Digitale Wahlversammlung - Stimmauszählung

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Ulrich.Römer

Digitale Wahlversammlung - Stimmauszählung

Beitrag von Ulrich.Römer »

Muss die Einladung zur Wahlversammlung bereits verbindlich einen Hinweis auf den Zeitpunkt und Ort der öffentliche Stimmauszählung enthalten? Oder kann dies erst in der digitalen Wahlversammlung bekanntgegeben werden?
jada.wasi
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Digitale Wahlversammlung - Stimmauszählung sowie Abgabeschluss der Wahlbriefe

Beitrag von jada.wasi »

Ulrich.Römer hat geschrieben: Dienstag 22. März 2022, 11:54 Muss die Einladung zur Wahlversammlung be­reits verbindlich einen Hinweis auf den Zeitpunkt und Ort der öffentliche Stimm­aus­zäh­lung enthalten? Oder kann dies erst in der digitalen Wahlversammlung bekanntgegeben werden?
Nein – das darf Einlader nicht selbst bestimmen: Nicht den Abgabeschluss, nicht Zeitpunkt der Öffnung der Wahlbriefe bzw. Wahlumschläge, auch nicht Beginn der Auszählung:

Der Einlader hat das mE „nicht verbindlich“ zu bestimmen, sondern vielmehr Wahlversammlung oder Wahlleitung! Ort und Zeitpunkt der öffentlichen Auszählung sind durch einen Aushang (betriebsöffentlich) bekannt zu machen, und zwar durch die Wahlleitung. Der Einlader kann m.E. Termin nicht über den Kopf dieser noch gar nicht gewählten Wahlleitung hinweg bestimmen. Die Bekanntgabe in Wahlversammlung allein reicht jedoch m.E. nicht. Auch den Zeitpunkt für den Schluss des Eingangs der Wahlbriefe bei der Wahlleitung hat_der Einlader nicht zu bestimmen (Sachadae, in: LPK-SGB IX, § 28 SchwbVWO a.F. Rn. 42).

KOMPETENZ
Einlader ­ ­­darf ­ Termine (Abgabeschluss & Auszählung) nicht bestimmen, da dieser ja nicht weiß, ob die noch zu wählende Wahlleitung an diesem Tag verhindert ist oder nicht, einschließlich evtl. Wahlhelfer. Einlader sind dazu wahlrechtlich niemals befugt mangels Kompetenz.

TRANZPARENZ
Auch muss unbedingt zusätzlich „zwingend“ Öffnung der Freiumschläge rechtzeitig angekündigt werden nach BAG, weil ja generelle Briefwahl. Lediglich die Ankündigung der Auszählung reicht nicht bei allgemeiner Briefwahl lt. BAG (Sachadae, LPK-SGB IX, § 28 SchwbVWO a.F. Rn. 46)

Achtung In jedem Falle sollte auch daran gedacht werden, mindestens eine Stellvertretung der Wahlleitung wählen zu lassen für den Fall, dass die Wahlleitung kurzfristig ausfällt etwa wegen Corona oder Influenza oder sonst. Vergl dazu exemplarisch diese Diskussion. Gruß Jada Wasi
Michael Karpf
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Re: Digitale Wahlversammlung - Stimmauszählung

Beitrag von Michael Karpf »

Im Muster-Einladungsformular der BIH ist zwar vorgegeben, dass die zur Video- und Telefonkonferenz Einladenden den Abgabeschluss für Wahlbriefe wie folgt zu bestimmen hätten: „Die schriftliche Stimmabgabe (Briefwahl) endet ​am … ​um ​ … Uhr“. Dem widerspricht jedoch – meines Erachtens zu Recht – das aktuelle Fachschrifttum, z.B. Düwell, in: Handbuch zur Wahl der SBV, 4. Auflage 2025, Seite 109. Eine derartige Befugnis der Einlader zur Video- und Telefonkonferenz sei wahlordnungsrechtlich gerade nicht begründbar nach § 20 Abs. 5 SchwbVWO, so Düwell.

Viele Grüße
Dr. Michael Karpf
jada.wasi
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Digitale Wahlversammlung - Stimmauszählung sowie Abstimmungszeitraum für die Briefwahl

Beitrag von jada.wasi »

Keine Vorfestlegungen zur Briefwahl

BIH hat geschrieben:Wenn Sie sich für die Durchführung einer Online-Wahlversammlung ent­schei­den, gehören in der Einladung alle ..… die Wahl betreffenden Infos. Sollte eine Terminierung im Vorfeld der Online-Wahlversammlung nicht erfolgt sein …
[vorläufige FAQ der BIH 2022, Seite 3 und 4]
Das ist viel zu pauschal und daher falsch. Eine solche Terminierung im Vorfeld ist rechtlich ausgeschlossen, weil Einladende hierzu offensichtlich nicht autorisiert:

Diese pauschale BIH-Behauptung ist missverständlich Denn in die Einladung gehört – entgegen BIH-Wahlformular – z.B. gerade nicht, wann die Briefwahl endet, wie von Dr. Karpf zu Recht klargestellt und belegt. Ebenso nicht der „Zeitpunkt der Stimmauszählung“ - entgegen DVfR-Fachbeitrag B9-2022 in Abschn. IV.1.b zu den vermeintlichen „Anforderungen an die Einladung“. Dem – stichhaltigen – Einwand von Dr. Kar­pf ist vollumfänglich zuzustimmen lt. den allgemeinen juristischen Auslegungsgrundsätze­n – dass entgegen der BIH niemals eine Terminierung im Vorfeld der Online-Wahlversammlung für die Briefwahl durch die Einlader erfolgen darf nach Prof. Düwell, Vorsitzender Richter am BAG a.D. – wie folgt:
Prof. Dü­well hat geschrieben:11.5.6 Festlegung des Abschlusses der Wahl:
Nach dem Grundsatz der Selbstorganisation ist in erster Linie Wahlversammlung zur Regelung der Fristen für nachgelagerte Briefwahl zu­stän­dig. Falls Wahlversammlung von Befugnis kei­nen Gebrauch macht, geht Zu­stän­dig­keit auf die in Wahl­ver­samm­lung gewählte Wahlleitung über
[SBV-Wahlhandbuch, Kap. 11.5.6, Seite 109]
Das verbindlich festzulegen, dazu sind die Einlader weder berechtigt noch verpflichtet. Die Einlader haben das Recht, ordnungsgemäß zu laden zur Video- und Telefonkonferenz und sonst nichts: Diese haben insbesondere der noch zu wählenden Wahlleitung insoweit keinerlei Fristvorgaben für die nachgelagerte Briefwahl zu machen – wie schon oben betont; sämtliche Terminvorgaben zu der Briefwahl wären insoweit null und nichtig bzw unverbindlich und völlig un­beachtlich! Dafür gibts im Wahlrecht keine Anhaltspunkte sowie keinerlei Rechtsgrundlage – entgegen BIH- / DVfR-Ansicht, welche strikt abzulehnen ist. Diese Einlader sind niemals weisungsbefugt ggü. Wahlleitung zur Briefwahl – und_zwar in keiner „denkbaren“ Konstellation: Demnach (offensichtlicher) Verstoß gegen Denkgesetze der Logik.
|Zu weiteren zu bereinigenden Schwachstellen vgl. zB. Diskussion zur Video- und Telefonkonferenz zu dem BIH-Wahlkalender „Video“. Wer weist BIH-Geschäftsführung beziehungsweise wer weist den Vorstand der BIH gezielt auf_diese wahlrechtlichen Mängel und auf diese Fehl­ein­schätzungen hin? Auch wird in Ziffer 10.3 auf „Ziffer 9.2“ verwiesen - obwohl die Ziffer 9.2 dort nirgends existiert. Ferner enden Fristen niemals samstags, soweit 5-Tage-Woche (Mo - Fr), entgegen den BIH-Wahlkalendern für vereinfachte Wahlen lt § 193 BGB: Diese Wahlkalender rechnen beide falsch! Vgl. hierzu detailliert schon diese Fehlermeldung­en vom Mai sowie „Deutsch für Juristen“ Folge 5, zum Begriff „Sonnabend“. Da gilt also insoweit selbstverständlich nichts anderes als bei der Wahl zum Betriebstat oder Personalrat schon seit „ewigen Zeiten“ ausweislich § 177 Absatz 6 Satz 2 SGB IX sinngemäß. Grüße, Jada Wasi
jada.wasi
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Ablauf der Anfechtungsfrist samstags?

Beitrag von jada.wasi »

Gesetzesbegründung hat geschrieben:[BT-Drucksache IV/3394 von 1965, Seite 3]
Der Sonnabend soll demgemäß bei dem Ablauf von Fristen und für die Wahrnehmung von Ter­minen grundsätzlich ebenso behandelt werden wie ein Sonntag oder Feiertag.
Die gerichtlichen Anfechtungsfristen enden kraft Gesetzes niemals an einem Samstag, da gesetzlich ausgeschlossen entgegen BIH-Wahlkalendern und BIH-Wahlbroschüre - in welchen § 193 SGB IX weder zitiert noch erörtert wird und einfach nur »ausgeblendet« wird: Ist faktisch unzulässige Fristverkürzung der ohnehin knappen Anfechtungsfristen, zumal Anwälte und Arbeitsgerichte samstags regelmäßig ohnehin nicht arbeiten bzw geschlossen haben. Detailliert dazu in Diskussion vom Juni 2025 zu Anfechtungsfristen beisp. nach Wochen oder Kalendertagen in elf Ländern: Warum der § 187 BGB gelten soll für die Wahl laut BIH-Wahlbroschüre, Endnote 29 („Vgl. § 187 Abs. 1 BGB und Pahlen in: NPM-SGB IX, 12. Auflage, § 6 SchwbVWO Rn. 1“), nicht hingegen § 193 BGB, erschließt sich nicht, da in sich widersprüchlich. Es ist_dafür keinerlei Begründung ersichtlich für diese BIH-Einzelmeinung: Denn „Samstag“ ist_insoweit eben­so zu behandeln wie ein Sonntag oder Feiertag lt. Gesetzesmaterialien! Richtig ist also insoweit das_genaue Gegenteil des teilweise nicht konsistenten digitalen BIH-Wahlkalenders.

BT-Rechtsausschuss hat geschrieben:[BT-Drucksache IV/3591 von 1965, Seite 1]
….. Die in diesem Gesetzentwurf vollzogene Einbeziehung des Sonnabends in den § 193 BGB hat zur Folge, daß nunmehr auch eine Frist, die an einem Sonnabend enden würde, erst am folgenden Werktag endet.
»Gesetz über den Fristablauf am Sonnabend« – 1965:
So schon ­ ­BT-Rechtsausschuss 1965, BT-Drs. IV/3591, sowie HK-BGB, § 193 Rn. 2, mit Verweisung auf Art. 2 EGBGB (Legaldefinition) von Prof. Dr. Heinrich Dörner, wonach dieser § 193 BGB „sämtliche Gesetze… ohne Rücksicht auf die jeweilige Rechtsmaterie“ betrifft. Dies beachten die BIH-Materialien nicht als Auslegungsregel Hierzu zählen, was keiner Begründung bedarf, auch das SGB IX, das BetrVG sowie ferner auch alle Personal­ver­tretungsgesetze des Bundes - sowie der Bundesländer. Grüße Jada Wasi
Michael Karpf
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FEHLERMELDUNG zum BIH-Wahlkalender

Beitrag von Michael Karpf »

Liebe Wahlrechtsinteressierte,

entgegen der BIH-Ansicht dürfte höchstwahrscheinlich auch § 193 BGB anzuwenden sein, worauf im Wahlforum schon hier im Juni und bspw. auch nochmals hier im September hingewiesen worden ist. Diese Auffassung vertritt explizit auch Schaufelberger / Schneider, Kurzkommentierung zum LPVG BW, in § 21 Rn. 7. Dort ist wörtlich ausgeführt: „Die Fristberechnung erfolgt nach §§ 187 bis 193 BGB“.

Viele Grüße
Dr. Michael Karpf
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