TIPP: BEM-Kompass 2019 und Stufenweise Wiedereingliederung mit Fahrtkosten (Reisekosten)

Heidi Stuffer
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Fahrtkosten bei stufenweiser Eingliederung?

Beitrag von Heidi Stuffer »

Dienstleistungen
Leistungserbringer
Untersuchungsauftrag


SG Leipzig, 08.09.2021, hat geschrieben:Fahrtkosten zur Arbeitsstelle bei stufenweiser Eingliederung nach § 74 SGB V (nicht: Belastungserprobung nach § 42 SGB V) sind nicht durch die gesetzliche Krankenversicherung zu tragen (entgegen SG Dresden, Urteil vom 17.06.2020, Az. S 18 KR 967/19).
Hallo zusammen,

Rehaträger begründen ihre Ablehnung von Fahrkosten bei StW teils mit SG Leipzig 08.09.2021, S 22 KR 100/21. Das Fehlurteil, welches die h.M. ignoriert, ist nicht rechtskräftig; Berufung ist anhängig beim Sächs. LSG – L 1 KR 340/21. Entgegen SG Leipzig hat z.B. SG Kiel, 4.11.2016, S 3 KR 201/15 erkannt, dass sich der Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten nach SGB IX richtet – und nicht nach SGB V. Verurteilt wurde damals die Barmer Ersatzkasse (rkr.)

SG Leipzig, 08.09.2021, hat geschrieben:Die Krankenkasse gewährt, abgesehen von der durch fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bedingten Krankengeldzahlung, dabei gerade keine eigene Leistung (vgl. Sichert in Becker/ Kingreen, SGB V, 7. Auflage, § 74 Rz. 27, mit Darstellung des Streitstandes).
Das ist keine Darstellung des Streitstandes, sondern
bloße Mutmaßung („dürfte“) zum SGB IX von Sichert
ua mit mehrfach fehlerhaften SG/LSG-Aktenzeichen,
wobei Sichert BSG 2009 sowie BMAS 2019 ignoriert,
ebenso wie das LSG MV, 28.05.2020 – L 6 KR 100/15,
sowie das LSG NRW v. 05.02.2007 - L 3 R 39/06, und
LSG NRW vom 08. 06. 2020 – L 10 KR 299/20 NZB –
weil nichts davon zitiert, obwohl alles rechtskräftig.


Dass Berufung der verurteilten DRV gegen das SG Berlin vom 29.11.2018 angeblich anhängig sei beim LSG Berlin-Brandenburg – L 4 R 19/9 R, das ist reine Erfindung von Sichert (Rn. 27). Die von Sichert behaupteten praktischen „Zuordnungs- und Eingrenzungsschwierigkeiten“ der (ggf. täglich anfallenden) Fahrkosten gibts nicht lt. RSpr. Es ist Sache der GKV, endlich „Formulare“ anzubieten für Fahr­kosten bei StW, statt solche Schwierigkeiten zu beklagen. Die These in Rn. 27 zur „leistungsrechtlich angereicherten Interpretation“ von Sichert wurde schon 2016 von der Rspr. als nicht nachvollziehbar klar abgelehnt. Danach sollen nur Reisekosten im Zusammenhang mit einer „Begründung des Wiedereingliederungsverhältnisses und dem Unter­stützungs­management“ erstattungsfähig sein nach der Einzelmeinung von Sichert. Falsch auch das von Sichert erwähnte Akten­zeichen S 22 HR 100/21 des SG Leipzig, da nicht existent: Da hat wohl Dr. Markus Sichert v. „Bundesamt für Soziale Sicherung“ (BAS) in Bonn mehrfach „geschlampt“. Falsch auch die Schreibweise des Namens der renommierten Autorin „Nelissen“ (statt korrekt „Nellissen“) in Rz. 27

Da hat SG Leipzig offenbar lediglich unkritisch Hr. Sichert „nachgeplappert“, da selbstverständlich „eigene Leistung“, welche ohne die StW eben nicht anfallen würde, aus den nachfolgenden Gründen. Kann jeder im Internet nachlesen seit Jahrzehnten, eigens umrahmt zur Hervorhebung links neben der „Unterschrift des Arztes“ – auch auf der grünen „Ausfertigung für die Krankenkasse“ (KBV-Muster 20b):

:idea: Leistungserbringer
„Für die Erstellung des ärztlichen Wiedereingliederungs­planes ist die Nr. 01622 EBM berechnungsfähig“ laut dem amtlichen Stufenplan. Das heißt, der Vertragsarzt schreibt GKV eine Rechnung. Zweifelsohne Leistung der GKV für StW (nicht bloße Maßnahme, entgegen frei erfundenen „Feststellungen“ bzw Unterstellungen dieses SG Leipzig). Seine gegenteilige Behauptung hat das SG Leipzig nicht begründet – sondern lapidar und unkritisch auf Sichert in Becker / Kingreen, SGB V, 7. Auflage 2020, § 74 Rn. 27, verwiesen. Dessen Kommentar und reine Mutmaßungen („dürfte“) zum SGB IX in der Rn 27 haben Sozialgerichte sowie mehrere Landessozialgerichte schon seit 2016 für nicht nachvollziehbar erklärt und sodann verurteilt. Auch hat_Sichert offenbar falsches AZ: L 4 R 19/9 R für LSG Berlin-Brandenburg angegeben, welches nicht existiert: Richtig ist – dass die verurteilte Beklagte ihre Berufung zurückzog. Ebenso wurde die Berufung zurückgezogen beim_LSG NRW – L 16 KR 786/16 von der verurteilten Krankenkasse. Auch die Berufung LSG NRW - L 10 KR 370/20 hat sich erledigt, da GKV zurückgerudert ist per Anerkenntnis der Pkw-Wegstreckenentschädigung und ihre_Fehlbescheide selbst aufgehoben hat – um einer (klar_absehbaren) Verurteilung durch‘s LSG Nordrhein-Westfalen zuvorzukommen. Zuvor hatte das LSG der beklagten IKK mitgeteilt, dass deren Auffassung, die StW_„stelle keine leistungsrechtliche Maßnahme der Krankenkasse“ dar, erhebliche Bedenken begegnen würden. Auffallend dabei ist generell, dass verurteilte Rehaträger sich offenbar seit jeher scheuen, Revision beim_BSG herbeizuführen wegen Fahrkosten. Zu der obergerichtlichen Rspr. vgl. auch Wikipedia, Abschnitt „Berufungsgerichte“. Ebenso bereits Gagel, B1-2010:Wesentliches Strukturelement ist also Planung und Überwachung durch den behandelnden Arzt.“
Die StW setzt zwingend „ärztliche Untersuchung“ voraus gemäß dem § 7 Absatz 1 der AU-Richtlinie („Deshalb darf diese Feststellung nur aufgrund ärztlicher Untersuchung erfolgen“) – was von GKV dem Vertragsarzt natürlich zu honorieren ist. Wie Sichert u. SG Leipzig dazu kommen, dennoch StW nicht als Leistung der GKV zu bezeichnen, entzieht sich den Denkgesetzen der Logik: Wer soll das verstehen? Das ist ein aus Gründen der Logik schlechthin unmöglicher Schluss. Oder untersuchen und planen und bewerten, „verordnen“, bescheinigen, „überwachen“ dort Leipziger Ärzte als „Leistungs­erbringer“ bei der StW „für Gottes Lohn“?[/Ironie off]

:idea: Untersuchungsauftrag
In AU-Richtlinie (Anlage zur StW) ist angeordnet:
5. „Während der Phase der StW sind Versicherte in re­gel­mäßigen Abständen von der behandelnden Vertragsärztin oder vom behandelnden Vertragsarzt auf die ge­sund­heit­li­chen Auswirkungen zu untersuchen“ Das haben Sichert und dieses SG Leipzig vollkommen ignoriert und komplett ausgeblendet, obwohl verbindlich ‼️ laut dem § 7 Abs. 1 Satz 3 AU-Richtlinie („sind zu beachten.“). Auch insoweit haben Sichert und SG Leipzig schwer versagt und vielen Versicherten geschadet und diese in die Irre geführt und einen Bärendienst erwiesen. Hat denn keiner von denen und_von den Rehaträgern die AU-Richtlinie je gelesen?

Gagel/Schian, Behindertenrecht 2/2006 Nr. 3.a S. 54/55: („Da es sich um eine therapeutische Maßnahme handelt, muss auch klargestellt werden, in welcher Weise Arbeit ärztlich zu überwachen ist, welche Gefährdungen zu beachten sind und wann ein Abbruch zu erfol­gen hat.“)

:idea: Sachleistung / Dienstleistung
Auch fallen Arzthonorare an für die laufende medizinische Beurteilung (Sichert, Rn 18) und Untersuchungen (Sichert Rn. 12) des arbeitsunfähigen Rehabilitanden während der gesamten Dauer der StW. Auch BAR-Arbeitshilfe zur StW: „Wiedereingliederungspläne sind laufend medizinisch zu überprüfen und im Bedarfsfall an die individuellen gesund­heitlichen Erfordernisse des Arbeitnehmers anzupassen." (siehe Abschnitt 1.4.4) Zu den „regelmäßigen" ärztlichen Untersuchungen durch den behandelnden Arzt zu den gesundheitlichen Auswirkungen der StW Nummer 5 der verbindlichen amtlichen „Empfehlungen zur Umsetzung stufenweiser Wiedereingliederung" vom Gemeinsamen Bundesausschuss. Der Vertragsarzt ist verantwortlich laut_BMI und LG Kob­lenz, 25.01.2018 - 1 O 359/16, für fortlaufende medizinische Überwachung. StW stellt sich damit als unverzichtbarer Teil der ärztlichen Diagnostik dar_und ist insoweit auch Leistung der Krankenkasse entgegen dem SG Leipzig. Die StW stellt demnach eine leistungsrechtliche Maßnahme der GKV dar per Sach- sowie Dienst­leistung durch den Vertragsarzt der GKV laut § 2 Abs. 2 SGB V, die „nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden“.
DRV: Das ist bekanntlich auch explizit nachzulesen zB in GRA zu § 44 SGB IX, Abschnitt 7, der DRV wie folgt: „Die Kosten für eine evt. erforderliche Anpassung des Wieder­ein­glie­derungs­plans durch den behandelnden Arzt übernimmt der Rentenversicherungsträger. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den Regelungen für Befundberichte.“
„Stufenweise Wiedereingliederung ist eine eigenständige medizinische Reha-Leistung i. S. d. § 64 SGB IX“ (vergl. nur Prof. Dr. Luik, Richter am BSG, LPK-SGB IX, 6. Aufl. 2022, § 44 Rn. 7 und 28 m.w.N. entgegen SG Leipzig). Gutachtliche „Anmerkungen“ von Prof. Dr. Katja Nebe auf reha-recht.de Ebenso ausdrücklich auch BMAS vom 9. Mai 2019, Va3-96, wörtlich auf frag-den-staat.de wie folgt: „Die stufenweise Wiedereingliederung ist eine Leistung der medizinischen Rehabilitation …“ Das SG Leipzig ignoriert hier letztlich im Ergebnis BSG, B 5a/5 R 26/07 R (Rn. 20) und BSG, B 5 R 44/08 R (Rn. 38), wonach die StW selbst zum „Katalog der medizinischen Reha-Leistungen“ zählt und eine „Leistung der_medizinischen Rehabilitation“ tatsächl. und rechtl. ist schon seit über 20 Jahren nach SGB IX 2001 und BTHG, also das Rad zurückdrehen will über zwei Jahrzehnte …
:( Das alles haben Dr. Sichert und SG Leipzig ignoriert sowie ausgeblendet: Seit 01.07.2001 wurde speziell für Reisen im Zusammenhang mit zulasten der ­GKV durch­geführten Rehaleistungen gerade „der Leistungs­rah­men erheblich erweitert - und zwar durch § 7 Abs. 1 SGB IX i.V.m. § 60 Abs. 5 SGB V n.F. ( Siegfried Wurm in Schell (BMAS), SGB IX § 73 Rz. 11 und 12)

LSG Thüringen, 1.8.2013, L 6 KR 299/13 NZB
Soweit Gerichte meinen, dass beim Rehabilitationssport keine Fahrkosten zustehen und daher auch nicht bei StW (so_aber LSG Thüringen, 1.8.2013, L 6 KR 299/13 NZB, „zitiert“ vom SG Leipzig im Tatbestand), ist die Schluss­folgerung klar abzulehnen nach BSG, weil Vergleich von Äpfel und Birnen, da die StW gerade keine ergänzende Leistung ist – sondern vielmehr med. Reha-Leistung. Die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch‘s Thüringer LSG war klar rechtswidrig. Vgl. z.B. LSG NRW, Beschluss vom 08.06.2020 – L 10 KR 299/20 NZB – mit (zugelassener) Beschwerde der Versicherten gegen SG Köln, 24.01.2020, S 26 KR 667/19, wie folgt:
„Auf Beschwerde der Klägerin gegen Nichtzu­lassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.1.2020 wird Berufung zugelassen, da der Senat dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 144 Abs. 2 SGG).“ Zudem Divergenz zu LSG NRW, 5.2.2007, L 3 R 39/06, bestätigt durch‘s BSG v. 29.01.2008 - B 5a/5 R 26/07 R: „Stufenweise Wiedereingliederung zählt zum Katalog der_medizinischen Reha-Leistungen“ (Rn. 20)

SG Leipzig, 09.03.2022, S 22 KR 570/21 ?
SG Leipzig hat geschrieben: Leitsatz: 1. Fahrtkosten zur Arbeitsstelle bei stufenweiser Eingliederung nach § 74 SGB V (nicht: Belastungserprobung nach § 42 SGB V) sind nicht durch die gesetzliche Kran­ken­ver­si­cherung zu tragen (entgegen SG Dresden, Urt. vom 17.06.2020 - S 18 KR 967/19).
2. Denn die stufenweise Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit ist zwar eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation, aber ebensowenig wie die Erwerbstätigkeit selbst eine Leistung des Rehabilitationsträgers. Die Zielsetzung der Wiedereingliederung wird mit der Leistung des vollen Krankengeldes unterstützt (entgegen LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.05.2020 - L 6 KR 100/15).
Ebenso abzulehnen SG Leipzig, 09.03.2022, S 22 KR 570/21, Rn. 16 – nach juris, das den Senaten des BSG vorgebliche begriffliche „ungenaue Gleichsetzung“ von „Maßnahme“ und_„Leistung“ unterstellt. Die Berufung wurde_zugelassen für „behinderten“ Postzusteller. SG Leipzig arbeitet sich an SGB V ab statt sich gezielt aufs (einschlägige) SGB IX zu konzentrieren für behinderte Rehabilitanden, also erneut am Thema vorbei. Gegen Fehlurteil SG Leipzig, Urteil vom 09.03.2022, S 22 KR 570/21, hat behinderte Versicherte Berufung ein­gelegt beim_LSG Sachsen – L 9 KR 102/22.
:?: Wer hat ähnliche Erfahrungen gemacht mit solchen zahlungsunwilligen gesetzlichen Versicherungen sowie Sozialgerichten bei Fahrkosten zur StW als behinderter, schwerbehinderter oder nichtbehinderter Beschäftigter – etwa im Widerspruchs-, Klage- bzw. Berufungsverfahren oder evtl. Sprungrevision? Bitte ggf. kurz berichten, weil von_allgemeinem Interesse – bundesweit. Mit welchen „Argumenten“ hat GKV oder DRV abgelehnt? Danke!

Zum Antrag auf Erstattung der Fahrkosten vgl. RdSchr. 8/2019 Seite 3 „Hauptschwerbehindertenvertretung“ Sabine Schwarz aus Berlin auf berlin.de (am Ende)

Beste Grüße
Heidi Stuffer
annette.rosenberg
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Fahrtkosten bei stufenweiser Eingliederung?

Beitrag von annette.rosenberg »

BMAS, Va3-96/19, hat geschrieben:Die stufenweise Wiedereingliederung ist eine Leistung der medizinischen Rehabilitation …
Der Ansicht von Heidi Stuffer ist voll zuzustimmen lt. BSG. Die StW ist (ebenso wie sog. „Belastungserprobung“) eine Leistung med. Reha – entgegen SG Leipzig. So sieht dies auch der vom SG Leipzig selbst zitierte Prof. Dr. Welti (1 b aa) in Soziale Sicherheit 11/2018, Seite 466, Fußnote 227. Welti stützt folglich gerade nicht die Einzelmeinung zur StW der Leipziger Sozialrichter, die klar abzulehnen ist laut h.M. Beides steht im SGB IX in Kap. 9 – Leistungen med. Reha. (§ 42 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX und § 44 SGB IX) Ebenso auch Deinert/Welti/Luik, Behindertenrecht, StW, auf reha-recht Ferner Jabben (DRV), in Neumann / Pahlen, SGB IX, 14. Auflage 2020, § 44 Rn. 11. Entgegen SG Leipzig gehts bei StW (gleichfalls) auch darum, dass der Rehabilitand seine Leistungsfähigkeit bzw. Belastbarkeit „tatsächlich erprobt“ laut BAG, 13.06.2006, 9 AZR 229/05, Rn. 35, mit dann ggf. individuellen ärztlichen Nachjustierungen – weil nur so die StW Sinn mache.

Jedenfalls hat das BSG, 21.03.2007 – B 11a AL 31/06 R, längst grundsätzlich geklärt, wonach die StW gerade kein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn ist. Vielmehr nimmt der Versicherte typischerweise nur die Gelegenheit wahr – die berufliche Belastbarkeit zu prüfen und zu erproben anhand einer quantitativ bzw. qualitativ verringerten Tätigkeit unter obligater ärztl. Untersuchung, Prognose, Planung, Überwachung, Verantwortung. Also stehen anders als bei einem Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne – die therapeutischen und die rehabilitativen Zwecke klar im Vordergrund. Sie dient der “Erprobung und dem Training der Leistungsfähigkeit des arbeits­unfähigen Versicherten“, so Prof. Dr. Peter Trenk-Hinterberger 2003 – und gehört „zu den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation“ (Seite 151 am Ende). Die Schriftenreihe (Band 103), 31. Aufl., wurde vom BM für Gesundheit und Soziale Sicherung gefördert. Auch Prof. Martin Löschau, DRV-Studientext Nr. 12, Leistungen zur Teilhabe, 2021, Kap. 4.5, Seite 35: „Als weitere Form der Leistung zur medizinischen Rehabilitation ist in der DRV stufenweise Wiedereingliederung („Hamburger Modell“) vorgesehen“. Widersprüchlich zu den eigenen Schulungs­unterlagen behauptet diese DRV das genaue Gegenteil, wonach StW keine Leistung der med. Reha sei, sondern vorgeblich „ergänzende Leistung“.

Der Umstand, wonach im Recht der GKV mit § 74 SGB V schon seit 1989 und weiterhin ausdrückliche Regelung zur stufenweisen Wiedereingliederung enthalten ist, während sich zum Bsp. im_SGB VI keine entsprechende Vorschrift findet, besagt nichts Gegenteiliges (vgl. Orientierungssatz des BSG 29.01.2008, B 5a/5 R 26/07 R). § 44 SGB IX gilt dabei für alle med. Rehabilitationsträger einheitlich, also auch für die Gesetzlichen Krankenkassen laut BMAS. Im Übrigen hat das SG Leipzig verkannt, dass § 60 Absatz 5 SGB V nicht auf den § 73 Absatz 1 bis 3 SGB IX verweist, sondern auf § 73 Absatz 1 und 3 SGB IX, da Abs. 2 keine med. Reha-Leistung ist und noch nie eine war. Dieses SG sollte endlich mal seine (veralteten) Textbausteine kritisch überprüfen, statt dem BSG und dem LSG MV „begrifflich“ Ungenauigkeiten vorzuhalten bzw. zu unterstellen: Da ist diesem BSG keine „begrifflich ungenaue Gleichsetzung“ unterlaufen – sondern dem SG Leipzig ein „Denkfehler“ (zuletzt SG Leipzig vom 09.03.2022, S 22 KR 570/21).

DRV (GRA SGB IX) hat geschrieben: 7 Ergänzende Leistungen, zum Beispiel Fahrkosten … kommen nicht in Betracht. Die stufenweise Wiedereingliederung ist selbst eine die eigentliche Reha-Hauptleistung ergänzende Leistung.
Das stimmt nicht mit der Rechtsprechung des BSG überein: Entgegen DRV-Ansicht ist StW - gerade nicht - er­gän­zen­de Leistung: So schon LSG NRW, Urteil vom 05.02.2007, L 3 R 39/06 – LS 2: „Die stu­fen­wei­se Wie­der­ein­glie­de­rung ist eine eigenständige Leistung der me­di­zi­ni­schen Reha­bi­li­tation und nicht eine ergänzende Leistung.“ Da die GKV und DRV die BSG-RSpr. verbreitet „ignorieren“, ist Rechtsaufsicht im BAS bzw BMAS gefordert, Farbe zu bekennen und endlich ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen.

Anhängige Berufungen (LSG Sachsen)
Die StW steht bekanntlich in Kapitel 9 (Leistungen zur med. Rehabilitation) und gerade nicht im Kapitel 11 (Ergänzende Leistungen) – im Gegensatz z.B. zum Rehabilitationssport nach § 64 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX. Da StW nicht im Kapitel 11 platziert – ist sie folglich auch keine „ergänzende Leistung“ i.S.d. Kapitels 11. Man darf gespannt sein – wie und wann der Streit zwischen SGB V- sowie SGB IX-Experten endet. Eine „Berufung“ soll anstehen bei dem Sächsischen LSG gegen das SG Dresden vom 17.6.2020, S 18 KR 967/19. Weitere Berufung ist anhängig gegen das SG Leipzig bei Sächs. LSG – L 1 KR 340/21. Ferner Berufung anhängig gegen das SG Leipzig, Urteil vom 09.03.2022, S 22 KR 570/21, beim Sächs. LSG, L 9 KR 102/22. Gruß Annette
annette.rosenberg
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Fahrtkosten bei stufenweiser Eingliederung mit Selbstbeteiligung zum Rehabilitationsort?

Beitrag von annette.rosenberg »

Hallo zusammen,

hier neuer Forumsbeitrag der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zu Fahrkosten bei StW zur Praxis einer AOK – wonach vorgeblich 10 Euro Selbstbeteiligung pro „Fahrt“ bei StW. Hat jemand Ähnliches erlebt mit seiner Krankenkasse bei StW wie Karl, wonach der Antrag erst ignoriert wurde, und dann vorgebliche Selbstbeteiligung? Das hieße bei einer 5-Tage-Woche, dass bei Fahrkosten unter 400.- Euro mtl. diese Krankenkasse bei StW nichts erstatten würde für diese 40 Fahrten – mal überschlägig gerechnet.

Das verstößt eklatant gegen das Gemeinsame Rdschr. der GKV-Verbände vom 18. Juni 2001 i.d.F. vom 1. April 2019, § 73 SGB IX n.F. – Anmerkung 3.1 zur Eigenbeteiligung für Pendelfahrten zum Rehabilitationsort: „Eine Eigenbeteiligung der Versicherten an den Reisekosten ist im Rahmen des § 73 SGB IX nicht vorgesehen.“ Demnach wohl reine Willkür.

Erinnert schon sehr an die frühere Praxis der DRV mit ihren rechtswidrigen Merkblättern - trotz „eindeutiger Rechtslage“, bis das LSG NRW 2014 deren eigenmächtiges Gebaren zu Reisekosten (Pendelkosten) bei Rehamaßnahmen stoppte (NPM-SGB IX, 12. Aufl. 2010, § 53 Rn. 8) als reine Willkür „nach eigenen Regeln“ ohne gesetzliche Grundlage.

Eine Pauschalierung wurde 2004 eingeführt, § 53 Abs. 4 SGB IX a.F. - nunmehr nach div. Änderungen § 73 Abs. 4 SGB IX. Dass in § 60 Abs. 5 SGB V nicht auch auf § 53 Abs._4 SGB IX (jetzt § 73 Abs. 4 SGB IX n.F.) verwiesen wird, da dürfte es sich um „redaktionelles Versehen“ des Gesetzgebers handeln (NPM-SGB IX, 12 Aufl. 2010, § 53 Rn. 17 – mit Rechtsvergleichen zur DRV, GUV und KOF, wonach dort jeweils „vollinhaltliche“ Verweisung auf den ganzen damaligen § 53 SGB IX a.F. seit 2004 (jetzt § 73 SGB IX n.F.) Die GKV ist der einzige der 6 Träger med. Reha, welcher nicht zugleich auch für „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ nach dem § 5 Nr. 2 SGB IX zuständig ist – weshalb Ver­weisung in § 60 Abs. 5 Satz 1 SGB V vor 2019 klar fehlerhaft war, was SG Leipzig aber offenbar noch immer grandios verkennt. Gruß Annette
annette.rosenberg
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Fahrtkosten bei Stufenweiser Eingliederung?

Beitrag von annette.rosenberg »

Hallo zusammen,

kritische „Anmerkung“ von Linda Albersmann zu SG Leipzig vom 8. September 2021 – S 22 KR 100/21, Fachbeitrag A5-2022 auf reha-recht.de Diese Autorin hat überzeugend und „akribisch“ sowie mit zahlreichen Belegen herausgearbeitet, dass und warum die StW eine Leistung medizinischer Reha der Krankenkasse ist – entgegen den zwei Fehlurteilen des SG Leipzig, zuletzt Urteil vom 09.03.2022, S 22 KR 570/21. Der vor Jahrzehnten gebrauchte Begriff „Maßnahmen“ zur StW in alten KBV-Formularen 20 wurde längst abgeschafft, wird aber (weiterhin) in den AU-Richlinien eher irreführend gebraucht für das gesetzliche Konzept der StW: Im Gesetz kommt der Begriff “Maßnahme“ in diesem Zusammenhang überhaupt nicht vor (auch nicht „Handlungsmodell“ – da ja individuell zu verordnen ist mit ärztlicher Prognose und da regelm. medizinisch vom Vertragsarzt zu überwachen ist – also eben gerade nicht stereotyp bzw. gedankenlos nach „Schema F“).

Das SG Leipzig, 09.03.2022, S 22 KR 570/21, meinte: „Die Eingliederung wird vollzogen, aber nicht geleistet, jedenfalls nicht von der Krankenkasse.“ Das ist verkürzte Darstellung: Das Sozialgericht Leipzig verkennt ua Dienstleistungen des behandelnd. Vertragsarztes vor und während der gesamten Dauer der StW (ausf. Abschn. V.1.a der Anmerkungen mit Verweis ua auf zentrale Rolle des Arztes für Stufenplan mit Untersuchung / Prognose, § 7 AU-RL, BAG, OLG Kob­lenz zur Verantwortlichkeit des Arztes mit Arzthaftung und B­AR).
Es gibt kein einziges obergerichtliches Urteil, wonach kein Anspruch auf Fahrkosten bei einer StW bestünde

DVfR, Anm. A5-2022, hat geschrieben:„Der Wiedereingliederungsplan ist kontinuierlich medizinisch zu überprüfen und den individuellen Gegebenheiten entsprechend hinsichtlich Arbeitstempo, Arbeitsumfang und Arbeitsinhalt anzupassen. Es handelt sich um einen andauernden Prozess mit anspruchsvollem Programm. Insbesondere muss überwacht werden, ob sich die Situation des Rehabilitanden abweichend der Prognose entwickelt. Entsprechende Änderungen sind unverzüglich vorzunehmen oder die Wiedereingliederung abzubrechen. Die StW darf in keinem Fall nachteilige gesundheitliche Folgen für den Rehabilitanden haben.“ (Abschnitt V.1.a)
Auch Jabben (DRV) und Löschau (DRV) sehen die StW als med. Rehaleistung an. So auch BMAS für Krankenkassen: „Die stufenweise Wiedereingliederung ist eine Leistung der medizinischen Rehabilitation. § 44 SGB IX gilt dabei für alle Rehabilitationsträger einheitlich, auch für die Gesetzlichen Krankenkassen.“ Ebenso Wurm (GKV), wonach StW med. Rehaleistung. Offenbar meint SG Leipzig, dass Leistungen der Krankenkasse zur medizinischen Reha „abschließend“ in_den §§ 40 bis 43 SGB V aufgeführt seien - und SGB IX (Teil 1) selbst für Behinderte insoweit nicht anwendbar sei entgegen BMAS und h.M. Diesen haltlosen und vielfach in der Wissenschaft und Lehre scharf kritisierten juristischen „Unsinn“ haben sich GKV-Verbände vor Jahrzehnten mal ausgedacht (GR vom 18.06.2001 i. d. F. vom 01.04.2019 zum § 73 SGB IX) und seither nicht der RSpr. angepasst.

Selbstverständlich hat die GKV "Leistungen" zur StW zu erbringen, aber nicht nur „flankierende“ Leistungen wie „Beratung, Organisation und Koordination“. Der Beratung kommt sie (wie viele andere med. Rehaträger samt ihrer Spitzenverbände) aber nur recht rudimentär nach, weil sie sich zu Fahrkosten in der Beratung und im Web bei StW komplett ausschweigt - trotz ständiger Rspr. zum Anspruch auf Fahrkosten entgegen den gesetzlichen grundlegenden Aufklärungspflichten laut § 12 SGB IX. Dies wird auch in DVfR-Fachforen scharf kritisiert, da so Anträge ihrer versicherten Rehabilitanden zur Geltendmachung von Fahrkosten gezielt vereitelt werden.

Ferner setzt sich die Autorin kritisch mit Fehlbeschluss des LSG Erfurt, 01.08.2013 - L 6 KR 299/13 NZB, auseinander (an dem sich das Sozialgericht Leipzig unkritisch orientiert) und zeigt die Schwachstellen dieser Fehlentscheidung auf. Daher sehr lesenswerter Beitrag für jede SBV zu den drei haltlosen Gerichtsentscheidungen aus Thüringen und aus Leipzig. Gegen SG Leipzig, Urteil vom 08.09.2021 hat der Versicherte Berufung eingelegt beim LSG Sachsen. Gegen das Fehlurteil des SG Leipzig, Urteil vom 09.03.2022, S 22 KR 570/21, hat der behinderte Postzusteller Berufung ein­gelegt beim LSG Sachsen – L 9 KR 102/22. Der wohl nie veröffentlichten haarsträubenden Mär des LSG Thüringen aus dem Jahr 2013 mit 3-fach falschem Ansatz fehlt jede Glaubwürdigkeit:

:shock: Bizarre GKV-Thesen
Entgegen dem BMAS 2019 und BSG-Senaten 2009 – sieht diese beklagte gesetzliche Krankenkasse die StW nicht mal als medizinische Rehabilitation an, sondern ausdrücklich als „Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben“. Da fehlt offenbar insoweit jegliches „Grundwissen“ bei dieser GKV schon seit Jahrzehnten zu schwerbehinderten und behinderten sowie nichtbehinderten Versicherten seit SGB IX 2001, bzw. nun BTHG 2016.

Zusammenfassung
Die Autorin Linda Albersmann setzt sich im Beitrag kritisch mit SG Leipzig (Urt. v. 08.09.2021 – S 22 KR 100/21) zur Erstattung von Fahrtkosten durch die Krankenkasse im Rahmen StW (§ 74 SGB V, § 44 SGB IX) auseinander.
„Anders als das SG ordnet sie StW als selbständige Leistung der medizinischen Rehabilitation ein. Zudem betont_die Autorin, dass das SGB IX auch in Bezug auf Krankenkassen Anwendung findet. Die Existenz von § 74 SGB V als eigene leistungsrechtliche Regelung zur StW ändere nichts an der Anwendbarkeit des § 44 SGB IX.“
„Der Anspruch auf Fahrkostenerstattung gegen die Krankenkasse resultiere daher aus § 60 Abs. 5 SGB V i. V. m. §§ 64 Abs. 1 Nr. 5, 73 SGB IX. Der Grundsatz des § 7 SGB IX stehe der Anwendung der Regelungen des SGB IX aufgrund der ausdrücklichen Bezugnahme auf § 73 Abs. 1 und 3 SGB IX in § 60 Abs. 5 SGB V nicht entgegen.“

Petition 13/6247 (AOK BW)
Abzulehnen folglich auch die Denkfehler im Fehlbeschluss der LT-Drs. 14/78 Ba-Wü. von 2006, Nr. 24 (Sei­te 40 – 41). Danach wird unterstellt, dass die StW „keine medizinische Rehabilitationsleistung“ sei – weil „betriebsbezogen“. Das genaue Gegenteil folgt ua aus BSG, 29.1.2008, B 5a/5 R 26/07 R (Rn. 20), sowie BSG, 30.10.2009, B 5 R 44/08 R (Rn. 38) – und zwar schon seit 1.7.2001, wonach die StW selbst zum „Katalog der medizinischen Reha-Leistungen“ zählt und eine „Leistung der medizinischen Rehabilitation“ seit über 20 Jahren ist gemäß SGB IX 2001 sowie BTHG, kürzlichen gutachtlich belegt sowie wissenschaftlich nach­gewiesen im Fachbeitrag A5-2022 vom 24.06.2022 – mit zahlreichen Nachweisen.

Denkfehler – da Mehraufwand durch StW
Die Berichterstatterin Grünstein meinte: „Vom Gesetzgeber ist ein Anspruch auf Fahrkosten jedoch im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung nicht vorgesehen, da in der Regel durch Fahrten zur Arbeitsstätte auch keine (krankheitsbedingten) Mehraufwendungen entstehen.“ Diese Begründung von Grünstein ist völlig daneben und abwegig, da gerade durch die regelmäßigen Pendelfahrten zum Rehabilitationsort (Betriebsstätte) bei StW selbstverständlich finanzielle Mehraufwendungen anfallen, die ohne StW eben nicht anfallen würden. Solche unsinnige bzw. lebensfremde Erwägungen können dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Wer hat schon eine Betriebswohnung im Betrieb oder unmittelbar daneben – oder Dienstwagen, der vom Arbeitgeber inkl. Benzin komplett finanziert wird?

Rhetorische Scheinfragen
"Wer bezahlt ihnen denn das wenn sie arbeiten gehen?"
Manche Krankenkassen wie die BIG wimmeln wohl ab ohne Begründung mit rein rhetorischer Gegenfrage – so als käme es sozialrechtlich laut SGB IX darauf an - im Wortlaut zitiert:
„Wir bezahlen kein Fahrgeld zum "Hamburger Modell." "Warum nicht?" "Wer bezahlt ihnen denn das wenn sie arbeiten gehen?" Es wird so getan, als hätte die StW keine rehabilitativ-therapeutische Zweckrichtung entgegen BMAS (Ministerialrat Dr. Hartmut Haines sowie Regierungsdirektor Olaf Liebig) in einer Klarstellung des Jahres 2006 zur StW: „Vor dem Hintergrund der rehabilitativen Zweckrichtung des Eingliederungsverhältnisses und der Unwägbarkeiten des Rehabilitationsprozesses muss es dem Arbeitnehmer jederzeit möglich sein, die StW quantitativ und qualitativ zu reduzieren oder ganz niederzulegen. Dies würde dem Zweck der StW widersprechen, wenn der Arbeitgeber einen mit der Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers einhergehenden durchsetzbaren Anspruch auf die Arbeitsverrichtung des im Rechtssinne weiterhin Arbeitsunfähigen hätte“ nach Haines und Liebig vom BMAS. Es wird also von dieser KK mit ihrer rein rhetorischen Frage noch immer so getan und letztlich die irreführende Behauptung in den Raum gestellt, als wäre die StW eine Teilzeitbeschäftigung eines Gesunden und keine Rehabilitation eines arbeitsunfähig Erkrankten – also eine durchsichtige „Scheinfrage“ und Vergleich von Äpfeln mit Birnen, obwohl beides nicht vergleichbar.

:shock: Die pauschale „Experten-Antwort“ der DRV, 25.10.2016, wonach die StW eine „ergänzende Leistung“ sei und folglich die Erstattung der Fahrkosten „nicht in Betracht“ komme, ist frei erfunden. Das ist grober Unfug und reine Desinformation laut obergerichtlicher und höchstrichterlicher BSG-RSpr. und h.M. (siehe unten). Das ist m.E. plumpe „Volksverdummung“.

:idea: NEU: BAR-Frankfurt 2022
Im neuen BAR-Wegweiser 2022 Rehabilitation und Teilhabe wird im Kapitel 1.3.2.1 (Seite 63) nun folg. Ansicht vertreten: [Seite 63] „Die stufenweise Wiedereingliederung ist formal eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation.“ Ferner auch Rehadat-Lexikon, wonach die StW eine „Leistung der medizinischen Rehabilitation“ ist. Das ist aber nicht lediglich „formal“ eine med. Rehaleistung, sondern auch tatsächliche GKV-Rehaleistung, wie oben von Heidi Stuffer anschaulich mit einem Schuss Ironie sehr schön aufgelistet. Siehe dazu auch BAR, FAQ IV.3, wonach grundsätzlich „Anspruch“ auf Fahrkostenübernahme bei StW („im Grundsatz ja“)

Bundessozialgericht
So schon BSG v. 29.01.2008 – B 5a/5 R 26/07 R, Rn. 20: »Stufenweise Wiedereingliederung zählt zum Katalog der medizinischen Reha-Leistungen, die vom Ren­ten­ver­si­che­rungs­trä­ger zu erbringen sind« und z.B. BSG, 20. Oktober 2009 – B 5 R 44/08 R, Rn. 38, wonach »die stufenweise Wiedereingliederung nunmehr ausdrücklich als eine auch von der Rentenversicherung zu erbringende Leistung der medizinischen Rehabilitation« ab 01.07.2001 mit SGB IX eingeführt wurde – vor über 20 Jahren. Das haben diese Leipziger Sozialrichter noch immer nicht „gecheckt“ 2021 sowie 2022. Vgl. auch SG Dresden, 17.6.2020, S 18 KR 967/19. Vgl. BSG, 21.03.2007, B 11a AL 31/06 R, Rn. 31 sowie folgende Grundsatzurteile weiterer Senate:

BSG, 29.01.2008 (Rn.20) hat geschrieben:[20] Stufenweise Wiedereingliederung zählt zum Katalog der medizinischen Reha-Leistungen, die vom Ren­ten­ver­si­che­rungs­trä­ger zu erbringen sind. Dieser Katalog bestimmt sich seit dem Inkrafttreten des SGB IX a.F. zum 1. 7. 2001 auf Grund der Ver­wei­sung in § 15 Abs. 1 SGB VI a.F. nach den §§ 26 bis 31 SGB IX a.F... Zu den im SGB IX aufgelisteten Leis­tun­gen zählt nach § 28 SGB IX a.F. auch StW. (AZ: B 5a/5 R 26/07 R)
www.dejure.org/2008,2578
BSG, 20.10.2009 (Rn.38) hat geschrieben:Mit dieser Argumentation setzt sich die Beklagte jedoch in Widerspruch zum Anliegen des SGB IX, die stufenweise Wie­der­ein­glie­derung nun­mehr als eine auch von der RV zu er­brin­gen­de Leistung der medizinischen Rehabilitation ein­zu­füh­ren. Mithin ist – ent­ge­gen der Auffassung der Be­klag­ten – nicht isoliert auf Vorschriften des SGB VI abzustellen ... Vielmehr ist die StW die Hauptleistung... als selbstständiger Maßnahme (Ak­ten­zei­chen B 5 R 44/08 R)
www.dejure.org/2009,2752
jada.wasi
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StW = eigenständige Leistung med. Reha

Beitrag von jada.wasi »

StW = Stufenweise Wiedereingliederung

SG Leipzig, 08.09.2021, S 22 KR 100/21 (nrk.)
SG Leipzig, 09.03.2022, S 22 KR 570/21 (nrk.)

Prof. Dr. Gabriele Nellissen
jurisPR-SozR 08/2015 Anm. 3 = DVfR ➔A7-2015
jurisPR-SozR 18/2022 Anm. 4, krit. zu SG Leipzig

SG Leipzig 2021 hat geschrieben:Allerdings handelt es sich bei der StW nicht um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation.
2. Mangels Leistung der medizinischen Reha­bilitation seitens der Beklagten scheidet auch § 73 SGB IX als Anspruchsgrundlage aus.
Die Auslegung ist abwegig, nicht nachvollziehbar
nach h. M. in Rechtsprechung und Wissenschaft,
zuletzt juris PraxisReport Sozialrecht, 22.09.2022;
Waßer, jurisPK-SGB V, 03.01.2022, § 60 Rn. 140.1.


Auch gemäß Prof. Dr. Gabriele Nellissen in jurisPR-SozR 18/2022 Anm. 4 vom 22.09.2022 sind diese beiden Urteile aus Leipzig rechtlich nicht haltbar. In diesem PraxisReport finden sich zahlreiche Nachweise, darunter verschiedene BSG-Senate, mehrere Professoren wie Kohte sowie Luik vom Bundessozialgericht und auch weitere Experten wie Jabben (Rn. 11) und Albersmann. Siehe grundl. und sehr überzeugend auch Prof. Dr. Nebe in der Anmerkung A19-2018 vom 02.10.2018 m.w.N. auf reha-recht.de. Ebenso Prof. Dr. Felix Welti, ehrenamtlicher BSG-Richter, Soziale Sicherheit 11/2018, auf Seite 466, Fußnote 227, und Prof. Düwell, VRiBAG a.D., Neues zur StW, NZA 12/2020, auf Seite 767, in Fußnote 13. Ebenso Prof. Dr. Ursula Waßer, RiBSG, jurisPK-SGB V, § 60, Rn. 140.1. Das alles zeigt deutlich – dass diese Leipziger Sozialrichter m.E. diesen Prozessstoff nicht mal ansatzweise durchdrungen haben: Das ist Justizversagen einschließlich des zitierten und in jeder Hinsicht fragwürdigen Fehlbeschlusses dieses LSG Thüringen vom 01.08.2013 - Az. L 6 KR 299/13 NZB laut Gutachten Albersmann, Abschnitt V.1.b, Seite 6, wonach StW insoweit mitnichten mit Rehasport vergleichbar.
Rehabilitationssport ist keine Therapie!

Nach der „Auslegung“ dieser Leipziger Richter in diesen Urteilen soll hingegen die StW vorgeblich „nicht zu den Leistungen der medizinischen Rehabilitation“ gehören. Nellissen moniert u.a. deren Ignoranz dieser „Systematik innerhalb der Normen zur medizinischen Rehabilitation“ in diesen zwei besonders krassen Fehlurteilen (SG Leipzig vom_08.09.2021, S 22 KR 100/21, und SG Leipzig vom 09.03.2022, S 22 KR 570/21 – alle nicht rechtskr. wegen Berufungen). Mit dem apodiktischen Rechtssatz, dass die StW keine (eigenständige) Haupt-Leistung der med. Reha sei, setzen sich diese Leipziger Richter mal so locker über die herrschende Auffassung in der Rspr. aller Instanzen sowie Wissenschaft hinweg. Spätestens in der Revision sollten diese geradezu „unterirdischen“ Fehlurteile daher „kassiert“ werden wg. offensichtlicher Divergenz u.a. zur gefestigten ständigen BSG-Rechtsprechung und über ½ Dutzend Instanzengerichte mit Verurteilungen bzw. mit „Anerkenntnis“ durch IKK nach Zulassung der Berufung durchs LSG NRW, 8.6.2020, L 10 KR 299/20 NZB, und absehbarer Verurteilung lt. Hinweisen des LSG an IKK Classic.

Mit dem vermeintlichen »Wertungswiderspruch«, den die Leipziger Richter meinen ausgemacht zu haben, hat sich Albersmann bereits kritisch auseinandergesetzt in ihrem fundierten Rechtsgutachten (IV.1, V.1.b, V.2.a), das schon wdh. im wissenschaftlichen Fachschrifttum (zustimmend) zitiert wurde. Zur völlig wirren These, dass bei StW keine zusätzlichen Leistungen für Rehaträger anfallen würden, siehe bspw. oben Stichwort Leistungserbringer (in ROT) sowie Gutachten von Albersmann. Auch Behauptung des SG_Leipzig – wonach Sichert in Rn. 27 den „Streitstand“ dargestellt habe, führt nur in die Irre, da sehr rudimentär, sehr fehlerhaft bzw. irreführend - wie ja bereits oben von Heidi Stuffer sehr zutreffend sowie detailliert dargestellt. Grüße, Jada Wasi
jada.wasi
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LSG Sachsen, 21.09.2022, L 1 KR 365/20

Beitrag von jada.wasi »

StW = Stufenweise Wiedereingliederung

LSG Sachsen hat geschrieben:Danach ist - der gesetzlichen Wertung in § 44 SGB IX entsprechend - die StW leistungsrecht­lich nicht für sich allein Bestandteil der medi­zinischen Rehabilitation, sondern nur, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung zur medi­zinischen Rehabilitation erfolgt … Werden diese für die DRV entwickelten Maß­stäbe auf die GKV übertragen, so kann im vorliegenden Fall die StW gleichwohl nicht zu den Leistungen zur med. Reha gezählt werden. Denn die durchgeführte StW fand nicht im Anschluss an eine von der Beklagten nach dem Recht der GKV gewährte Leistung zur medi­zi­ni­schen Rehabilitation statt.
[LSG Sachsen, 21.09.2022, L 1 KR 365/20]
Hallo zusammen,

das kann gerade nicht auf die GKV übertragen werden: Eine solche „Wertung“ im § 44 SGB IX gibt’s nicht für die KK, auch keine solchen „Maßstäbe“ für die GKV – entgegen LSG Sachsen, 21.09.2022, L 1 KR 365/20, nicht rechtskräftig! Das ist keine rechtliche Begründung des LSG Sachsen – sondern völlig sinnfreie, durch nichts zu rechtfertigende Behauptung, welcher das BSG sowie h.M. diametral entgegensteht. (Vgl. für viele nur Luik, Richter am BSG, LPK-SGB IX, 6. Auflage 2022, § 44 Rn. 7 und 28 – wonach die StW „eigenständige“ medizinische Rehaleistung ist, d.h. selbstverständlich auch „für sich allein“. Vgl. auch jurisPK-SGB V, Prof. Dr. Waßer, Richterin am BSG, 4. Auflage 2020, § 60, Rn. 140.1 – mit Verweis auf Prof. Dr. Katja Nebe. Diese GKV muss selbst­verständlich nicht von sich selbst abgegrenzt werden Alleine darauf bezieht sich die BSG-Rechtsprechung, um einen ständigen »Zuständigkeitswechsel« zwischen DRV sowie GKV zu vermeiden - und nichts sonst. Das und nur das ist der Zweck dieser Rspr. entgegen LSG Sachsen – welches insoweit nur „fabuliert“.

Nellissen hat geschrieben:Die Auffassung des SG Leipzig, dass es sich bei der StW nicht um eine eigenständige Leistung der medi­zi­ni­schen Rehabilitation handle, über­zeugt nicht. [jurisPR-SozR 18/2022 Anm. 4]
So zuletzt auch Prof. Dr. Gabriele Nellissen, jurisPR-SozR 18/2022 Anm. 4, Kap. C: „Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Wissenschaft geht bei der StW von ei­ner eigenständigen Leistung zur medizinischen Reha­bili­tat­ion aus .… Die Auffassung des SG Leipzig, dass es sich bei der StW nicht um eine eigenständige Leistung der medi­zi­ni­schen Rehabilitation handle, überzeugt nicht.“; a. A. wohl noch Nellissen in jurisPK-SGB IX, 3. Auflage, § 44 Rn. 8 und 19, die zu dem Punkt offenbar bisher noch nicht entsprechend redaktionell angepasst wurden. Dennoch wurde da beides vom LSG Sachsen zitiert - obwohl ja beide Randnummern von ihr offenbar längst aufgegeben im og aktuellen jurisPR-SozR, 18/2022 Anm. 4, Kapitel C. Da wurde offenbar vom Berichterstatter des LSG Sachsen nur sehr „oberflächlich“ recherchiert und auch dieser Praxisreport übersehen bzw. übergangen.

:shock: AOK PLUS für Sachsen und Thüringen
Der „schräge“ Vergleich der beklagten Krankenkasse von StW mit „Rehabilitationssport“ mit Verweisung auf BSG ist sozialrechtlich einfach nur abwegig sowie »wirres Zeug«, weil die StW eben keine ergänzende Leistung i.S.d. § 64 SGB IX, sondern vielmehr med. Rehaleistung. Vgl. auch Wikipedia, Abschnitt Fahrkosten, zum Rehasport. Das hat endlich auch BAR-Frankfurt in ihrem neuen »Wegweiser« 2022 Rehabilitation und Teilhabe auf Seite 63 ja nunmehr erkannt – nach > 20 Jahren – wonach StW »Leistung zur medizinischen Rehabilitation« ist: StW ist eben nicht als eine_»ergänzende Leistung« gelistet im § 64 SGB IX im Gegensatz zum Rehabilitationssport Zu einem solchen Vergleich hat sich zwar auch LSG Thüringen 1.8.2013, L 6 KR 299/13 NZB, verstiegen – macht’s aber natürlich nicht besser laut dem Rechtsgutachten Linda Albersmann im Abschnitt V.1.b, Seite 6. Danach ist geklärt, dass diesem „wirren“ Fehlbeschluss aus Thüringen nicht zu folgen ist - auch wenn er teils von einzelnen med. Rehaträgern gern zitiert bzw. unkritisch „nachgeplappert“ wird so wie hier.
Rehabilitationssport ist keine Therapie!

Leistungen mit Therapiecharakter
Die StW ist (anders als bspw. der Rehasport) nicht bloße allgemeine Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit. Die StW ist im Rechtssinne eine Leistung mit Therapiecharakter – bei welcher der medizinische Zweck überwiegt, die „Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu beschleunigen“, also schneller wieder gesund zu werden.

LSG Sachsen hat geschrieben:Soweit das BSG in der StW eine "Hauptleistung" erblickt hat (Urteil vom 20.10.2009 - B 5 R 44/08 R - juris Rn. 38), folgt daraus nichts anderes. Denn damit hat das BSG nur begründet, warum die StW von Nebenleistungen wie dem Über­gangs­geld (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) begleitet werden kann. Nicht auf­gegeben, sondern viel­mehr daran festgehalten hat das BSG, dass sich die StW als Bestandteil einer einheitlichen (Gesamt-)Maßnahme darstellen muss (BSG, 20.10.2009 - B 5 R 44/08 R - juris Rn. 34).
[LSG Sachsen, 21.09.2022, L 1 KR 365/20]
Das ist reine Kaffeesatzleserei des LSG Sachsen,
jedenfalls soweit es um die „Krankenkassen“ geht:
Es ging im Kern um Zuständigkeit und nichts sonst


Naja, die pauschale Ansicht des LSG Sachsen, was BSG hier gemeint habe, wird BSG in Revision zu klären haben. Davon ist jedenfalls nichts zu halten, wenn man den drei Professoren und BSG-Bundesrichtern Luik, Waßer, Welti folgt. Auch Prof. Dr. Nellissen hat die frühere gegenteilige Ansicht aufgegeben, was aber von den drei LSG-Richtern offenbar übersehen wurde – oder schlicht ignoriert? Gibts jemand im Forum, der Theorie dieser sächsischen Richter versteht und kurz den Sinn erklären kann, warum hier eine „Gesamt­maß­nah­me“ (auch) bei GKV vorgeblich zwingend vonnöten sei („muss“)? Kann die Auslegung aus Sachsen nicht ansatzweise nachvollziehen: Niemand von diesen 5 Rechtswissenschaftler:innen stützt die exklusive Meinung des LSG Sachsen zur »Gesamt­reha­maß­nahme« bei GKV:

„Mit Urteilen vom 21. September 2022 (L 1 KR 365/20 und L 1 KR 340/21) hat das Sächsische Landessozialgericht entschieden, dass Versicherte gegen ihre gesetzliche Krankenkasse keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten haben. Dieser Anspruch setzt voraus, dass die Fahrkosten im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse zur medizinischen Rehabilitation entstanden sind. Die stufenweise Wiedereingliederung stellt aber keine Leistung der Rehabilitation der Krankenkasse dar und wird auch nicht in Zusammenhang mit einer solchen Leistung erbracht.“ (Seite 6)

Warum einzig nur bei StW mit weiterer Reha ein Bedarf an_Fahrtkosten bestehe, sonst aber nicht, auch das bleibt das logisch nicht nachvollziehbare Geheimnis dieser drei Chemnitzer LSG-Richter .… Davon steht weder was im § 44 SGB IX, noch lässt sich dieses aus Gesetzeszweck ableiten für GKV – also unzulässige freie Rechtsfindung „weit_am Gesetz vorbei“: Die Voraussetzungen für eine derartige Beschränkung des Anwendungsbereichs per „teleologischer Reduktion“ liegen offensichtlich nicht vor. Das_ist nicht zulässige Auslegung - sondern m.E. klare Kompetenzüberschreitung des Berufungsgerichtes. Ist keine Rechtsanwendung, sondern im Ergebnis vielmehr reine Rechtsetzung, wozu Justiz aber nicht befugt ist wg. Gewaltenteilung (Art. 20 Absatz 3 GG). Da haben diese Chemnitzer Richter Gesetzgeber gespielt. Warum sollte Gesetzgeber 2001 einen solchen sachlich durch nichts zu_rechtfertigenden Unfug ohne jeden Sinn und Zweck eingeführt und gewollt haben ?!

LSG Sachsen hat geschrieben:Werden diese für die DRV entwickelten Maß­stäbe auf die GKV übertragen, so kann im vorliegenden Fall die StW gleichwohl nicht zu den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gezählt werden. Denn die durchgeführte StW fand nicht im Anschluss an eine von der Beklagten nach dem Recht der GKV gewährte Leistung zur medi­zi­ni­schen Rehabilitation statt.
[LSG Sachsen, 21.09.2022, L 1 KR 365/20]
Das LSG meint - dass StW hier keine med. Reha sei: Für_eine Übertragbarkeit auf die GKV fehlt jedoch jeder sachliche bzw. stichhaltige Ansatz! Demnach ist dieses krasse Fehlurteil schon deshalb abzulehnen! Auf einen GdB_kommt‘s ohnehin nicht an gg. AOK Plus Sachsen und_Thüringen laut ständ. Rspr (u.a. SG Kiel 2016, SG Neuruppin 2017, SG Berlin 2018) – zumal § 53 Abs. 4 SGB_IX 2004 a.F. (in ROT) bekanntlich insoweit 2009 geändert wurde (in BLAU), nun § 73 Abs. 4 SGB IX.

Daher sind m.E. Rechtsbehelfe gegen solche Ablehnungen nach wie vor gerechtfertigt, wie schon von der HSBV Berlin Sabine Schwarz per „Rundschreiben“ 08-2019 geraten auf Seite 3. Entgegen DRV-Bund besteht Rechtsanspruch auf Fahrkosten und mitnichten lediglich ein Ermessen gemäß § 31 SGB VI bei außergewöhnlicher Belastung iSd. neuen GRA zu § 44 SGB IX, Abschnitt 7 sowie GRA § 31 SGB VI, Abschnitt 2.2.3.2 – sofern DRV zuständiger medizinischer Rehaträger sein sollte: Ein zwingendes Gesetz kann nicht durch bloße „Verwaltungsvorschrift“ der DRV ausgehebelt bzw. eingeschränkt werden. Was DVfR-Expertinnen zu die­sem „Gebaren“ der DRV sagen – siehe hier die erhellende sowie die grundlegende Antwort von Linda Albersmann an Thomas vom 24.11.2022. Gruß Jada Wasi

Eigenständige Hauptleistung
So zu Recht die „Kassenärztliche Vereinigung Sachsen“ (KVS) Dresden zu der Ausarbeitung eines Stufenplans: „Diese Einschätzung darf nur aufgrund einer ärztlichen Untersuchung erfolgen.“ Und Untersuchung (Diagnostik) ist_nun mal ärztliche Dienst-/ Sachleistung – und damit medizinische Behandlung.

Umfrage: Ist jmd. bekannt, ob auch Krankenkassen nach diesem Schema „abwimmeln“ - so wie neuerdings bei der DRV nach GRA zu § 44 SGB IX, Abschnitt 7 (schattiert)? „Daher können Kosten für Fahrten zur Arbeitsstelle gege­benenfalls nur im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 31 SGB VI erstattet werden.“
Zuletzt geändert von jada.wasi am Mittwoch 8. März 2023, 13:29, insgesamt 1-mal geändert.
Michael Karpf
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Re: TIPP: BEM-Kompass 2019 und Fahrkosten bei Stufenweiser Wiedereingliederung (Urteile)

Beitrag von Michael Karpf »

Hallo zusammen,

Frau Prof. Dr. Nellissen ließ bereits im Jahr 2015 in ihrem Beitrag A7-2015, Abschn. C, auf reha-recht.de keine Zweifel an der Rechtsauslegung, „wonach es sich bei der stufenweisen Wiedereingliederung um eine eigenständige Leistung der medizinischen Reha­bi­litation­ handelt“, und widersprach damit dem fragwürdigen Urteil des SG Kassel, 20.05.2014 - S 9 R 19/13.

Viele Grüße
Dr. Michael Karpf
jada.wasi
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StW = „eigentliche“ Leistung med. Reha

Beitrag von jada.wasi »

StW = Stufenweise Wiedereingliederung

Michael Karpf hat geschrieben: Sonntag 5. März 2023, 21:26 Frau Prof. Dr. Nellissen ließ bereits im Jahr 2015 in ihrem Beitrag A7-2015, Abschnitt C, auf reha-recht.de keine Zweifel an der Rechtsauslegung, „wonach es sich bei der StW um eine ei­gen­stän­di­ge Leistung“ der med. Reha­bi­litation­ handelt.
Danke Herr Dr. Karpf für diesen wertvollen Hinweis zu der Rechtsauslegung von Nellissen. Damit ist klar, dass es sich bei dieser (vormaligen) Kommentierung in diesem jurisPK-SGB IX, § 44 Rn 8 und Rn 19, von wem auch immer diese Textstellen ursprüngl. verfasst, um redaktionelles Versehen handeln muss, da sie später 2x anders argumentierte 2015 (Nellissen, jurisPR-SozR 8/2015 Anm. 3) sowie auch 2022 (Nellissen, jurisPR-SozR 18/2022 Anm. 4). Demnach dürfte dieses Fehlurteil des LSG Sachsen in einer Revision in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus, weil ja seine tragende Begründung (komplett) wegbricht. Jedenfalls entspricht das Fehlurteil nicht der langjährigen Auslegung von Nellissen in ihren PraxisReporten und auf reha-recht, auch wenn das in diesem Urteil so suggeriert wird. Das genaue Gegenteil ist nachweislich zutreffend. Entgegen LSG Sachsen (Seite 11) ist StW selbst eine „eigentliche“ med. Rehaleistung - kraft Gesetzes. So u.a. Siegfried Wurm (GKV) in Schell (BMAS) SGB IX, § 73 Rz. 84 – wonach StW „eigenständige“ med. Rehaleistung m.w. N. Dies alles wurde vom LSG Sachsen systematisch ignoriert bzw. einfach »ausgeblendet« sowie nicht erwogen. Diese fragwürdige Einzelmeinung des LSG Sachsen ist daher strikt abzulehnen. Gruß Jada Wasi

:shock: Offenbar hat dieses LSG Sachsen keinen der beiden PraxisReporte von Nellissen gelesen: Denn dort steht ja jeweils das genaue Gegenteil von dem, wovon das LSG Sachsen unkritisch ausgegangen ist unter Berufung auf Nellissen, zumal dort in Rn. 8 Fußnote 11 dieser jurisPR-SozR 8/2015 Anm. 3 von Nellissen zitiert ist, wonach „es sich_bei der stufenweisen Wiedereingliederung um eine eigenständige Leistung“ der med. Reha handelt.

Herrschende Meinung
Ein gesetzliches Erfordernis, dass andere med Reha einer StW vorausgehen müsse, gibt es nicht. Von einem solchen Tatbestandsmerkmal steht absolut nichts im § 44 SGB IX - folglich m.E vom LSG Sachsen frei erfundener Rechtssatz und daher Justizversagen zu Lasten von arbeitsunfähigen Rehabilitanden. StW = so oder so Leistung med. Reha; so schon LSG NRW, 05.02.2007, L 3 R 39/06, Leitsatz 2, un­ter_Aufhebung der Vorinstanz - worüber sich Sächs. LSG hinwegsetzte: » Die StW ist eine eigenständige Leistung der_medizinischen Rehabilitation...« Das Urteil hielt auch rehabilitationsrechtlich einer revisionsrechtlichen Prüfung stand durch das BSG, 29.01.2008, B 5a/5 R 26/07 R.

Es gibt kein einziges rkr. obergerichtl. Urteil, wonach kein Anspruch auf Fahrkosten bei einer StW bestehe (DRV-Berufungsrücknahme oder GKV-Anerkenntnis - bspw. LSG BB sowie LSG NRW, 08.06.2020 - L 10 KR 299/20 NZB).
Heidi Stuffer
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Registriert: Dienstag 5. September 2017, 12:26

LSG Sachsen, 21.09.2022 - L 1 KR 365/20; REVISION anhängig: BSG - B 1 KR 7/23 R

Beitrag von Heidi Stuffer »

Hallo zusammen,

das „fragwürdige“ Urteil des LSG Sachsen, 21.09.2022, L 1 KR 365/20, ist nicht rechtskr. Urteil weicht von SG Dresden, 17.06.2020 – S 18 KR 967/19 (Vorinstanz) und von h.M. ab: Während der StW wurde zwar Krankengeld gezahlt von der beklagten „AOK PLUS“ – jedoch die Fahrkosten verweigert. Die Revision ist anhängig beim BSG – B 1 KR 7/23 R.
www.dejure.org/2022,43482

Prof. Dr. Gabriele Nellissen geht mit der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Wissenschaft bei der StW v. einer „eigenständigen Leistung zur medizinischen Rehabilitation“ aus (so zuletzt Nellissen, in: jurisPR-SozR 18/2022 Anm. 4 mit umfangreichen Nachweisen). Dieses wird vom LSG Sachsen aber komplett „ausgeblendet“.

Auch gemäß Wegweiser der BAR Frankfurt 2022, Seite 63, ist StW so oder so selbst eine „Leistung zur medizinischen Reha­bilitation“ (Kap. 1.3.2.1) und zwar formal (verortet in „Kapitel 9 - Leistungen zur medizinischen Rehabilitation“) als_auch tatsächlich entgegen dieser sächsischen LSG-Version, der z.B. auch das BMAS 2019 klar widerspricht sowie Prof. Dr. Nebe und Prof. Düwell, VRiBAG aD und Siegfried Wurm (GKV)

Ebenso beispielsw. Prof. Dr. Luik, RiBSG; Prof. Dr. Trenk-Hinterberger; LSG NRW, Urteil 05.02.2007 – L 3 R 39/06 („eigenständige Leistung“); BSG vom 20.10.2009 - B 5 R 44/08 R, Rn. 38 (StW als „selbstständiger Maßnahme“)

Beste Grüße
Heidi Stuffer
Michael Karpf
Beiträge: 77
Registriert: Dienstag 1. November 2016, 18:50

Re: TIPP: BEM-Kompass 2019 und Fahrkosten bei Stufenweiser Wiedereingliederung (Urteile)

Beitrag von Michael Karpf »

Hallo zusammen,

es gibt eine weitere Entscheidung. Das LSG Sachsen hat mit Urteil vom 14.10.2022 - L 1 KR 320/20 - den einen Anspruch verneinenden Ge­richts­be­scheid des SG Chemnitz vom 18.05.2020 - S 36 KR 717/19 - abgeändert und die GKV mit umfangreicher Begründung verurteilt, der Rehabilitandin Weg­stre­cken­ent­schä­di­gung in Höhe von 672,00 EUR zu zahlen für Fahrten zur Arbeitsstelle während ihrer StW. https://dejure.org/2022,44402

Viele Grüße
Dr. Michael Karpf
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