Industrie 4.0

Mit Industrie 4.0 ist die vierte industrielle Revolution gemeint. Globalisierung und die Vernetzung durch das Internet verknüpfen branchen- und tech­no­lo­gie­über­grei­fend. An­wen­dungs­fel­der im Ge­sund­heits­we­sen sind zum Beispiel Pflege- und The­ra­pie­ro­bo­ter, die menschliche Fachkräfte ergänzen können.

Der Begriff Industrie 4.0 leitet sich aus den bisherigen großen industriegeschichtlichen Umbrüchen ab. Die Zeitrechnung beginnt Ende des 18. Jahrhunderts mit der Entdeckung der Wasser- und Dampfkraft (1. Revolution). Es folgen zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Fließband- und Massenproduktion ausgelöst durch die Elektrifizierung (2. Revolution) und in den 1970er-Jahren das digitale Zeitalter (3. Revolution), in dem Computer und Industrieroboter kommerziell eingesetzt wurden und die menschliche Arbeit unterstützten.

Die Erfindung und schnelle Verbreitung des Internets läutete Anfang der 1990er-Jahren die vierte industrielle Revolution ein. Sie dauert bis heute an. Die Globalisierung und Vernetzung erreichten eine neue Stufe. Die Digitalisierung macht es möglich: eine branchen- und technologieübergreifende Integration von Prozessen und Systemen, die alles miteinander vernetzt – Produktion, Dienstleistungen, Logistik, Personal- und Ressourcenplanung.

Besonderheit der 4. Revolution

Industrielle Revolutionen sind bisher meist erst im Nachhinein als solche erkannt worden. Mit dem Begriff „Industrie 4.0“ – also der vierten industriellen Revolution – werden erstmals nicht nachträglich grundlegende Veränderungen in der verarbeitenden Industrie bewertet, sondern man beschäftigt sich bereits während des Veränderungsprozesses mit den Änderungen und Anforderungen, die sich daraus ergeben (können).

Im Rahmen von Industrie 4.0 wird eine komplette Zusammenführung der Prozesse inner- und außerhalb von industriellen Produktionsstätten angestrebt: Während heute Entwicklung, Fertigung, Lager, Nutzung, Wartung oder Recycling noch getrennte Systeme verwenden, sollen künftig sämtliche Einheiten einer Firma eng miteinander vernetzt operieren. Dabei sollen auch Lieferanten, Partner oder die fertigen Produkte bei Kunden eingebunden werden.

Internet der Dinge

Über das „Internet der Dinge“ sollen dann einzelne Maschinen miteinander kommunizieren, online und autark Informationen austauschen, Aktionen auslösen und sich wechselseitig steuern. So merkt dann eine Maschine allein, wann zum Beispiel neue Komponenten aus dem Lager zu bestellen sind oder wann eine andere Maschine für den nächsten Pro­duk­ti­ons­schritt zu aktivieren ist. Zwingende Voraussetzung dafür ist eine nahtlose Kommunikation aller beteiligten Komponenten.

Neue Produktionsformen

Das Interesse an Industrie 4.0 liegt aber nicht nur darin, Prozesse in der industriellen Produktion besser aufeinander abzustimmen und damit effizienter zu gestalten. Es zeichnet sich ab, dass sich neue Formen der Produktion etablieren, zum Beispiel die Fertigung von hochkomplexen Einzelstücken oder technisch aufwendige Kleinserien mittels 3-D-Druck (Verfahren, bei dem Kunststoffe, Kunstharze oder Keramiken Schicht für Schicht aufgetragen und so dreidimensionale Gegenstände erzeugt werden).

Die Befürworter von Industrie 4.0 sehen auch neue Geschäftsfelder zum Beispiel im Servicebereich: Maschinen oder Anlagen erkennen selbstständig, dass die nächste Wartung ansteht oder ein Verschleißteil ausgetauscht werden muss. Die Maschine oder Anlage informiert den Hersteller oder eine mit der Wartung beauftragte Firma automatisch. So könnten Maschinen auch Jahre nach ihrem Verkauf noch Einnahmen erwirtschaften.

Weitere Anwendungsfelder

Neben der industriellen Produktion gehören folgende Bereiche zu den strategisch wichtigsten Anwendungsfeldern der Industrie 4.0:

  • Mobilität (zum Beispiel vernetzte Fahrerassistenzsysteme und selbstständig fahrende Autos)
  • Gesundheitswesen (Operations-, Pflege-, Therapie- und allgemein Serviceroboter ergänzen menschliche Fachkräfte; elektronische Patientenakte oder medizinische Smartwatches)
  • Klima
  • Energie (bedarfsgesteuertes Energiemanagement sowie Verknüpfung kleiner und großer Energieversorger und verschiedenster Energiesysteme)

Risiken autarker Systeme

Nachteilig ist, dass die vernetzten, komplexen Strukturen hochgradig anfällig sind: Autarke Maschinen oder Anlagen können falsche Entscheidungen treffen, weil sie gehackt und manipuliert wurden oder ungenau formulierte Regeln befolgen und dadurch Situationen und Vorgänge nicht korrekt interpretieren. Dabei können Unfälle verursacht und Menschen verletzt werden.

Anforderungen an den Datenschutz

Elektronische Daten und das Eigentum an Daten erhalten eine neue Bedeutung und Priorität; sie werden bereits als der „neue Rohstoff“ bezeichnet. Technische Standards und rechtliche Regelungen müssen dafür (weiter-)entwickelt werden – das Thema Datenschutz („der gläserne Bürger/Patient“) eingeschlossen.

Stand: 30.09.2022

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