LAG München, 14.10.2024, 4 TaBV 7/24

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jada.wasi
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LAG München, 14.10.2024, 4 TaBV 7/24

Beitrag von jada.wasi »

NEU: Generelle Briefwahl:
Fehlerhaftes Wahlformular


Das LAG München vom 14.10. 2024 – 4 TaBV 7/24 – hat beschlossen, dass grundsätzlich nicht ausreichend sei, im Wahlausschreiben lediglich die Anschrift (Ort, Straße und Hausnummer, Uhrzeit) anzugeben, wo die SBV-Wahlbriefe im Gebäude einer Realschule ausgezählt werden. Danach sei auch der konkrete Raum der Realschule (wenigstens durch Aushang im Gebäude) genau anzugeben, so dass interessierte Zugangsberechtigte nicht erst rumfragen bzw rumsuchen müssen, wo geöffnet und ausgezählt wird. Die Rechtsbeschwerde zum BAG wurde nicht zugelassen.

:shock: Falsche LAG-Zitate!
Warum das LAG München x-fach BetrVG zitiert statt richtig BayPVG ist nicht nachvollziehbar – weil offenbar staatliche Realschulen in Oberfranken sowie im Geltungsbereich des BayPVG: Das erscheint wirr und äußerst irreführend wegen den „Verweisungen“ in 177 Abs. 6 Satz 2 SGB IX bezüglich Vorschriften zur „Wahlanfechtung“ – weil unterschiedliches Bundes- und Landesrecht, worauf ausdrücklich verwiesen:
Da entgegen LAG München das BayPVG gelten dürfte und da § 177 Abs. 6 Satz 2 SGB IX für die Wahlanfechtung auf das Personalvertretungsrecht „sinngemäß“ verweist, dürfte [url=http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?t=173253425921744252&xid=145019,26]Art. 25 BayPVG[/url] für diese SBV-Anfechtung einschlägig sein und eben nicht § 19 BetrVG sinngemäß, wie aber offenbar falsch und völlig sinnfrei zitiert vom LAG München. Hier ist nichts schlüssig: Insoweit unfassbarer Fehlgriff! Wohl nach „Bauchgefühl“ der beiden Instanzengerichte statt sich am insoweit einschlägigen Landesrecht zu orientieren.

Erstaunlich auch, warum Gerichte in Südbayern damit befasst wurden, obwohl ausschließlich Realschulen in Nordbayern (Oberfranken) betroffen. Die Begründung erscheint geradezu abenteuerlich – am ArbGG vorbei, obwohl eindeutiger Gesetzeswortlaut. Zuständig wäre demnach eines der 2 Arbeitsgerichte in „Oberfranken“ (Bamberg bzw. Bayreuth) – niemals aber München!

NB: Zum Thema Sammeln von Stützunterschriften vergl. auch diese Diskussion 2018. Danach müssen bspw. bei gemeinsamen SBV-Wahlen wie hier auch die jeweils zu einem Wahlbezirk - zusammengefassten - Dienststellen (= Realschulen) namentlich in die Wählerliste zwingend jeweils einzeln eingetragen werden wegen Transparenz.

Rechtsvergleich
Ob z.B. bei in der Regel 1. bis 20 Wahl­be­rech­tig­ten Stütz­unter­schrif­ten verzichtbar sein sollten bei förmlicher SBV-Wahl (wie z. B. bei BR-Wahl ab 2021 gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 BetrVG n.F.) und bei 2. bis 100 Wahlberechtigten zwei Stützunterschriften genügen sollten (wie z.B. bei BR-Wahl ab 2021 gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 BetrVG n.F.), das sollte von BMAS bzw. Bundesregierung überprüft werden, weil Differenzierung willkürlich erscheint ohne Sachgrund. Gruß Jada Wasi
jada.wasi
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Bekanntgabe der Öffnung der Freiumschläge

Beitrag von jada.wasi »

Hinweispflichten missachtet
LAG München 14.10. 2024, 4 TaBV 7/24
LAG Hannover, 27.3.2024, 2 TaBV 44/23

Wahlvorstand hat geschrieben:8. Die öffentliche Sitzung des Wahlvorstandes zur Auszählung der Stimmen und Feststellung des Wahlergebnisses findet statt am …
:shock: Falsche Formulare!
Fehlerhaft ist auch Nr. 8 des Wahlausschreibens, weil nichts von der Öffnung der Wahlbriefe (Freiumschläge) erwähnt ist als Option für generelle Briefwahl. Unvollständig ist insoweit leider noch immer BIH-Musterausschreiben in der Nr. 8 für diese Konstellation der generellen Briefwahl. Dieses Muster ist also unbedingt ergänzungs- bzw. korrekturbedürftig: Vgl. dazu schon Diskussion 2018 mit einem Textvorschlag, der jedoch „formularmäßig“ – warum auch immer – noch nicht umgesetzt wurde von BIH. Das LAG musste darauf nicht eingehen – weil weitere Wahlfehler. Zum dem Öffnen der Freiunschläge vgl. LAG München am Ende m.w.N. Vergl. zur_Bekanntgabe der Öffnung der Freiumschläge auch BIH-Wahlbroschüre, Stand 2022 – auf Seite 91, Punkt 2. Danach ist Öffentlichkeit der Wahl Grundvoraussetzung für demokratische Willensbildung (BAG v. 10.07. 2013, 7 ABR 83/11, Rn. 18 unter Verweis auf BVerfG vom 03.03.2009, 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07, Rn. 106) speziell bei der generellen Briefwahl (wie hier) laut Rspr. Eine solche Bekanntgabe ist aber nie erfolgt zur Öffnung der Freiumschläge – entgegen ständiger Rechtsprechung (vergl LAG Niedersachsen vom 27.03.2024 – 2 TaBV 44/23 - Rechtsbeschwerde anhängig beim BAG; LAG Köln, 20.05.2016, 4 TaBV 98/15: „Mängel der Herstellung der Öffentlichkeit bei der Öffnung der Frei­umschläge für ausschließliche generelle Briefwahl“).

Die Einlassung des Wahlvorstands, dass die „Vorsitzende aufgrund familiärer Belastungen nicht uneingeschränkt zur Verfügung gestanden“ habe, erscheint schon deshalb nicht stichhaltig, weil es Stellvertretung, weitere Mitglieder sowie Ersatzmitglieder des WV gibt für zeitweilige Verhinderung – demnach offenbar insoweit eine reine Schutzbehauptung… Soweit der Wahlvorstand Wahlbriefe ohne Absen­der einfach aussortierte und für ungültig ansah, ist auch das fragwürdig: Die Wahlbriefe hätten geöffnet und es hätte geprüft werden müssen - ob über das Erklärungsformular der Absender je­weils eindeutig feststellbar ist z.B. wg. lesbarer Unterschrift laut Rspr. Gruß Jada Wasi
jada.wasi
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Zusammenfassung von 25 Realschulen ⁉️

Beitrag von jada.wasi »

Anfechtung der Wahl einer SBV im öffentl. Dienst:
LAG München, 14.10.2024, 4 TaBV 7/24


Kritisch zu mehreren gravierenden Schwachstellen und irreführenden Feststellungen dieses LAG München Prof. Düwell, jurisPR-ArbR 50/2024 Anm. 5. Da hat das LAG München in seinen Gründen teils übelst geschlampt.

§ 177 Abs. 1 SGB IX hat geschrieben:4Dienststellen, die die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht erfüllen, können für die Wahl mit räumlich nahe liegenden … … gleichstufigen Dienststellen derselben Verwaltung zu­sam­men­ge­fasst werden;
Zusammenfassung von 25 staatl. Realschulen?
Nicht thematisiert sowie aufgegriffen wurde leider die hier sich m.E. geradezu aufdrängende Rechtsfrage von beiden Instanzengerichten in München, ob die Zusammenfassung sämtlicher Realschulen in dem weitläufigen Flächenbezirk mit Mittelgebirge überhaupt zulässig war: Es fehlen jegliche „Feststellungen“ zur Frage der räumlichen Nähe bzw. auch dazu, ob mehrere der zusammengefassten Realschulen mit ≥ fünf wahlberechtigten sbM - eigenständig - hätten wählen können bzw. müssen. Dieses besonders deswegen, weil ja bekanntlich auch relevant für anstehende Zwischenwahlen 2025, weil über Zusammenfassung für diese Zwischenwahl gesondert 2025 entschieden werden muss. Denn eine Ent­scheidung über Zusammenfassung gilt immer nur für eine einzige Wahl („für die Wahl“) laut klarem Gesetzeswortlaut, niemals aber für mehrere wie hier.

FAZIT: Dass Zusammenfassung aller staatl. Realschulen im_Regierungsbezirk Oberfranken wahlrechtlich mangels räumlicher Nähe von vornherein ausgeschlossen ist, zeigt schon ein kurzer Blick auf die Landkarte von Oberfranken mit_weit über 7.000 qkm. Die Fahrzeiten von Ebrach nach Hof oder Wunsiedel betragen z. B. über eine Stunde per Autobahn, mit Bahn bzw Bus teils weit über zwei Stunden, folglich schon deswegen keine Zusammenfassung „aller“ staatlichen Realschulen in Ofr. laut BAG zulässig, zumal Fichtelgebirge. Eine solche Zusammenfassung wäre also offensichtlich schwerer Wahlfehler und Wahlbehinderung, würde folglich beide Wahlen generell angreifbar machen gemäß ständiger Rspr. aller Instanzen bei Entfernungen zwischen den Realschulen von teils weit über 100 km.

Mir ist unfassbar, wie es dazu kam, wonach der gesamte Regierungsbezirk Oberfranken für letzte SBV-Wahl 2022 zu_einem einzigen Wahlbezirk zusammengefasst wurde, obwohl z.B. Distanz von West nach Ost mit dem Rechts­begriff „räumlich nahe liegend“ definitiv nichts zu tun hat. Daher hätten „zwingend“ mehrere Wahlbezirke gebildet werden müssen, nicht nur einer gebildet werden dürfen. Denn eine solche „gemeinsame“ SBV erfüllt nicht mal ansatzweise mehr den „Charakter“ einer örtlichen SBV (so schon BVerwG vom 08.12.1999 – 6 P 11.98; vergl. ausführlich und sinngemäß auch Diskussion des BIH-Moderator­s und des BIH-Autor­s Rolf Gollnick 2018 mit zutreffender Darstellung des „Rechtsstandes“ zu BAG, 07.04.2004 – 7 ABR 42/03. Gruß Jada Wasi
Zuletzt geändert von jada.wasi am Samstag 24. Mai 2025, 07:26, insgesamt 2-mal geändert.
jada.wasi
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Zusammenfassung weit verstreuter Schulen?

Beitrag von jada.wasi »

Ein Wahlbezirk für 25 Realschulen in Oberfranken?
LAG München, 14.10.2024, 4 TaBV 7/24

Die von den Anfechtenden nicht geltend gemachte und vom LAG München, 14.10.2024, 4 TaBV 7/24, nicht aufgegriffene offenbar grob fehlerhafte Zusammenfassung kollidiert mit Abschnitt 1.3. der Bekanntmachung dieses BayStMUK vom 24.02.2022 (BayMBl. 2022 Nr. 163) zur Wahl einer SBV im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus: Folglich ausschließlich dann und nur dann Zusammenfassung von Gesetzes wegen nach § 177 Abs. 1 Satz 4 SGB IX zulässig für die SBV-Wahl – soweit „räumlich nahe“ liegende staatl. Realschulen und „weniger als fünf“ sbM oder Gleichgestellte (jeweils innerhalb eines Regierungsbezirks) Aber auch sofern diese Zu­sam­men­fas­sung im „Benehmen“ mit Inklusionsamt erfolgt sein sollte – würde dies an diesem schweren Wahlfehler wahlrechtlich natürlich nichts ändern und diese Wahlen schon deshalb generell anfechtbar machen! Kritisch und strikt ablehnend dieser völlig haltlosen Gegenansicht für selbst wahlfähige Dienststellen in Teilen der Literatur vergleiche ausführlich Diskussion und Prof. Düwell, LPK-SGB IX, § 177 Rn. 41; Prof. Dr. Kohte zu Recht im DVfR-Wahlforum 2018 sowie Wahlbroschüre der BIH auf Seite 71 oben: („dürfen diese Betriebe oder Dienststellen nicht mehr zusammengefasst werden“). Mit einer „örtlichen“ SBV – wie ja vom BVerwG bereits vor 25 Jahren besonders hervorgehoben, hat die „Zusammenfassung“ in_Oberfranken nichts mehr zu tun: Rechtsgrundlage dafür gibt es nicht – also wahlrechtlich durch nichts zu rechtfertigen lt. allgemeiner Ansicht bzw. folglich „reine Willkür“! Sollte also der Wahlbezirk für die Zwischenwahlen 2025 nicht geändert werden, so wären auch_diese SBV-Wahlen zweifellos generell anfechtbar; allerdings nicht beim ArbG München – sondern einem der_zwei Arbeitsgerichte in Oberfranken (Prof. Dü­well, jurisPR-ArbR 50/2024 Anm. 5 Abschnitt E.II.)

Zuschnitt der Wahlkreise?
Es müssen daher in Oberfranken „zwingend mehrere“ Wahlkreise gebildet sowie dann entsprechend jeweils „mehrere“ - örtliche - Schwerbehindertenvertretungen „unverzüglich“ gewählt werden! Deren Amtszeit endet „vorzeitig“ mit Ablauf des 30.11.2026. Ein einziger den ganzen Bezirk Oberfranken umfassender Wahlkreis ist ja_wahlrechtlich kategorisch ausgeschlossen! Denn gemäß BIH folgen grundsätzl. die SBV-Wahlkreise den Wahlkreisen der örtlich. Personalräte für die jeweiligen Realschulen. Die BIH verweist dabei – zutreffend – auf § 170 Abs. 1 Satz 2 SGB IX und u.a. BAG, 18.01.2012, 7 ABR 72/10, zu den maßgeblich. betriebsverfassungs- bzw._personalvertretungsrechtlichen »Strukturen« für Betriebsräte / Personalräte. Eine gesetzl. Befugnis für Arbeitgeber, darüber hinaus gemäß eigenen Kriterien zusammenzufassen (wie hier), gibt es nicht nach der ständigen und langjährigen Rspr. Ebenso LAG Berlin-Brandenburg, 15.01.2016 - 6 TaBV 1113/15, Leitsatz 1 Rn. 15, zum „Grundsatz der Akzessorietät des ­schwer­­behindertenvertretungsrechtlichen Betriebsbegriffs …“ Gleiches gilt entsprechend für den Dienststellenbegriff (wegen identischer Interessenlage) Das wurde bei der Zusammenfassung völlig verkannt, nicht beachtet bzw bewusst ignoriert, also „freie Rechtsschöpfung“ dieser „Ministerialbürokratie“ ohne eine gesetzliche Befugnis, schlicht am Landes- bzw. Bundesgesetzgeber vorbei. Eine_„Extrawurst“ für Dienststellen im ö.D. gegenüber Betrieben der Privatwirtschaft gibt es da insoweit nicht. Gruß_Jada Wasi
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