Nahaufnahme eines Tischs mit Detail eines schwarzen Richterhammers und einem Juristen im Hintergrund.

Kein Individualanspruch

§ 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX begründet keinen Individualanspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf Einleitung und Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM).

BAG, Urteil vom 7.9.2021, 9 AZR 571/10

Hintergrund und Begründung

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger einen Individualanspruch auf Einleitung und Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) hat. Im Jahr 2018 war er an 122 im Jahr 2019 an 86 Arbeitstagen krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber lehnte seinen Antrag auf Durchführung eines BEM ab. Erstinstanzlich hatte der Kläger beim Arbeitsgericht Erfolg. Das BAG hält die Revision gegen das dieses Urteil aufhebende Berufungsurteil des LAG für unbegründet. Es führt aus, ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Einleitung und Durchführung eines BEM-Verfahrens besteht nicht. Dieses Ergebnis steht mit dem Wortlaut und der Systematik des § 167 Abs. 2 SGB IX im Einklang. Teil 3 des SGB IX unterscheidet zwischen sonstigen Pflichten der Arbeitgeber und Rechten der (schwerbehinderten) Arbeitnehmer und bringt damit zum Ausdruck, dass nicht jeder Pflicht des Arbeitgebers ein entsprechender Anspruch bzw. ein entsprechendes Recht des Arbeitnehmers gegenübersteht. Räumt das Gesetz den Arbeitnehmern Ansprüche ein, werden diese ausdrücklich als solche bezeichnet, wie z. B. in § 164 Abs. 4 SGB IX. Dies ist in § 167 Abs. 2 SGB IX nicht geschehen. Auch europarechtliche Vorschriften oder die UN-BRK gebieten keine andere Auslegung des § 167 Abs. 2 SGB IX. Ein Anspruch des Klägers auf Einleitung und Durchführung eines BEM ergibt sich zudem auch nicht aus dem Gebot der Rücksichtnahme.

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