Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers

bianca_sdr

Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers

Beitrag von bianca_sdr »

Hallo zusammen,

wir haben keinen genannten Inklusionsbeauftragten. darauf hab ich die HR leitung hingewiesen und die Antwort war, wenn euch keiner genannt wurde, dann bin ich es.

Kann ein leitender Angestellter Inklusionsbeauftragter sein?
arcus
Beiträge: 78
Registriert: Freitag 7. November 2014, 15:26

Re: Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers

Beitrag von arcus »

An einer Antwort bin ich auch interessiert. (Ltd. Angestellte kann der Arbeitgeber sicher benennen.)
Meine Frage: Ist der Arbeitgeber ganz frei bei der Auswahl. Es gibt zum Beispiel qualifizierte Angestellte, die schwerbehindert sind und das Amt ausführen könnten. Der AG entscheidet sich aber für jemanden anderen.
Mein Arbeitgeber hat, trotz mehrmaliger Hinweise bisher keinen Verantwortlichen benannt. Was kann seitens Schwerbehindertenvertretung getan werden? Von BR Seite.

Insgesamt scheint mir das Thema Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers nicht mal bei großen Firmen auf dem Radarschirm zu sein. Was kann da getan werden?

freu mich wie immer auf die doch recht qualifizierten Antworten.
albarracin_01
Beiträge: 571
Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

Re: Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers

Beitrag von albarracin_01 »

Hallo,

falls du den Beauftragten des Arbeitgebers iSd § 181 SGB IX meinst, so gibt es nichts in Gesetz oder Kommentierung, was gegen die Berufung eines LA steht.
Lediglich der Arbeitgeber selbst darf nicht Beauftragter sein.

Allerdings gibt es keine "Selbsteinsetzung" des AG-Beauftragten. Es muß eine förmliche Bestellung durch den AG erfolgen.
&Tschüß
Wolfgang
bianca_sdr

Re: Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers

Beitrag von bianca_sdr »

Hallo,

danke schonmal für die Antworten.

unser HR Leiter hat hier als einziger Prokura. Gilt es dann schon als Arbeitgeber.
albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

Inklusionsbeauftragter nicht bestellt bzw. nicht gemeldet?

Beitrag von albin.göbel »

arcus hat geschrieben:Mein Arbeitgeber hat trotz mehr­ma­li­ger­ Hinweise keinen Ver­ant­wort­li­chen benannt. Was kann seitens SBV getan werden? Von BR Seite?
:idea: Das kann durchaus Kosten verursachen und als Indiz für Diskriminierung wg. Be­hin­de­rung­ angesehen werden, sagte schon im wegweisenden Urteil das LAG Hamm am 13.06.2017, 14 Sa 1427/16. ­ Ar­beit­ge­ber­ver­bän­de­ haben darüber ­ umfänglich be­rich­tet­­, auch die BIH in ZB 1/2018. Bis vor einigen Jahren war der Beauftragte des Arbeitgebers lt. § 98 SGB IX a.F. noch in der jährlichen Anzeige zur Aus­gleichs­ab­gabe einzutragen, was dann leider ab­ge­schaft­­ wurde – warum auch immer.

Praxishinweise
"Für die Praxis ist von Bedeutung, dass die SBV die Nichtbestellung nach § 178 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IX als Verstoß gegen ein zu Gunsten schwerbehinderter Menschen geltendes Gesetz beanstanden kann. Ri­si­ko­reich­ wird das Unterlassen für den Ar­beit­ge­ber­, wenn der fehlenden Bestellung eine Indizwirkung im Sinne von § 22 AGG bei­ge­mes­sen­ wird. Dann machen ab­ge­lehn­te­ Be­wer­ber/innen von der Be­nach­tei­li­gungs­ver­mu­tung­ Gebrauch und verlangen nach § 164 Abs. 2 SGB IX iVm § 15 AGG Schadensersatz oder Ent­schä­di­gung­". (Düwell, LPK-SGB IX, § 181 Rn. 8).

Haben SBV bzw. BR/PR moniert und Ar­beit­ge­ber­ ignoriert, werden ihm das die Ar­beits­rich­ter­ in ei­nem­­ AGG-Verfahren als vor­sätz­li­ches­ Un­ter­las­sen­ vorhalten, und werden dieses bei der Höhe der Ent­schä­di­gung­ wegen Verfahrens­dis­kri­mi­nierung ge­büh­rend­ zu berücksichtigen haben.

Hinweis für öffentlichen Dienst
Die Bestellung bzw. Abberufung von Inklusionsbeauftragten bedarf der Mitbestimmung des Personalrats in Baden-Würt­tem­berg nach § 75 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. e) LPVG BW.

Die Bestellung bzw. Abberufung von Inklusionsbeauftragten bedarf der Mitwirkung des Personalrats in Bayern nach dem Art. 76 Abs. 1 Nr. 9 BayPVG.

Viele Grüße
Albin Göbel
arcus
Beiträge: 78
Registriert: Freitag 7. November 2014, 15:26

Re: Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers

Beitrag von arcus »

Lieber Albin Göbel,

vielen Dank für den Hinweis.
annette.rosenberg
Beiträge: 157
Registriert: Montag 6. Februar 2012, 14:36

Kein Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers

Beitrag von annette.rosenberg »

Das LAG Nürnberg, 11.09.2024, 4 Sa 178/23, hat folgenden Rechtssatz aufgestellt, wonach die nicht erfolgte Bestellung eines Inklusionsbeauftragten nach dem § 181 SGB IX keine Diskriminierung - wegen Behinderung - indiziere (entgegen LAG Hamm vom 13.06.2017, 14 Sa 1427/16). Revision ist anhängig beim BAG – 8 AZR 276/24. Inklusionsbeauftrage haben u. a. darauf zu achten, dass sbM nicht diskriminiert bzw. nicht benachteiligt werden. Die pauschale Abweisung der Klage durch das LAG Nürnberg vom 11.09.2024 - 4 Sa 178/23, erscheint mir ziemlich fragwürdig. Terminvorschau.

Darüber hinaus sei laut dem § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen – inwieweit eine Verletzung der Beteiligungsrechte der SBV (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) eine Indizwirkung gemäß § 22 AGG begründe.

Diese krasse Fehlentscheidung kann jedenfalls mit dieser Begründung keinen Bestand haben – soweit rechtzeitig schriftlich geltend gemacht.

Viele Grüße
Annette
MatthiasOtto
Beiträge: 16
Registriert: Freitag 25. März 2022, 16:14

Re: Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers

Beitrag von MatthiasOtto »

Hierzu das Sitzungsergebnis des BAG:
Das Urteil des LAG wurde im Hinblick auf die Zurückweisung der Entschädigung wegen zweier Abmahnungen, der Versetzung in Wechselschicht und die Zuweisung einer Tätigkeit aufgehoben. Im Übrigen wurde die Revision zurückgewiesen.
annette.rosenberg
Beiträge: 157
Registriert: Montag 6. Februar 2012, 14:36

BAG, 26.06.2025 - 8 AZR 276/24

Beitrag von annette.rosenberg »

Benachteiligung wegen einer Behinderung –
und der nicht bestellte Inklusionsbeauftragte


• Kein Inklusionsbeauftragter:
Das Urteil des BAG vom 26.06.2025 - 8 AZR 276/24, liegt nun im Volltext vor. Danach wurde der höchst fragwürdige Rechtssatz des LAG Nürnberg, 11.09.2024 - 4 Sa 178/23, wegen Verletzung der gesetzlichen Pflicht zur Bestellung des Inklusionsbeauftragten zurückverwiesen in Rn. 38 ff. (Entscheidungsgründe II. 3. b bb) mit zahlreichen Recht­sprechungs- und ­Literaturnachweisen und im Leitsatz:
BAG hat geschrieben:Die Verletzung der sich aus § 181 SGB IX ergebenden Pflicht des Arbeitgebers, einen Inklusionsbeauftragten zu bestellen, kann ein Indiz im Sinne von § 22 AGG für den kausalen Zusammenhang zwischen der Schwer­be­hin­de­rung und einer Benachteiligung begründen. Das setzt jedoch voraus, dass durch die be­nach­tei­li­gen­de Maßnahme die spezifischen Belange schwerbehinderter Menschen betroffen sind.
• Keine Anhörung der SBV:
Aber auch Nichtanhörung der SBV kann Indiz für eine Benachteiligung sein (Rn. 37) Folglich wurden endlich diese_beiden Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt – entgegen Fehleinschätzungen dieses LAG Nürnberg.

Viele Grüße
Annette
jada.wasi
Beiträge: 535
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

Fehlender Inklusionsbeauftragter

Beitrag von jada.wasi »

Entscheidungsbesprechung
Fehlender Inklusionsbeauftragter kann Infiz sein
Unterlassene Beteiligung der SBV kann Indiz sein

Zustimmender Fachbeitrag B5-2025 von Prof. Dr. Kohte auf reha-recht zum BAG, 26.06.2025 – 8 AZR 276/24. Das BAG hat grobes Fehlurteil des LAG Nürnberg aufgehoben und wg fehlenden Feststellungen zurückverwiesen. Diese fehlenden Feststellungen sind im »fortgesetzten Berufungsverfahren« vom LAG Nürnberg nachzuholen.

Entgegen der Einzelmeinung des LAG Nürnberg zählt u.a. Verpflichtung des Arbeitgebers, nach § 181 SGB IX einen Inklusionsbeauftragten zu bestellen, zu den Verfahrens- und Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen, deren Verletzung ein Indiz iSv. § 22 AGG für den kausalen Zusammenhang zwischen der Schwerbehinderung und der Benachteiligung begründen kann (vgl. LAG Niedersachsen 12. Juli 2022 – 11 Sa 569/21; LAG Hamm 13. Juni 2017 – 14 Sa 1427/16; Pahlen in Neumann/Pah­len, 15. Aufl. SGB IX § 181 Rn. 1; Düwell in LPK-SGB IX, 6. Aufl. SGB IX § 181 Rn. 39; Vossen DB 2017, 2868). Gruß Jada Wasi
Antworten