinderter Menschen (SBV) zu tun?

Ja. Es ist schön, dass ich immer wieder mit Schwerbehindertenvertreterinnen und -vertretern zu tun habe, sei es auf Tagungen oder anderen Veranstaltungen, sei es bei persönlichen Anfragen. Ich treffe mich auch mit SBV bei Netzwerkstreffen, wie zuletzt in Überlingen. Ich finde, die Vertrauenspersonen haben eine wichtige Rolle. Es braucht starke Schwerbehindertenvertretungen für den inklusiven Arbeitsmarkt.

Was sind die Themen, die die Vertrauenspersonen Ihrer Wahrnehmung nach umtreiben?

Zum einen ganz praktische Dinge, etwa wie sie Kolleg*innen kompetent begleiten und unterstützen können, den Weg für mehr Einstellungen zu ebnen oder die Freistellung für die SBV-Arbeit, Fortbildung und Vernetzung zu organisieren. Zum anderen ging es zuletzt häufig um das Gesetz zum inklusiven Arbeitsmarkt, das Menschen mit Behinderungen in Arbeit bringen und in Arbeit halten will. Wir haben in Baden-Württemberg über 6.000 Arbeitgeber, die keinen einzigen Beschäftigten mit Behinderung haben. Das muss sich ändern! Mehr als 5.000 Arbeitgeber zeigen, dass es geht und was möglich ist – sie übererfüllen die Pflichtquote.

Wo sehen Sie den Stellenwert der SBV, ihre wichtigsten Aufgaben?

Wichtig ist eine Schwerbehindertenvertretung, die hinsieht, kompetent vermittelt und handelt: Was brauchen die Kolleginnen und Kollegen mit Behinderung? Wie kann der Arbeitgeber unterstützen? Am besten geht es Hand in Hand. Hier ist nicht zuletzt das BEM – das Betriebliche Eingliederungsmanagement ein wichtiges Instrument: Gesund bleiben, gesund werden. Beispielsweise haben die psychischen Erkrankungen deutlich zugenommen. Nicht nur deshalb sind BEM und Gesundheitsmanagement wichtige Themen für die Arbeitnehmer- wie die Arbeitgeberseite. Von großer Bedeutung ist auch, dass sich die Vertrauenspersonen für Inklusionskonzepte einsetzen und sich einbringen, dass Stellen entsprechend besetzt werden. Schließlich ist eine inklusive Personalentwicklung das Ziel.

„Wichtig ist eine Schwerbehindertenvertretung, die hinsieht, kompetent vermittelt und handelt"
Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

Sie waren selbst lange Schwerbehindertenvertreterin. Hat sich die Arbeit der SBV verändert?

Die Aufgaben sind komplexer und vielfältiger geworden. Dafür ist gutes Fachwissen wichtig, deshalb braucht es ein gutes Fortbildungsangebot und den Austausch mit andern SBV, wie es unter anderem der KVJS anbietet. Ich finde, ein gutes Unternehmen hat das selbstverständlich auf dem Schirm und stärkt seine Vertrauenspersonen. Ich hatte als Schwerbehindertenvertreterin bei der Stadt Stuttgart immer den starken Rückhalt der Amtsleitung. Ein gutes Standing der SBV bei den Kolleginnen und Kollegen und eine Professionelle Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit der Führungsetage ist das A und O.

Haben Sie Anregungen für die praktische Arbeit als SBV?

Netzwerken Sie, auch regional, untereinander, wie beispielsweise das Netzwerk der Schwerbehindertenvertretungen in der Region Oberschwaben, Es wäre schön, wenn es weitere solche Kreise gäbe, auch in größerer Form. Es ist gut, wenn regelmäßige Coachings stattfinden oder Mentorenprogramme von erfahrenen Schwerbehindertenvertretungen für Neueinsteiger. Zeigen Sie auch neue Bilder und Kooperationen, schaffen Sie neue Zugänge und Wege, zum Beispiel mit JOBinklusive - Menschen mit Behinderung im ersten Arbeitsmarkt. Suchen Sie sich Verbündete im Unternehmen, schaffen Sie gute Beispiele für den inklusiven Arbeitsmarkt.

Wenn Sie ein Fazit für die Arbeit der Vertrauensleute schwerbehinderter Menschen ziehen sollten, wie würde das aussehen?

Die SBV leistet einen wichtigen Beitrag, unseren Arbeitsmarkt inklusiver zu gestalten. Sie sind kompetente und verlässliche Ansprechpersonen, die sich für die Sache der schwerbehinderten Menschen einsetzen. Sie ermöglichen es den Arbeitgebern, die Kompetenz und das Potential von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Behinderungen zu erschließen. Denn in Zeiten von Personalmangel ist es klug, diese Personengruppe im Blick zu haben. Und da kann die SBV eine gute Brücke sein.

Das Interview führte Monika Kleusch.

Zur Person

Seit Oktober 2021 ist Simone Fischer die Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen in Baden-Württemberg. Die Diplom-Verwaltungswirtin war unter anderem beim Vorgängerverband des KVJS sowie dem Neckar-Odenwald-Kreis, dem Städtetag Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt Stuttgart tätig. Bei der Stadt Stuttgart war sie zudem drei Jahre Vertrauensperson schwerbehinderter Menschen.

Mehr über Simone Fischer hier: Landesbehindertenbeauftragte Simone Fischer: Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg (baden-wuerttemberg.de)

 

 

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