Jahresversammlung für alle Beschäftigte mit Behinderung

sbvler2020
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Jahresversammlung für alle Beschäftigte mit Behinderung

Beitrag von sbvler2020 »

Hallo,
in unserer neu abgeschlossenen Inklusionsvereinbarung konnten erfreulicherweise Regelungen für alle Beschäftigten mit Behinderung erreicht werden. Damit erlangt die Arbeit der SBV zukünftig auch für Beschäftigte mit GdB 20 bzw. mit GdB 30/40 ohne GL eine größere Bedeutung.

Nun wird in Kürze sicherlich die Frage kommen, ob die Beschäftigten mit GdB 20 bzw. mit GdB 30/40 ohne GL auch an der Jahresversammlung der SB/GL (§ 178 Abs. 6 SGB IX) teilnehmen dürfen.

Ich bin für das Teilen eurer Erfahrungen und weitere Hinweise dankbar!

Viele Grüße ans Forum ;-)
albarracin
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Re: Jahresversammlung für alle Beschäftigte mit Behinderung

Beitrag von albarracin »

Hallo,

an der SB-Versammlung gem. § 178 Abs. 6 SGB IX dürfen nur schwerbehinderte/gleichgestellte Beschäftigte teilnehmen. Eine pauschale Erweiterung des Kreises der Teilnahmeberechtigten ist grundsätzlich unzulässig.
&tschüß
Wolfgang
Bodie
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Re: Jahresversammlung für alle Beschäftigte mit Behinderung

Beitrag von Bodie »

albarracin hat geschrieben: Donnerstag 21. August 2025, 10:34 Hallo,

an der SB-Versammlung gem. § 178 Abs. 6 SGB IX dürfen nur schwerbehinderte/gleichgestellte Beschäftigte teilnehmen. Eine pauschale Erweiterung des Kreises der Teilnahmeberechtigten ist grundsätzlich unzulässig.
Hallo!

Nach meiner direkten Erfahrung, sowohl im Großkonzern, als auch im eigenen Unternehmen mit etwa 500 Beschäftigten, sind bei den Jahresversammlungen der SbM immer Gäste anwesend (Betriebsmediziner, HR, Sozialdienst, Geschäftsführung, etc.).

Nach meinem Verständnis würde nichts dagegensprechen, wenn Schwerbehinderte mit GbB < 50, ohne Gleichstellung, ebenfalls als Gäste geladen werden.

Grüße, Bodie
jada.wasi
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Jahresversammlung für alle Beschäftigten mit Behinderungen?

Beitrag von jada.wasi »

sbvler2020 hat geschrieben: Donnerstag 21. August 2025, 09:32 In unserer Inklusionsvereinbarung konnten Regelungen für alle Beschäftigten mit Be­hinderung erreicht werden.
Kann keine Ermächtigung im § 166 SGB IX für eine so weitgehende Erweiterung in einer Inklusionsvereinbarung erkennen Da gehts ausschließlich um sbM mit Ausnahme des § 166 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX. Gibt’s dafür denn Quellen und mit welcher konkreten Begründung?

Bodie hat geschrieben: Freitag 17. Oktober 2025, 16:52 Schwerbehinderte mit einem GdB < 50 ohne Gleichstellung
Beschäftigte mit GdB < 50 ohne Gleichstellung sind nicht „Schwerbehinderte“, daher bspw. auch kein aktives SBV-Wahlrecht. Anders aber teils Verdi, was aber abzulehnen ist_lt. ständiger Rspr. Anders als etwa in Österreich gibts in_Deutschland keine betriebliche Behindertenvertretung (»Behindertenvertrauensperson«) – sondern bekanntlich Schwerbehindertenvertretung (»Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen«) Gruß Jada Wasi

Bodie hat geschrieben: Freitag 17. Oktober 2025, 16:52 Nach meinem Verständnis würde nichts dagegensprechen, wenn Schwerbehinderte mit GdB < 50 ohne Gleichstellung ebenfalls als Gäste geladen werden.
Naja – ganz so »locker« sehe ich das nicht: Denn ohne vorherige Zustimmung des Arbeitgebers könnte das als unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst angesehen werden. Gruß Jada Wasi
Bodie
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Re: Jahresversammlung für alle Beschäftigten mit Behinderungen?

Beitrag von Bodie »

Bodie hat geschrieben: Freitag 17. Oktober 2025, 16:52 Schwerbehinderte mit einem GdB < 50 ohne Gleichstellung
Beschäftigte mit GdB < 50 ohne Gleichstellung sind nicht „Schwerbehinderte“, daher bspw. auch kein aktives SBV-Wahlrecht. Anders aber teils Verdi, was aber abzulehnen ist_lt. ständiger Rspr. Anders als etwa in Österreich gibts in_Deutschland keine betriebliche Behindertenvertretung (»Behindertenvertrauensperson«) – sondern bekanntlich Schwerbehindertenvertretung (»Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen«) Gruß Jada Wasi
Der rechtliche Status schwerbehindert, oder nicht, ist mir soweit klar, aber im Sprachgebrauch kenne ich keine zufriedenstellende Lösung. Praktisch gesehen haben schließlich auch die Menschen mit einem GdB 20 bis 40 einen Bescheid erhalten, der sie als 'schwerbehindert' ausweist. Wie sollte man sie nennen?

Bodie hat geschrieben: Freitag 17. Oktober 2025, 16:52 Nach meinem Verständnis würde nichts dagegensprechen, wenn Schwerbehinderte mit GdB < 50 ohne Gleichstellung ebenfalls als Gäste geladen werden.
Naja – ganz so »locker« sehe ich das nicht: Denn ohne vorherige Zustimmung des Arbeitgebers könnte das als unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst angesehen werden. Gruß Jada Wasi
Ein sehr guter Hinweis, wie ich finde. Bei uns im Unternehmen wird allgemein immer abgesprochen, wer wann an Veranstaltungen teilnimmt, und immer gesehen, dass dies möglich gemacht wird. Aber so kooperativ läuft es natürlich nicht überall.

Danke dafür!


Grüße, Bodie
albarracin
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Re: Jahresversammlung für alle Beschäftigte mit Behinderung

Beitrag von albarracin »

Hallo,

gegen die uferlose Hinzuziehung von Gästen spricht sehr wohl Einiges. Denn eine Versammlung gem. § 178 Abs. 6 SGB IX iVm §§ 42-46 BetrVG ist nun mal grundsätzlich nichtöffentlich. Und diese Nichtöffentlichkeit der Versammlung darf nicht durch beliebige Einladung von Gästen ohne sachlichen Grund umgangen werden. Denn der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit dient auch dem Schutz der schwerbehinderten/gleichgestellten Beschäftigten, die ihren Status nicht unbegrenzt veröffentlicht wissen wollen.

Auch bei den anzuwendenden Vorschriften des BetrVG muss es für die Einladung von Gästen - mit Ausnahme derjenigen, die ein gesetzliches Teilnahmerecht haben - einen sachlichen Grund dahingehend geben, daß diese Gäste zur Erfüllung der Aufgaben der Versammlung beitragen können. Dieser Beitrag kann zB in Auskünften oder Vorträgen liegen - nicht aber in einem abstrakten Informationsbedürfnis (Fitting, § 42 BetrVG Rn 17).
&tschüß
Wolfgang
jada.wasi
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Jahresversammlung für alle Beschäftigten mit Behinderung?

Beitrag von jada.wasi »

Bodie hat geschrieben: Montag 20. Oktober 2025, 09:54 Praktisch gesehen haben schließlich auch die Menschen mit einem GdB 20…einen Bescheid erhalten, der sie als 'schwerbehindert' ausweist. Wie sollte man sie nennen?
Davon ist mir nichts bekannt:

Das sieht der Gesetzgeber völlig anders! Daher praktisch und rechtlich falsch: Solche Personen sind zwar (einfach) behindert, aber nicht schwerbehindert. Daher wird solchen Personen bspw. auch nie ein amtlicher „Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch“ ausgestellt (§ 152 Abs. 5 SGB IX, § 2 Abs. 2 SGB IX). Folglich z.B. auch nicht wahlberechtigt nach § 177 Abs. 2 SGB IX. Daher ist SBV auch nicht legitimiert durch Wahl, diese zu vertreten Anders verdi – aber ohne jede Begründung.

Ein solcher Schwerbehindertenausweis wird erst ab einem festgestellten Grad der Behinderung von - wenigstens - 50 bekanntlich ausgestellt. Mit einem Feststellungsbescheid GdB unter 50 wird weder eine Schwerbehinderung nach- noch ausgewiesen – sondern m.W. vielmehr förmlich mit Rechtsbehelfsbelehrung per Bescheid ausdrücklich klar abgelehnt.

Beispiel eines solchen Bescheids:
„Der Grad der Behinderung (GdB) beträgt 30… seit… Es
liegt somit keine Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX vor. Ein Schwerbehindertenausweis kann deshalb nicht ausgestellt werden.“ Gruß Jada Wasi
Michael Karpf
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Re: Jahresversammlung für alle Beschäftigte mit Behinderung

Beitrag von Michael Karpf »

albarracin hat geschrieben: Montag 20. Oktober 2025, 12:12 Denn der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit dient auch dem Schutz der schwerbehinderten/gleichgestellten Beschäftigten, die ihren Status nicht unbegrenzt veröffentlicht wissen wollen.
Den diesbezüglichen Ausführungen von albarracin (Wolfgang) ist vollumfänglich zuzustimmen!

Das deutsche Schwerbehindertenrecht verleiht der SBV im Wesentlichen Rechte und Pflichten für die Förderung der Eingliederung und beruflichen Entwicklung von schwerbehinderten und ihnen amtlich gleichgestellten behinderten Menschen. Wenn das geändert bzw. die Zuständigkeit der SBV erweitert werden soll, muss der Bundesgesetzgeber entsprechend tätig werden und Teil 3 SGB IX ändern.

Viele Grüße
Dr. Michael Karpf
jada.wasi
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Jahresversammlung für alle Beschäftigte mit Behinderungen?

Beitrag von jada.wasi »

Michael Karpf hat geschrieben: Montag 20. Oktober 2025, 14:56 Wenn die Zuständigkeit der SBV erweitert werden soll, muss der Bundesgesetzgeber tätig_werden und Teil 3 SGB IX ändern.
Richtig: Denn § 166 SGB IX enthält keine derartige Ermächtigung nach Inhalt, Zweck und Ausmaß (vgl sinngemäß auch Artikel 80 GG), deren gesetzliche „Zuständigkeit“ einfach so pauschal zu ändern. Die Versammlung ist überdies zugeschnitten auf sbM - ausweislich § 166 Abs. 4 SGB IX und gerade nicht auf_Behinderte mit GdB < 50 ohne Gleichstellung. Grüße_Jada Wasi
Deep_Sky
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Re: Jahresversammlung für alle Beschäftigte mit Behinderung

Beitrag von Deep_Sky »

Hallo in die Runde,

auch bei uns gibt es eine IV, in der es ausdrücklich heißt:
"Betreut werden folgende Beschäftigtengruppen mit Behinderungen..." und dann die jeweiligen Stufenvertretungen aufgezählt bzw. zugeordnet.

Wenn ich also ausdrücklich auch Menschen mit einem GdB von 20-40 ohne Gleichstellung BETREUEN soll, kann ich sie doch auch zu Informationsveranstaltungen einladen, oder?
Wenn ich dazu die Jahresversammlung nutze, in der wir in der Regel Referenten von außerhalb einladen (z.B. vom VdK, Betriebsärzte, Krankenkassenvertreter, Rentenberater o.ä.) oder z.B. die neue IV vorstellen und damit die Rechte verschiedener Gruppen von Menschen mit Behinderung?
Bei der Wahlveranstaltung ist es natürlich anders, aber wenn der AG die von der SBV zu betreuende Gruppe erweitert, muss ich dem als SBV doch auch entsprechen (können)? Läge es dann nicht im Ermessen des AG, wen er zu welchen Veranstaltungen freistellt?
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