Junge Frau mit langen dunklen Haaren sitzt einem älteren Mann gegenüber und lächelt.

Engagiert euch weiter!

101 Jahre SBV – ein „krummes“ Jubiläum, aber doch ein Grund zum Feiern. Die ZB hat zu diesem Anlass ein Gespräch mit Karl Friedrich Ernst, Leiter des Integrationsamtes Baden-Württemberg, geführt.

Herr Ernst,

Portraitbild von Karl-Friederich Ernst vor einer Bücherwand.

am 6.4.1920 wurde mit dem „Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter“ der Grundstein der SBV gelegt. Ist auch der etwas „krumme“ Geburtstag mit 101 Jahren ein Grund zum Feiern?
Ja, auch wenn die „krumm“ gewählte Zahl zunächst verwundert – die Erklärung ist ganz einfach. Zum hundertjährigen Jubiläum gab es einfach vorrangige Themen, denn die Corona-Pandemie hatte gerade begonnen. Aber selbstverständlich soll dieses Jubiläum nicht in Vergessenheit geraten, denn auch mit Blick auf die Zukunft ist die Funktion der Schwerbehinderten­vertretung in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger geworden. Im kommenden Jahr stehen die Wahlen zur Schwerbehinderten­vertretung an – allein daher haben wir das Thema natürlich fest im Blick.

Apropos nächste Wahlen zur SBV im Jahr 2022 – warum sollte sich eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter zur Wahl stellen?
Weil wir wissen, wie wichtig diese Funktion in den Betrieben ist. Ich sage aus der Sicht der Integrationsämter: Für uns sind die Schwerbehinderten­vertretungen die „Türöffner in die Betriebe“. Durch sie werden wir erst in die Lage versetzt, unsere Arbeit gut machen zu können. Die Vertretungen sind es, die auf Probleme hinweisen, damit gemeinsam mit den Beteiligten Lösungen erarbeitet werden können.

Die Rolle der SBV hat sich gewandelt – wurden diese früher vor allem bei Kündigungen eingeschaltet, so werden sie heutzutage bei unterschiedlichsten betrieblichen Themen gehört. Wie hat sich das Ehrenamt in den letzten Jahren konkret verändert?
Die präventiven Aspekte sind in den Vordergrund getreten. Auf der Basis der gesetzlichen Regelungen zur Prävention und zum betrieblichen Eingliederungs­management hat sich die Rolle der SBV verändert. Die Aufgabe besteht darin, mehr als einer Million schwerbehinderten Beschäftigten adäquate Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Die SBV erkennt, wenn Hilfsbedarf entsteht, kann frühzeitig Probleme erkennen und an Lösungen im Sinne aller Beteiligten mitarbeiten – ganz anders als vielleicht noch vor dreißig oder vierzig Jahren.

Aktuell dominieren Themen wie Digitalisierung und demographischer Wandel die Themen der Arbeitswelt. Welche Anforderungen stellt dies an die SBV?
Digitalisierung bietet immer Chancen, aber auch Probleme. Einerseits befürchtet man den Verlust von Arbeitsplätzen durch Digitalisierung – andererseits erwarten wir langfristig einen Mangel an Arbeitskräften. Arbeitgeber sind also daran interessiert, ihre älter gewordenen Belegschaften – die vielleicht auch gesundheitlich angeschlagen sind – zu sichern und deren Erfahrungen zu erhalten. Und gerade hier ist die Schwerbehindertenvertretung als Kenner betrieblicher Abläufe und Unterstützer des Arbeitgebers gefordert.

Herr Ernst, was wünschen Sie der SBV ganz persönlich für die kommenden Jahre?
Ich wünsche mir, dass es auch nach 101 Jahren aktiv weitergeht. Die ersten Jahrzehnte der SBV waren vor allem geprägt von den Leistungen für die vielen Kriegs­beschädigten. Heute sind die Aufgaben vielfältiger und es geht darum, was wir insgesamt tun müssen, um Menschen mit Handicaps in das Arbeitsleben zu integrieren. Hier kann ich die Schwerbehinderten­vertretungen nur auffordern: „Engagiert euch weiter, das führt zu positiven Ergebnissen für alle Beteiligten!“

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