Werkstatt für Menschen mit Behinderungen (WfbM)

Für Menschen mit Behinderungen, die nicht oder noch nicht auf dem allgemeinen Ar­beits­markt tätig sein können, gibt es speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene und von der Bundesagentur für Arbeit anerkannte Werkstätten, kurz WfbM, in denen sie eine berufliche Bildung und Beschäftigung erhalten.

Eine WfbM-Werkstatt ist eine Einrichtung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben (§ 219 Begriff und Aufgaben der Werkstatt für Menschen mit Behinderung SGB IX).

Menschen, die wegen der Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, erhalten hier eine an­ge­mes­se­ne be­ruf­li­che Bildung und Beschäftigung.

In Deutschland sind zurzeit circa 315.000 Menschen in rund 720 anerkannten Werkstätten be­schäf­tigt.

Infografik mit Zahlen zur Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung. Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2023 /  BAG WfbM 2021

Aufgaben der WfbM

Die Kernaufgaben der WfbM als Rehabilitationseinrichtung sind:

  • Angebot einer angemessenen beruflichen Bildung
  • Erhalt, Entwicklung, Erhöhung oder Wiedergewinnung der Leistungs- oder Er­werbs­fä­hig­keit
  • Weiterentwicklung der Persönlichkeit
  • Förderung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
  • Zahlung eines der Leistung angemessenen Arbeitsentgelts

Zur Erreichung dieser Ziele müssen die Werkstätten über ein möglichst breites Angebot an Be­rufs­bil­dungs- und Arbeitsplätzen verfügen. Weiterhin sind qualifiziertes Personal, darunter Fach­kräf­te für Arbeits- und Berufsförderung, sowie ein begleitender Dienst erforderlich, etwa

  • Sozialdienst,
  • psychologischer Dienst und
  • ärztlicher Dienst.

Grundsätzlich besteht ein Aufnahmeanspruch des Menschen mit Behinderung.

Aufnahmevoraussetzungen und Maßnahmen

Mindestvoraussetzung für die Aufnahme in eine WfbM ist allerdings, dass erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Ar­beits­leis­tung erbringen wird. Daran fehlt es, wenn der behinderte Mensch trotz Betreuung sich oder andere erheblich gefährdet oder einer Betreuung und Pflege innerhalb der Werk­statt bedarf, die eine wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung dauerhaft nicht zulassen.

Aus diesen Grundsätzen ergeben sich Mindestanforderungen zur Anerkennung einer In­sti­tu­ti­on als „Werkstatt für Menschen mit Behinderung“. Diese Anerkennung spricht die Bun­des­agen­tur für Arbeit aus (§ 225 Satz 2 SGB IX).

Die Maßnahmen in Werkstätten für Menschen mit Behinderung gliedern sich jeweils in

  • Eingangsverfahren,
  • Berufsbildungsbereich,
  • Arbeitsbereich.

Eingangsverfahren

Das Eingangsverfahren (§ 57 SGB IX) dient der Feststellung, ob die WfbM die geeignete Ein­glie­de­rungs­maß­nah­me ist und welche Bereiche der Werkstatt und/oder ergänzende Leistungen in Be­tracht kommen.

In der Regel dauert das Eingangsverfahren drei Monate. Es kann jedoch im Einzelfall auf vier Wochen verkürzt werden. Ziel ist die Erstellung eines Eingliederungsplanes.

In der Regel wird diese Maßnahme durch die Agentur für Arbeit oder den Ren­ten­ver­si­che­rungs­trä­ger finanziert.

Berufsbildungsbereich

Im Berufsbildungsbereich (§ 57 SGB IX) führen die WfbM sowohl Einzelmaßnahmen als auch Lehrgänge durch, um eine Verbesserung der Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen. Ziel der Maßnahmen ist, dass der Mensch mit Behinderung spätestens nach Teilnahme an den Berufsbildungsmaßnahmen in der Lage ist, ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen.

Ein breites Spektrum der Leistungen soll dafür sorgen, dass sowohl im Hinblick auf Art und Schwere der Behinderung, die unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten und Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten sowie Eignung und Neigung ein adäquates Angebot unterbreitet werden kann.

Im Regelfall dauert die Berufsbildungsmaßnahme 24 Monate.

In der Regel wird diese Maßnahme durch die Agentur für Arbeit oder den Ren­ten­ver­si­che­rungs­trä­ger finanziert.

Arbeitsbereich

Im Arbeitsbereich (§ 57 SGB IX) sollen die Werkstätten produktions- und dienst­leis­tungs­ori­en­tiert über ein möglichst breites Angebot an Arbeitsplätzen verfügen, damit den un­ter­schied­li­chen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Potenzialen der Menschen mit Behinderung Rechnung ge­tra­gen werden kann.

Arbeitsbegleitend sollen die Werkstätten geeignete Maßnahmen durchführen, die die Leis­tungs­fä­hig­keit erhalten oder erhöhen sowie der Persönlichkeitsentwicklung dienlich sind.

Das Hauptziel der WfbM besteht darin, den Menschen mit Behinderung den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dies ist durch geeignete Maßnahmen zu fördern, wie:

  • Betriebspraktika
  • Beschäftigung auf ausgelagerten Arbeitsplätzen
  • Übergangsgruppe
  • Entwicklung individueller Förderpläne
  • Trainingsmaßnahmen
  • Inklusionsbetriebe
  • Budget für Arbeit
  • Budget für Ausbildung

In der Regel deckt der überörtliche Träger der Eingliederungshilfe die Kosten in der WfbM.

Entgelt

Das Arbeitsentgelt in den WfbM setzt sich nach § 221 SGB IX aus drei Bestandteilen zu­sam­men:

  • Grundbetrag
  • individueller Steigerungsbetrag
  • Arbeitsförderungsgeld

Der Grundbetrag des Arbeitsentgeltes wird an jeden Menschen mit Behinderung im Ar­beits­be­reich pauschal ausgezahlt. Die Mindesthöhe wird durch die Bundesagentur für Arbeit festgelegt.

Ein weiterer Bestandteil des Arbeitsentgeltes ist der leis­tungs­an­ge­mes­se­ne Stei­ge­rungs­be­trag, dessen Höhe von der individuellen Arbeitsmenge und Arbeitsgüte ab­hän­gig ist. Auch hier han­delt es sich um eine Pflichtleistung der Werkstätten.

Grundbetrag und Steigerungsbetrag werden aus dem wirtschaftlichen Arbeitsergebnis der Werk­statt bezahlt.

Das Arbeitsförderungsgeld ist völlig unabhängig von der Arbeitsleistung und wird an jeden Menschen mit Behinderung ausgezahlt. Es handelt sich um eine Zuzahlungspauschale durch die jeweiligen Rehabilitationsträger.

Die Höhe des Entgeltes des Menschen mit Behinderung ist abhängig von der wirtschaftlichen Situation und Auftragslage der Werkstatt.

Werkstattrat und Frauenbeauftragte

Die Menschen mit Behinderungen der WfBM wirken und bestimmen unabhängig von ihrer Geschäftsfähigkeit durch von ihnen gewählte Werkstatträte (§ 222 Absatz 1 SGB IX) in den Angelegenheiten der Werkstatt mit, die ihre Interessen berühren.

Behinderte Frauen wählen eine Frauenbeauftragte und je nach Anzahl der wahlberechtigten Frauen mindestens eine oder bis zu drei Stellvertreterinnen (§ 222 Absatz 5 SGB IX).

Wahlrecht des Menschen mit Behinderung

Auf Wunsch des Menschen mit Behinderung werden die Leistungen im Eingangsverfahren, Berufsbildungsbereich oder Arbeitsbereich von einer anerkannten WfbM zusammen mit oder bei anderen Leistungsanbietern erbracht (§ 62 SGB IX).

Rechtsverhältnis

Die in der Werkstatt beschäftigten Menschen mit Behinderung haben einen ar­beit­neh­mer­ähn­li­chen Rechtsstatus. Sie erhalten ein Arbeitsentgelt, das aus dem Ar­beits­er­ge­bnis der WfBM gezahlt wird. Sie sind unfall-, kranken-, pflege- und ren­ten­ver­si­chert (Sozialversicherung), in der Regel jedoch nicht in die Ar­beits­lo­sen­ver­si­che­rung einbezogen.

Wirtschaftlichkeit

Die WfbM sind nach § 12 Werkstättenverordnung (WVO) dazu verpflichtet, wirtschaftliche Ar­beits­er­geb­nis­se anzustreben, um ein leistungsangemessenes Arbeitsentgelt an die Be­schäf­tig­ten zah­len zu können. Die WfbM unterliegen einer Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung (§ 128 SGB IX).

Aufträge an die Werkstatt § 223 SGB IX und folgende

Arbeitgeber, die an anerkannte WfbM Aufträge erteilen, können 50 Prozent des auf die Ar­beits­leis­tung der Werkstatt entfallenden Rechnungsbetrags auf die Ausgleichsabgabe anrechnen.

Gemäß § 224 SGB IX sind Aufträge der öffentlichen Hand, die von WfbM ausgeführt werden können, diesen bevorzugt anzubieten.

Mit dem IFD von der Schule in den Beruf

Der Einstieg in den Beruf ist für junge Menschen mit Behinderung besonders schwierig. Das erlebte auch eine Förderschülerin aus Köln. Wie es dem Integrations­fachdienst Köln (IFD) dennoch gelang, der jungen Frau mit kognitiver Einschränkung eine anerkannte Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, schildert ihre IFD-Fachberaterin, Eva Wilfert, im Interview.

Zum ZB Digitalmagazin Rheinland 1/2023

Das Foto zeigt die IFD-Fachberaterin Eva Wilfert des LVR-Inklusionsamtes.

Etwas mit Tieren

Mit Tieren arbeiten – das ist Celina Prehls Vorstellung von ihrem künftigen Beruf. In einer Werkstatt für Menschen mit Behin­derung möchte die junge Förderschülerin mit kognitiver Beeinträchtigung nicht arbeiten. Über ein Praktikum auf dem Elisenhof gelingt ihr der Einstieg in eine anerkannte Berufs­ausbildung zur Fachpraktikerin für Pferde­wirtschaft – eine der ersten in Nordrhein-Westfalen.

Zum ZB Digitalmagazin

Das Foto zeigt eine junge Frau beim Satteln eines Pferdes.

Stand: 30.09.2022

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