Freistellung § 179 Abs. 4 Satz 1 SGB IX

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Ingo H.
Beiträge: 1
Registriert: Montag 20. Februar 2023, 09:14

Freistellung § 179 Abs. 4 Satz 1 SGB IX

Beitrag von Ingo H. »

Ich habe eine Frage zum Thema Freistellung nach §179 Abs. 4 Satz 1 SGB IX. Es geht hier um eine mögliche vollständige Freistellung für die Tätigkeit als Vertrauensperson. Aktuell sind lt. der mir vorliegenden Auflistung 110 Mitarbeitende beschäftigt, die einen GdB von 20% bis 100% verfügen. Lt. meinem Arbeitgeber zählen diese aber nicht alle um eine volle Freistellung zu erhalten. Der Arbeitgeber sieht die Zahl der Schwerbehinderten und Gleichgestellten gekoppelt an die Ausgleichsabgabe und kommt somit in seiner Berechnung zu einer anderen Anzahl. Ist eine volle Freistellung gem. §179 SGB IX an die Ausgleichsabgabe gekoppelt oder zählt hier nur die reine Anzahl der Beschäftigten?
albarracin
Beiträge: 217
Registriert: Freitag 21. Januar 2022, 08:47

Re: Freistellung § 179 Abs. 4 Satz 1 SGB IX

Beitrag von albarracin »

Hallo,

Ihr liegt beide teilweise falsch.
Beschäftigte mit GdB 20 sind überhaupt nicht zu berücksichtigen. Du bist auch mit Ausnahme der Antragstellung nicht für sie zuständig.

Beschäftigte mit GdB 30 oder 40 werden nur dann berücksichtigt, wenn sie eine Gleichstellung haben. Haben sie keine Gleichstellung, gilt dasselbe wie oben.

Allerdings ist die Meldung des AG auch nicht die Grundlage für den Schwellenwert, denn für den Schwellenwert zählen auch schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Beschäftigte mit, die weniger als 18 Std/Woche arbeiten und gem. § 154 Abs. 1 iVm § 156 Abs. 3 SGB IX nicht bei der Pflichtquote angerechnet werden.
&tschüß
Wolfgang
jada.wasi
Beiträge: 525
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

Freistellung § 179 Abs. 4 Satz 1 SGB IX?

Beitrag von jada.wasi »

Ingo H. hat geschrieben: Dienstag 11. November 2025, 15:54 Aktuell sind lt. der mir vorliegenden Auflistung 110 Mitarbeitende beschäftigt, die einen GdB von 20 Prozent bis 100 Prozent verfügen.
Hallo Ingo,

prinzipiell hat Ihr Arbeitgeber im Ergebnis teilweise recht: Es zählen dabei grundsätzlich nur Schwerbehinderte sowie die Gleichgestellten im Sinne des § 178 Abs. 4 Satz 2 SGB IX. Weitergehende Vereinbarung käme allerdings bspw. dann in Betracht, wenn SBV etwa per Betriebsvereinbarung bei allen Beschäftigten bei BEM zu beteiligen sein sollte; im Übrigen halte ich die Annahme für völlig praxis- sowie lebensfremd (konstruiert) – wonach alle Be­schäf­tig­ten mit einer AU von über 6 Wochen „von Behinderung bedroht“ seien. Äußerst realitätsferne pauschale Unterstellung.

Vergleiche hierzu auch sinngemäß Diskussion zu den vier Fragestellern sbvler2020, Bodie, Deep Sky sowie milicacej. Danach ist SBV eben nicht „Interessenvertretung“ bspw für Behinderte mit GdB von 20 nach § 178 Abs. 2 SGB IX ggü. dem Arbeitgeber – entgegen der Einzelmeinung von Verdi. Wie bereits oben geschrieben, sind nicht sämtliche sbM im Namensverzeichnis zur Ausgleichsabgabe gelistet. Daher darf dieses Verzeichnis auch nicht 1:1 bei SBV-Wahl in die Wählerliste übernommen werden, sondern muss daher ggf ergänzt werden, weil sbM in „Teilzeitbeschäftigung“ stets wahlberechtigt sind ganz unabhängig von der Anzahl der Wochenstunden – auch z.B. Minijobber bzw. geringfügig Beschäftigte, sowie ggf. Leiharbeit und Abordnung. Wird gerne mal übersehen von Personalern, sofern diese nicht ausdrücklich danach gefragt werden wie bspw. hier.
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Formulare zur Ausgleichsabgabe?
Offenbar ist amtl. Verzeichnis für Ausgleichsabgabe 2024 nach § 163 Abs. 1 SGB IX „mathematischer Unfug“ und irreführend. Dort steht in der Zeile 6a „Arbeitszeit über 18 Stunden“*) statt m.E. richtig „Arbeitszeit ab 18 Stunden“ – wie bis 2022: „Wochenarbeitszeit 18 Stunden und mehr“. Über heißt größer als - und das steht so nicht im Gesetz. Falsch ferner die „Erläuterungen“ der Bundesagentur für Arbeit 2024, Seite 14: Woraus soll dieses logisch folgen? Falsch auch schon Formular für Ausgleichsabgabe 2023. Natürlich ist auch eine TZ mit 18 Std. anrechnungsfähig! Logisch nachvollziehbar ist dieses jedenfalls nicht – sondern klar lückenhaftes fehlerhaftes BA-Formular
Wer ­­ moniert das bei der BA zwecks Fehlerbereinigung (offenbar falsche Schlussfolgerung seit fast 3 Jahren)?

*) Verzeichnis für Ausgleichsabgabe 2024
Verzeichnis für Ausgleichsabgabe (Zeile 6a)
Verzeichnis für Ausgleichsabgabe (Zeile 6a)
IMG_2027.jpeg (65.65 KiB) 863 mal betrachtet

:( Den BA-Fehler hat auch BIH in ihrem ZB-Ratgeber 2024 zur Ausgleichsabgabe unkritisch auf Seite 30 oben über­nom­men („mehr als 18 Wochenstunden“). „Nicht weniger als 18 Stunden“ bedeutet nicht nur „mehr als 18 Stunden“, sondern umfasst selbstverständlich auch 18 Stunden laut den Ge­set­zen der Logik, KI sowie gängiger juristischer Auslegung.

:idea: Anders ­­ und gesetzeskonform – sowie mit zutreffendem Umkehrschluss Verwaltungsportal Hessen („mindestens18 Stunden pro Woche“). Fachlich freigegeben vom BMAS am 31.08.2022. Gruß Jada Wasi
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