TIPP: BEM-Kompass 2019 und Stufenweise Wiedereingliederung mit Fahrtkosten (Reisekosten)

Heidi Stuffer
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Rechtsgutachten zu Fahrkosten bei StW

Beitrag von Heidi Stuffer »

Wegstreckenentschädigung
Zum Anspruch auf Fahrkosten
SG Bremen, 26.10.2023, S 14 R 125/19

„Stufenweise Wiedereingliederung und ihr Stellenwert
in betrieblich organisierten Return-to-Work-Prozessen
Die Sozialgerichtsbarkeit, SGb 11/2023, Seite 649-658
Prof. Dr. Katja Nebe/Linda Albersmann/René Dittmann

Hallo zusammen,

weiteres Rechtsgutachten ist erschienen in der Zeitschrift „Die Sozialgerichtsbarkeit“ (SGb 11/2023) zur Rechtsfrage der Fahrkosten bei StW, das ua. zustimmende Anmerkung von Timme, jurisPR-SozR 11/2023 Anm. 1 zu Sächs. LSG, 21.09.2022 - L 1 KR 365/20, klar widerlegt. Danach besteht im Grundsatz Rechtsanspruch auf Erstattung auch gegen Krankenkassen – entgegen einzelnen Instanzengerichten, welche teils pauschal bzw. kategorisch ablehnen mit teils höchst „kreativen“ irrelevanten Einlassungen – auf die es überhaupt nicht ankommt. Dieses fundierte Gutachten zu Fahrkosten (Abschn. VI.) ist aufrufbar im Volltext in Juris, wonach nicht nur Anspruch gegen med. Rehaträger wie DRV und GUV in Betracht kommt – sondern auch GKV:
Die StW ist also er­gän­zungs­fä­hig durch Fahr­kos­ten

Reha-Sport Der Rechtsvergleich der AOK plus in ihrer Berufung vom 21.07.2020 von StW mit dem Rehasport, wonach Rspr des BSG zum Rehasport auf die StW „zu übertragen“ sei, ist sozialrechtlich offensichtlich haltlos gemäß RP Reha 3/2023 (Seite 21), sowie Fachbeitrag A5-2022 (Seite 6) von Albersmann – auf reha-recht.de; ebenso Diskussion vom 26.8.2023 zum Fehlbeschluss Thüringer LSG vom 1.8.2013 - L 6 KR 299/13 NZB, der jahrelang für große Verwirrung sorgte in jeder Hinsicht - sowie offenbar auch („massenhaft“) zu rechtswidrigen Ablehnungen „verleitete“ in Thüringen, Sachsen, und andernorts wie SG Kassel, 20.05.2014 – S 9 R 19/13, sowie_SG Köln, 24.01.2020 – S 36 KR 667/19 = n.rkr. (Anerkenntnis Wegstreckenentschädigung ikk classic)

Ferner auch die DRV, welche weiterhin „Anspruch“ auf Fahrkosten strikt ablehnt und gegenteilige Rspr. nicht akzeptiert - sich neuerdings „windet“ mit angeblichem Ermessen nach frei erfundenen eigenen Kriterien - so als_stünde DRV über dem Gesetz und als könnte sie Gesetzgeber „spielen“ (RP Reha 3/2023, 15) – so wie beispw. laut LSG NRW v. 07.05.2014 – L 8 R 875/13. (falsches irreführendes Merkblatt der DRV Westfalen bezüglich „Fahrkosten“ bei Reha-Maßnahmen - ohne „Rechtsgrundlage“ – sowie trotz entgegenstehendem Bundesrecht mangels eröffneten Ermessens, Rn. 74 nach_ihren eigenen erdachten „Grundsätzen“)

SG Bremen verurteilt DRV Bund
Vgl. zuletzt Verurteilung der DRV durch SG Bremen, 26.10.2023 - S 14 R 125/19 (StW als „eigenständige“ Leistung med. Reha); Nellissen, in jurisPK-SGB IX, 4. Auflage 2023, § 44 SGB IX Das DRV-Formular zu den Fahrkosten bei StW erscheint schlicht illegal, weil teils persönliche Daten erhoben sowie verarbeitet werden - welche ausweislich Rspr. gar nicht erforderlich sind !!
Die DRV Bund wurde zu Wegstreckenentschädigung „antragsgemäß verurteilt“ (669,60 Euro für StW vom 06.11.2018 bis 17.12.2018 an insgesamt 31 Tagen).
Die Ablehnung der DRV vom 2.1. 2019 erfolgte ohne „Rechtsbehelfsbelehrung“ sowie mit der Behauptung, wonach DRV Bund vorgeblich nicht zuständig sei. Im Widerspruchsbescheid wurde argumentiert, dass der § 71 Abs. 5 SGB IX lediglich auf das Übergangsgeld verweise, nicht aber auch auf die Fahrkosten, obwohl ausschließlich bloße deklaratorische Norm laut BSG, zumal_ohnehin nicht abschließend zum Beispiel wg. Verletztengeld (GUV) u.a. Ausführlich SGb 11/2023, auf_Seite 655 – zu den schon wiederholt von BSG-Senaten_verworfenen „Unterstellungen“ der DRV.

Dieses haltlose Argument dieser DRV Bund hat diese offenbar dem in Literatur und Rspr. scharf kritisierten Fehlurteil des SG Kassel, 20.05.2014 – S 9 R 19/13, unkritisch „nachgeplappert“ – trotz (mehrerer) entge­genstehender obergerichtlicher Urteile bspw aus MV 2020_sowie aus Sachsen 2022 unter Aufhebung der Vorinstanzen (rkr) wie folgt: „Ein Ausschluss der durch die stufenweise Wiedereingliederung verursachten Reisekosten lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass in § 71 Abs. 5 SGB IX nur das Übergangsgeld Erwähnung gefunden hat.“ Der geradezu „spitzfindige“ DRV-Ablehnungsgrund wurde demnach zu Recht vom SG Bremen nicht akzeptiert.

Damit hat sich das SG Bremen in seiner Begründung zu Recht auch klar gegen die drei Urteile des LSG Sachsen gestellt und insbesondere dem LSG Thüringen energisch widersprochen mit seinem Leit- und_Rechtssatz, wonach stufenweise Wiedereingliederung grundsätzlich
eigenständige
Leistung(en)
medizinischer
Rehabilitation

Leitsatz
SG Bremen, 26.10.2023, S 14 R 125/19
1. Eine Maßnahme zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 44 SGB IX stellt eine eigenständige Leistung zur medizinischen Rehabilitation i.S.v. § 42 Abs. 1 SGB IX dar.
2. Hiermit einhergehende Fahrtkosten sind gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 SGB IX als ergänzende Leistungen zur medizini­schen Rehabilitation i. S. v. § 64 Abs. 1 Nr. 5 SGB IX zu übernehmen.

Anders als etwa bei den Ein-Euro-Jobbern, bei denen die Verrichtung von Arbeit im Vordergrund steht laut BA, steht bei StW die Verrichtung (jetzt: Ausübung seit BTHG) von Arbeit gerade nicht im „Vordergrund“ – sondern vielmehr medizinische Rehabilitation entgegen LSG Sachsen, das auch diesen Punkt verkennt wie vormals hundertfach die Deutsche Rentenversicherung: Dazu AOK Bayern 2018, wonach „BSG-Urteile vonseiten der DRV nicht anerkannt, sondern als Einzelfälle“ abgetan worden seien – obwohl „höchstrichterlich gefestigt und gleichlautend in mehreren“ BSG-Revisionen zur Stufenweisen Wiedereingliederung.
Bei einer StW besteht regelhaft kein Rechts­ver­hält­nis
mit Arbeitspflicht für eine weisungsgebundene Arbeit!

Abgrenzung med. Reha
BAG 1992 Therapie spielt entscheidende Rolle
BSG 2007 Rehabilitation steht „im Vordergrund“
Es ist auf den Schwerpunkt bzw. die Zielrichtung des jeweiligen Instruments abzustellen - bei StW die med. Rehabilitation laut BSG und BAG; gemäß verbreiteter Ansicht in Literatur „ausschließlich“ die Rehabilitation („was meistens der Fall ist“ u.a. laut Krankenkassen-Spitzenverband). Selbst „Rehaträger“ widersprechen demnach der pauschalen Unterstellung dieses LSG Sachsen, wonach die StW vorgeblich generell nicht „in erster Linie“ einen medizinischen Zweck verfolge.
„In erster Linie“ = „im Vordergrund“ = Synonym.
Zum Begriff „in erster Linie“ vergl. § 176 SGB IX.


Revision des Rehabilitanden ist anhängig beim BSG, Ak­tenzeichen B 1 KR 7/23 R - u.a. wg. Divergenz zu schon ergangener (übergangener) ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung: Dies erscheint „mutig“, von ½ Dutzend höchstrichterlicher BSG- und BAG-Senate abzuweichen - was im Fachschrifttum zu Recht scharf kritisiert wird seit Jahren, da längst abschließend und umfassend geklärt: Nellissen, in DVfR A7-2015 (DRV) sowie jurisPR-SozR 18/2022 Anm. 4 (GKV) zu SG Kassel sowie SG Leipzig.
Die StW ist schon deswegen kein Annex zu stationären, teilstationären oder ambulant. med. Rehaleistungen, da (bekanntlich) völlig unabhängig davon ausführbar kraft Gesetzes bspw. laut Prof. Dr. Welti.
DRV-Rehaträger dürfen sich nicht aus der „Verantwortung stehlen“ – so schon zu Recht Prof. Dr. Nellissen 2015, wie schon vormals laut LSG NRW, 07.05.2014 – L 8 R 875/13 und lt. AOK Bayern 2018, als DRV-Träger wohl „mutwillig“ massenhaft Klagen provozierten, trotz klarer eindeutiger Rechtslage und Rechtspr.

Bundesagentur für Arbeit?
Äußerst missverständlich bzw höchst irreführend auch die Behauptung sog. „Experten“ der DRV, wonach u.U. bei ALG-Bezug oder Bürgergeld auch die Bundesagentur für Arbeit für Eingliederung „zuständig“ sein könne („Arbeitsverwaltung für die SWE zuständig“): Kann sie eben nicht, da von vornherein definitiv ausgeschlossen – weil niemals Leistungsträger „zur medizinischen Rehabilitation“ nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX kraft Gesetzes: Diese erbringt lediglich Leistungen laut „§ 5 Nummer 2 und 3“ SGB IX – als Rehaträger (BSG, 17. Dez. 2013 – B 11 AL 20/12 R, ständ. Rspr.) und eben nicht nach Nummer 1 – im Unterschied zu allen anderen Rehaträgern!
Für die eigentliche Ausführung der StW wie beispielsweise Organisation und Koordination – sowie Genehmigung und Honorare für Eingliederungspläne als auch für regel­mä­ßige Untersuchungen ist daher nie die Bundesagentur für Arbeit zuständig (SGb 11/2023 Seite 654/655 zu ALG I und ALG II während StW). Dass es sich bei der StW um Leistung med. Reha handelt, wurde erst kürzlich ausdrücklich auch vom SG Bremen, 26.10. 2023 – S 14 R 125/19 – bekräftigt und DRV Bund wurde völlig zu Recht verurteilt mit Verweis auf mehrere Senate des Bundessozialgericht­s. Ebenso bspw. schon SG Neuruppin, 26.01.2017 – S 22 R 127/14, sowie SG Berlin, 29.11.2018 – S 4 R 1970/18 = br 5/2019 (Beru­fungs­rück­nahme der DRV Berlin-Brandenburg), beide rkr. verurteilt zur Kfz-Wegstreckenentschädigung. Trotz ständ. Verurteilungen werden Versicherte von DRV weiterhin mit Ermessensleistungen „abgespeist“ – gemäß teilweise frei erfundenen eigenen Kriterien klar am Gesetz vorbei seit Jahren (vergl. RP Reha 3/2023, Seite 20, zur „Form der Leistungserbringung“ und „Sachleistungen“ bei StW und Linda Albersmann vom 24. Nov. 2022 zum vorgeblichen Ermessen = grob illegale eigenmächtige „Erfindung“)

Weitere Quellen
DVfR: Glossar
DVfR: A7-2015
DVfR: A5-2022
RP Reha 3/2023
SG Bremen 2023

Beste Grüße
Heidi Stuffer
Heidi Stuffer
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Registriert: Dienstag 5. September 2017, 12:26

Fahrkosten ohne Behindertenstatus?

Beitrag von Heidi Stuffer »

Hallo zusammen,

Behindertenstatus ist nicht Voraussetzung für die StW ausweislich AU-Richtlinie, auch nicht für Fahrkosten bei Stufenweiser Wiedereingliederug lt. ständ. Rspr. Einen solchen Ausschlusstatbestand gibt es nicht, wenngleich gerne teils von Krankenkassen pauschal behauptet, zB. AOK PLUS für Sachsen und Thüringen – ohne Gründe!
Der § 44 SGB IX umfasst „arbeitsunfähige leistungs­be­rechtigteVersicherte. Eine behördlich durch Bescheid amtlich festgestellte Behinderung wird demnach gemäß § 2 Absatz 1 SGB IX nicht zusätzlich gefordert. Da war offenbar der Wunsch „Vater des Gedankens“ bei dieser AOK_PLUS in Dresden, dem sich nie eine andere GKV oder_irgendein SG zu eigen machte, soweit ersichtlich:
Selbst LSG Sachsen hat Nichtbehinderten Fahrkosten
zuerkannt, 14.10. 2022 - L 1 KR 320/20, und verurteilt;
ebenso: SG Kiel, Neuruppin und Berlin – alle rechtskr.


Krankenversicherung (GKV)
Es geht da vielmehr einzig darum, dass arbeitsunfähige Rehabilitanden „besser“ und nachhaltig (also langfristig) wieder „eingegliedert werden“ i.S.d. § 74 SGB V und des § 44 SGB IX nach langwieriger AU. Dabei muss ärztlich feststellbar sein - dass wiedereingliederungsfähig. Daher wird auch keine Behinderung abgefragt in den Formular-Anträgen auf StW der Rehaträger - z.B. Formular 20 für Krankenkassen - da nicht relevant für GKV. Verurteilung gemäß dem Recht der Krankenversicherung ohne einen geltend gemachten Behindertenstatus, beispw…
SG Kiel, 4. November 2016 – S 3 KR 201/15, rkr.
SG Dresden, 17.06.2020 - S 18 KR 967/19, n.rkr.

Rentenversicherung (DRV)
Selbst die Rentenversicherung, die trotz ständiger Ver­ur­teilungen seit 2017 Ermessen konstruiert statt Anspruch, fragt nicht nach einem anerkannten Behindertenstatus in ihrem Vordruck G0835 und dem Vordruck G0837 zu den Fahrkosten bei StW – verweigert daher nicht Fahrkosten wegen einer Nichtbehinderung eines Rehabilitanden mit körperlichen, seelischen, geistigen oder mit Sinnes­be­ein­träch­ti­gun­gen lt. ärztl. Stufenplan G0834 der Rehaklinik. Verurteilungen lt. „Recht der Rentenversicherung“ ohne geltend gemachten Behindertenstatus, beispw…
SG Neuruppin, 26. Januar 2017, S 22 R 127/14, rkr.
SG Berlin, 29. November 2018 – S 4 R 1970/18, rkr.
LSG Sachsen, 14. Oktober 2022, L 1 KR 320/20 rkr.
SG Bremen, 26. Oktober 2023, S 14 R 125/19

Beste Grüße
Heidi Stuffer
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