Betriebsratsitzungen

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acer
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Betriebsratsitzungen

Beitrag von acer »

Habe ich den §95 Abs.4,5 u. 8 SGB IX richtig verstanden. Das ich als SB-Vertreter in jede Betriebsrat-Sitzung eingeladen werden muss. Sowie das mir alle Protokolle zustehen, von einer Betriebsrat-Sitzung.
Unser Betriebsrat sagt NEIN, dies würde nirgends im Arbeitsrecht stehen. Ich hätte kein Anspruch darauf. Hat er Recht und falls nicht wie kann ich mich wehren, und mein Recht durchsetzen. Da ich neu gewählt wurde, und der alte SB-Vertreter sich nicht um viel kümmerte, möchte ich nur zu meinem Recht kommen, damit ich meinen schwerbehinderten Kollegen, besser helfen kann.
Bitte um Hilfe durch Infos
albarracin_01
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Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

AW: Betriebsratsitzungen

Beitrag von albarracin_01 »

Hallo,
Habe ich den §95 Abs.4,5 u. 8 SGB IX richtig verstanden. Das ich als SB-Vertreter in jede Betriebsrat-Sitzung eingeladen werden muss.
Ja, das ist zwingendes Recht - unabhängig davon, ob SBV-Angelegenheiten behandelt werden.

Sowie das mir alle Protokolle zustehen, von einer Betriebsrat-Sitzung.
Nein, es gibt keinen Anspruch auf Aushändigung der Protokolle, noch nicht einmal für BR-Mitglieder. Sie müssen aber für die SBV einsehbar sein - ggfs. im BR-Büro.
Unser Betriebsrat sagt NEIN, dies würde nirgends im Arbeitsrecht stehen.
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Das Teilnahmerecht der SBV an BR-Sitzungen steht auch noch mal ausdrücklich im BetrVG drin. Weise Deinen BR doch mal auf § 32 BetrVG hin:
http://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__32.html" onclick="window.open(this.href);return false;
&Tschüß
Wolfgang
Eifelgirl-sbv

AW: Betriebsratsitzungen

Beitrag von Eifelgirl-sbv »

Leider ist dies auch in unserem Betrieb so. Ich bin seit 10 Monaten im Amt und habe noch keine Einladung zur Betriebsratsitzung bekommen obwohl ich den Betriebsraz mehrmals schon darauf hingewiesen habe. Es nutz auch nichts wenn mann auf da BetrVG hinweist. Auch ich bekomme keine Einsicht in die Protokolle, erfahre nicht wer eingestellt wurde. Was kann man tun? Mehr als auf Gesetze hinweisen kann man nicht.
matthias.günther
Beiträge: 270
Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41

AW: Betriebsratsitzungen

Beitrag von matthias.günther »

Hallo,

bei fortgesetzter Mandatsbehinderung (vgl. § 96 Abs. 2 SGB IX) durch den BR gegenüber der SBV sollte diese entsprechend den Rechtsweg beschreiten (ggf. mit anwaltlicher Hilfe). Der SBV steht hier ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zu. bei besonders schwerwiegenden Störungen bzw. Behinderungen der Tätigkeit der SBV kann ein Unterlassungsanspruch (§ 23 Abs. 3 BetrVG) mit der Androhung eines Ordnungs- oder Zwangsgeldes beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden. Dieses wird nach § 890 ZPO verhängt und beträgt bis zu 250.000 Euro.
albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

AW: Sitzung des Betriebsrats/Personalrats und der Ausschüsse: Einladung sowie Niederschrift (Protokoll)?

Beitrag von albin.göbel »

Eifelgirl-SBV hat geschrieben:Ich bin seit 10 Monaten im Amt und habe noch keine Einladung zur BR-Sitzung bekommen, obwohl mehrmals darauf hingewiesen ...
Mit ordnungsgemäßer »Geschäftsführung des BR«
hat das alles nichts zu tun gemäß § 29 BetrVG und
geht in die völlig falsche Richtung:


Die Pflicht zur Ladung der Schwerbehindertenvertretung zu den Sitzungen des BR ist nicht in § 95 Absatz 4 SGB IX und nicht in § 32 BetrVG geregelt: Die bun­des­ge­setz­lich angeordnete SBV-Ladungspflicht folgt vielmehr aus § 29 Absatz 2 Satz 4 BetrVG, wonach der BR-Vorsitzende stets auch die SBV zu allen BR-Sitzungen zu laden hat (siehe bspw. Haufe, BetrVG, § 32 Rz. 6; ebenso BZO, BetrVG online zum § 29 Abs. 2, wonach die SBV „zu jeder Be­triebs­rats­sit­zung mit Tagesordnung“ eingeladen werden muss; Düwell in LPK-SGB IX, § 95 Rn. 79). Das alles ist unabhängig von den Themen der Tagesordnung! Darauf, ob es aus Sicht des BRV um Themen des SGB IX geht, kommt es kraft Gesetzes lt. Rspr. und h.M. nicht an. Im Unterschied zur JAV ist die SBV zu - jeder - BR-Sitzung einzuladen wegen ihr „generelles“ Teilnahmerecht an allen Sitzungen nach § 95 Abs. 4 Satz 1 SGB IX. Die Einschränkung im letzten Halbsatz des § 29 Absatz 2 Satz 4 BetrVG bezieht sich gerade nicht auf die SBV - sondern allein auf JAV (als Kollegialorgan) schon nach grammatikalischer Auslegung, wie schon des öfteren in diesem ➠ Forum diskutiert mit Rechtsprechungs- und Literatur­nach­weisen bzw. Gesetzesmaterialien. Das ist auch eklatanter Verstoß des BRV wegen „Bringschuld“ bezüglich Tagesordnung laut Rspr. Ebenso B­IH-Fachle­xikon, Abschnitt: Teilnahmerecht: „Das Teilnahmerecht gilt_nicht nur für Sitzungen, in denen Fragen behandelt werden sollen, die schwerbehinderte Menschen betreffen. Die Schwerbehindertenvertretung ist deshalb unter Mit­tei­lung der Tagesordnung zu allen Sitzungen einzuladen.“ So_schon grundl. LAG Hessen vom 04.12.2001, 15 Sa 384/01, unter Bezug auf die Entstehungsgeschichte mit zahl­reichen Literaturnachweisen:

Leitsatz
„Die Schwerbehindertenvertretung kann an allen Be­triebsratssitzungen beratend teilnehmen, unabhängig davon, ob Fragen schwerbehinderter Arbeitnehmer anstehen und welche Themen auf der Tagesordnung stehen. Dementsprechend ist grundsätzlich jede Teil­nahme der Schwerbehindertenvertretung an einer Be­triebsratssitzung erforderlich i.S.d. § 26 Abs. 4 Satz 1 SchwbG“ [jetzt: § 96 Abs. 4 Satz 1 SGB IX]

Wo gibts Hilfe vor Ort?
Es stellt m.E. eine "Selbstherrlichkeit" eines BR-Vor­sit­zen­den dar, wenn dieser seiner gesetzlichen Amtspflicht, die SBV zu den BR-Sitzungen einzuladen, eigenmächtig bzw. willkürlich nicht nachkommt. Das ist ja grdl. „Pflichtthema“ wirklich jeder Grundschulung für BR-Vorsitzende. Das ist wdh. vorsätzliche und damit schwere fortgesetzte Amts­pflicht­ver­let­zung nach BetrVG und grobe SBV-Be­hin­de­rung nach SGB IX. TIPP Kurzer Telefonanruf bei Ihrem Integrationsamt bzw. Ihrer Gewerkschaft – dort sollte Ihnen gern, schnell sowie professionell geholfen werden. Sofern Sie bislang noch keinen SBV-„Einsteigerkurs“ für Neugewählte besucht haben, so sollten Sie hier klicken. Siehe auch Diskussion von 2015 zu „Gewerkschaften“. Weitere anerkannte Verbände siehe BMAS online. Hier versagt aber auch der gesamte Be­triebs­rat als ­Kolleg­ial­organ, der ja seinem Vorsitzenden solche fortgesetzten offensichtlichen Rechtsbrüche durchgehen lässt. Hat da von diesem BR-Gremium denn niemand eine BetrVG-Grund­schu­lung besucht bzw. keinen Kommentar zum BetrVG oder SGB IX, weil offenbares Totalversagen?

Schulungsanspruch
Zum Schlungsanspruch eines Mitglieds des Personalrats zum Schwerbehindertenrecht vgl. zum Bsp. VGH Hessen, 15.11.1989, HPV TL 2960/87, sowie eines Mitgliedes des Betriebsrats vgl. LAG Hamm, 09.03.2007, 10 TaBV 34/06

Eifelgirl-SBV hat geschrieben:Was kann man tun? Mehr als auf Gesetze hinweisen kann man nicht.
Diese Ansicht teile ich nicht:

Sollte BRV „beratungsresistent“ bleiben, kann die SBV ihre Rechte auch „arbeitsgerichtlich“ durchsetzen. Die Kosten muß dann zwar zunächst der Arbeitgeber über­neh­men. Der wird aber wohl diesen BRV persönlich in Regress nehmen und sich an diesem schadlos halten, weil ja (offensichtlicher) vorsätzlicher Amtsmissbrauch durch Unterlassen wider besseres Wissen. Und wirklich „ungemütlich“ wird das dann für PRV, sobald das Ganze bei jedem weiteren Verstoß zur »Vollstreckung« kommt – wie z.B. in einem beim ArbG München verhandelten Fall. Verstoßen Vorsitzende beharrlich gegen diese Pflichten, ist das zudem eine grobe Pflichtverletzung, die einen Ausschlussantrag nach § 23 Absatz 1 Satz 1 BetrVG rechtfertigt“ (so auch Haufe, Kommentar aus Personal Office Premium, § 32 BetrVG Rz. 6). Grundlegend zur Rechts­durch­set­zung mit Beispielen und Optionen vgl. Prof. Düwell, LPK-SGB IX § 95 Rn. 95/96 und 105/109 (BR-Sitzungen, Sitzungen seiner Ausschüsse sowie zu Monatsgesprächen nach § 95 Abs.5 i.V.m. § 74 Abs. 1 BetrVG bzw. Gemeinsamen Ausschüssen im Sinne des §_28 Abs. 2 BetrVG n.F. laut BAG, 21.04.1993, 7 ABR 44/92).

Einstweiliger Rechtsschutz
Das kann auch per Eilantrag erfolgen. Vgl. VG Frankfurt a.M. vom 16.10.2003 - 23 LG 5583/03 (V). Das ver­fas­sungs­recht­li­che Gebot effektiven Rechtsschutzes, wie es sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und dem Rechts­staats­prin­zip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergibt, rechtfertigt diese Reich­wei­te des einstweiligen Rechtsschutzes. Danach würde die SBV eines für ihr Amt als gewählte Vertrauensperson wesentlichen Rechts beraubt, nämlich durch die gesetzlich gewährleistete jederzeit zu ermöglichende Teilnahme an BR-Sitzungen die Belange der sbM in diesem für die Ver­tretung von Be­schäftigteninteressen bedeutenden Grem­ium geltend zu machen und zu Gehör zu bringen. Die SBV ist nach ihrer Stellung eben nicht auf die Beeinflussung der Dienststellenleitung beschränkt, sondern darf ihren beratenden Einfluss ebenso gegenüber der Per­so­nal­ver­tretung geltend machen. Damit handelt es sich beim Teil­nah­me­recht aus § 95 Abs. 4 SGB IX, § 29 Absatz 2 Satz 4 BetrVG um herausragendes Einflussrecht (vgl. grdl. BAG, 04.06.1987 - 6 ABR 70/85 - zum Wirtschaftsausschuss), dessen ungerechtfertigte Vorenthaltung (durch un­ter­las­se­ne Ladung) zugleich eine schwerwiegende Behinderung der Ausübung des Amtes einer SBV darstellt, die durch § 96 Abs. 2 SGB IX jedermann untersagt ist. Dieses Recht zur Teilnahme (§ 32 BetrVG) und Ladung (§ 29 BetrVG) kann weder durch einen BRV noch durch BR-Beschluss oder BR-Geschäftsordnung vereitelt werden. Ebenso Eil­antrag einer SBV LAG Hessen, 05.07.2012 - 9 TaBVGa 158/12, wegen Teilnahme an BR-Sitzungen sowie an Mo­nats­ge­sprä­chen; das gilt auch während einer noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Wahlanfechtung.

Eifelgirl-SBV hat geschrieben:Auch ich bekomme keine Einsicht in Protokolle ...
◾Betriebsrat
Gemäß § 34 Absatz 3 BetrVG haben die Mitglieder des Betriebsrats das Recht, die Unterlagen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse jederzeit einzusehen. Weil SBV glei­cher­ma­ßen kraft Gesetzes ein „umfassendes“ Be­ra­tungs­recht wie ein BR-Mitglied hat - so wird ihr glei­cher­ma­ßen auch das Einsichtsrecht wie einem BR-Mitglied zuzugestehen sein:

Wolmerath in HaKo-BetrVG, § 34 Rn. 10
„Entgegen dem zu eng gefassten Wortlaut des Absatz 3 haben auch Vertrauenspersonen der Schwerbehinderten, die für den betreffenden Betrieb nach § 177 Abs. 1 SGB IX oder nach § 180 Abs. 1 Satz 2 SGB IX als GSBV für einen Betrieb ohne SBV zuständig sind, ein Ein­sichts­recht. Das folgt aus § 182 Abs. 1 SGB IX, nach dem der Be­triebs­rat zur engen Zusammenarbeit mit der SBV ver­pflich­tet ist. Sind diese Vertrauenspersonen nach § 178 Abs. 4 und 5 SGB IX zu allen Sitzungen und Be­spre­chun­gen des Betriebsrats hinzuzuziehen und nach § 29 Abs. 2 Satz 4 BetrVG unter Mitteilung der Tagesordnung zu la­den, so müs­sen Sie auch in der Lage sein, sich über den Gang der Beratungen im Be­triebs­rat durch Einsichtnahme in die Unterlagen ein eigenes Bild zu verschaffen. An­sons­ten könnten Sie nicht ihre gesetzliche Aufgabe erfüllen.“

Wer darf gucken?
Dr. Ferstl meint zwar in seinem WAF-Schulungsvideo, dass einer SBV nur insoweit Einsicht zustehe, soweit SBV an der BR-Sitzung teilgenommen habe (Video - ab 04:30 min) Das ist aber viel „zu kurz gesprungen“ sowie frei erfunden. Eine Analogie aus dem Rechtsgedanken des § 34 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kann für die SBV insoweit nicht konstruiert werden, weil SBV ein generelles Teilnahmerecht hat, also nicht nur rein punktuelles wie Arbeitgeber (§ 29 Abs. 4 BetrVG) und Gewerkschaft (§ 31 BetrVG). Ansonsten müsste SBV ggf. erst fragen: „Wie war das denn in der letzten BR-Sitzung, worum geht es?“ Alles praxisfern und Zeitfresser für alle. Die Begründung des Dr. Ferstl im Video für seine Auslegung zur SBV mit Verweis auf die Regelung für Arbeitgeber sowie Gewerkschaft: („gilt das im Grundsatz auch“ für die SBV) erscheint in diesem Punkt völlig haltlos und sinnfrei: Dieser gewagte Rechtsvergleich ist entschieden abzulehnen.

Dieses Einsichtsrecht einer SBV kann auch nicht per „Geschäftsordnung“ ausgeschlossen werden - da u.a. unabdingbar. Davon kann sich die SBV auch „Notizen machen oder Kopien anfertigen“ (vgl. Wolmerath in HaKo-BetrVG, §_34 Rn. 14). Ebenso auch ZB Spezial, „Die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung“, Kap. 1.2.8 Seite 15: „Das Protokoll einer Sitzung ist der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung zu­gäng­lich zu ma­chen.“ Kennt dazu jemand Literatur oder Rechtsprechung, dass weder Abdruck noch Einsicht für die SBV und auch kein Verlesen der Niederschrift in der BR-Sitzung?

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◾Personalrat
Für Sitzungen des Personalrats vergleiche zum Beispiel Ministerialrat a.D. Roger Hohmann in: Der Personalrat, PersR 2/2010, Seite 55-58, »Informationsanspruch des einzelnen Personalratsmitglieds - Personalratssitzung als einzige Informationsquelle?« – wonach Rechtsprechung bewährter gängiger bundesweiter Praxis sowie ver­brei­te­ter Literatur widerspricht, die es für selbstverständlich hält, allen Mitgliedern der Interessenvertretung die für ihr Amt relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen. In HH besteht z.B. nach § 44 HmbPersVG (in Abkehr von Teilen verwaltungsgerichtlicher Rspr.) ein ausdrücklich nor­mier­tes Einsichtsrecht: „Die Mitglieder des Per­so­nal­rats kön­nen seine Unterlagen jederzeit einsehen.“ Ebenso auch Ballerstedt / Schleicher / Faber, BayPVG, Art. 41 Rn. 24 m.w.N.

Niederschrift für SBV
:( Flickenteppich & Gesetzeslücken seit Jahrzehnten
In BY erhält SBV unaufgefordert zumindest Teile der Sit­zungs­proto­kol­le nach Maßgabe des Art. 41 Abs 2 Satz 2 BayPVG digital bzw. ausgedruckt. Ferner BB (§ 41 Abs. 3_PersVG), MV (§ 32 Abs. 2 PersVG), SL (§ 40 Abs. 2 SPersVG), SN (§ 42 Abs 2 SächsPersVG), ST (§ 39 Abs. 2 PersVG LSA), SH (§ 32 Abs. 3 Schl.-H.), TH (§ 41 Abs. 2 ThürPersVG). Gesetzliches Einsichtsrecht für SBV in BW (§ 38 Abs. 3 LPVG) und RP (§ 37 Absatz 2 LPersVG). Das ist m.E. ggf. zu eng, weil u.a. ja nicht jede SBV an jeder Sit­zung teil­neh­men kann z.B. wegen Verhinderung etwa bei Terminkollision. Daneben ist ihr daher ein komplettes Einsichtsrecht in die Niederschriften zuzugestehen schon wg. ihres Antragsrechts aus § 95 Absatz 4 Satz 2 SGB IX. Ich halte diese Einschränkung des Einsichtsrechts für die SBV bspw. in § 38 Abs.3 LPVG BW für viel zu eng: Wenn eine SBV etwa an der Teilnahme durch kurzfristige Er­kran­kung gehindert war und zum Bsp. auf der Ta­ges­ord­nung ein TOP stand, der von ihr beantragt war. Die Ver­wei­ge­rung einer solchen Einsicht unter Berufung auf Lan­des­recht wäre m.E. glatter Verstoß gegen Bundesrecht, da unvereinbar mit § 99 SGB IX, der PR und SBV zur „en­gen“ Zusammenarbeit und zur „gegenseitigen“ Un­ter­stüt­zung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben verpflichtet – was Gegenansicht offenbar übersieht und verkennt - ebenso wie auch der Landesgesetzgeber in Stuttgart, der das 2014 nicht bedachte. Nichts Genaues auch in den drei Städten (BE, HB, HH) und drei Ländern (HE, NI, NW), soweit ersichtlich. Da haben diese Länder offensichtlich „geschlampt“ bzw. schwer „versagt“; einzig das Bundesland Rheinland-Pfalz hat hier unter Beachtung dieses „Re­ge­lungs­zu­sam­men­hangs“ korrekt nor­miert: „Die Mitglieder des Per­sonalrats, die Mitglieder der Jugend- und Auszu­bil­den­den­ver­tre­tung sowie die Schwerbehindertenvertretung haben das Recht, zur Wahrnehmung der ihnen in dieser Funktion obliegenden Aufgaben Sitzungsunterlagen und Nie­der­schrif­ten einzusehen.“ Kennt dazu jmd. Rspr. oder Schrifttum?

Zutreffend in: ZB Spezial, „Die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung“, Kap. 1.2.8 Seite 15: „Das Protokoll einer Sitzung ist der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung zu­gäng­lich zu ma­chen.“

Soweit Vorabinfos erteilt werden, muß dann sichergestellt sein, daß sie (allen!) Mitgliedern des PR sowie der SBV in gleichem Umfang zuteil werden. Per­so­nal­rats­vor­sit­zen­de sind nicht „unumschränkte Herrscher über elektronisch gespeicherte“ oder in Papierform archivierte Dokumente des Personalrats Vergl. exemplarisch nur VG Ansbach, 25.03.2008, AN 8 P 08.00263, zum BayPVG zu illegalen digitalen „Lesesperren“, wonach „unzensiert zugänglich“ zu machen ist. Vgl. auch VG Düsseldorf v. 10.06.1999, 34 K 2286/99.PVL, Rn. 24 zur „Akteneinsicht“*) in Un­ter­la­gen des Personalrats. Ferner besteht ein SBV-Teil­nah­me­recht an Erörterungsgesprächen des PR.

Rahmenvorgaben
Nach den Vorgaben des Bundes per Rah­men­ge­setz­ge­bung für die Länder in § 95 Abs. 3 BPersVG ist der SBV „die Teilnahme an allen Sitzungen der Personalvertretung zu gestatten“, was selbstverständlich u.a. auch ord­nungs­ge­mä­ße rechtzeitige Ladung der SBV umfasst und zwar auch zu konstituierenden Sitzungen des Personalrats!

Arbeitshilfen:
Wer wird geladen?
Sitzungsprotokolle?
SBV-Teilnahmerechte?
IFB-Lexikon für Betriebsräte
WAF-Musterbrief für Betriebsräte

Viele Grüße
Albin Göbel

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*) VG D'dorf: „So bleibt es jedem Mitglied unbenommen und entspricht seinem guten Recht, Akteneinsicht in die ent­spre­chen­den Unterlagen, also auch die Protokolle der ver­gan­ge­nen Per­so­nal­rats­sitzung, zu nehmen und sich selbst Ab­lich­tun­gen zu fertigen.“
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jada.wasi
Beiträge: 332
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

AW: Betriebsratsitzungen

Beitrag von jada.wasi »

"Unterlassungsanspruch (§ 23 Abs. 3 BetrVG) mit der Androhung eines Ordnungs- oder Zwangsgeldes"

Hallo,
der Anspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG umfasst ja vom Wortlaut her allein grobe Verstöße des "Arbeitgebers" nach dem BetrVG gegenüber dem Betriebsrat mit dem Ziel, die Einhaltung der Vorschriften des BetrVG durch den Arbeitgeber zu erzwingen. Kann sich denn auch die SBV analog darauf berufen bei einem groben Verstoß eines BR-Vorsitzenden nach dem BetrVG gegenüber der SBV?

Gruß
Jada Wasi
matthias.günther
Beiträge: 270
Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41

AW: Betriebsratsitzungen

Beitrag von matthias.günther »

Hallo,

§ 23 Abs. 3 BetrVG wäre in der Tat nur ggü. dem Arbeitgeber anzuwenden.

Aber: gegen den BRV greift § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG:

Arbeitsgerichtsgesetz
§ 2a Zuständigkeit im Beschlußverfahren
(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ferner ausschließlich zuständig für

1.
Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 119 bis 121 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
2.
Angelegenheiten aus dem Sprecherausschußgesetz, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 34 bis 36 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
3.
Angelegenheiten aus dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz und dem Drittelbeteiligungsgesetz, soweit über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat und über ihre Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
3a.
Angelegenheiten aus den §§ 94, 95, 139 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
3b.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 43 bis 45 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
3c.
Angelegenheiten aus § 51 des Berufsbildungsgesetzes;
3d.
Angelegenheiten aus § 10 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes;
3e.
Angelegenheiten aus dem SE-Beteiligungsgesetz vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3675, 3686) mit Ausnahme der §§ 45 und 46 und nach den §§ 34 bis 39 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
3f.
Angelegenheiten aus dem SCE-Beteiligungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1911, 1917) mit Ausnahme der §§ 47 und 48 und nach den §§ 34 bis 39 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung zu entscheiden ist;
3g.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3332) mit Ausnahme der §§ 34 und 35 und nach den §§ 23 bis 28 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
4.
die Entscheidung über die Tariffähigkeit und die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung;
5.
die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes, einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und einer Rechtsverordnung nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes;
6.
die Entscheidung über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 des Tarifvertragsgesetzes im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag.

(2) In Streitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Beschlußverfahren statt.

Also hier der Weg übers Arbeitsgericht. Die SBV kann die Problematik der Nicht-Einladung ja auch mal als TOP auf die nächste Tagesordnung der BR-Sitzung setzen.
§ 156 SGB IX kann hier nicht angewendet werden.
Der BR ist zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der SBV verpflichtet (§ 99 SGB IX). Denn die Förderung der Eingliederung sbM gehört zu den allgemeinen Aufgaben des BR nach § 80 Abs. 1 BetrVG und dazu gehört nun einmal die ordnungsgemäße Beteiligung der SBV. Und hierzu ist die SBV nun einmal ordnungsgemäß zu laden (§ 29 Abs. 2 BetrVG). Hier sind auch die andern BR-Mitglieder aufgefordert zu handeln. Falls anwaltliche Hilfe für das gerichtliche Vorgehen der SBV gegen den BRV erforderlich wird, kann man auf die Begründung des BRV gespannt sein, wenn er dem Arbeitgeber die für die Rechtsverfolgung der SBV erforderlichen und entstehenden Kosten für den Anwalt erklären darf.
albarracin_01
Beiträge: 572
Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

AW: Betriebsratsitzungen

Beitrag von albarracin_01 »

Hallo,

auch wenn es beckmesserisch klingt, muß doch bei der Anspruchsgrundlage sauber argumentiert werden.

Deswegen ist diese Aussage formal falsch:
Aber: gegen den BRV greift § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG:
Das ArbGG regelt lediglich die Zuständigkeit für gerichtliche Streitigkeiten. Es ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage.

Die Anspruchsgrundlage für die SBV, einen BRV zu zwingen, seiner Ladungspflicht nachzukommen, ist und bleibt § 95 Abs. 4 SGB IX.
Die Verletzung dieser Anspruchsgrundlage wird in einem gerichtlichen Verfahren geltend gemacht. Das ArbGG regelt dann lediglich, daß für diese Geltendmachung das ArbGG zuständig ist.

Mehrere BR-Mitglieder (wenn sind insgesamt ein Viertel des BR sind) oder aber zB "im Betrieb vertretene Gewerkschaften" (nicht aber die SBV) können auch § 32 BetrVG als Anspruchsgrundlage heranziehen, um ein Verfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG einzuleiten.
" ... kann die bewußte Ausschaltung der SchwbVertr. eine grobe Pflichtverletzung iS des § 23 Abs. 1 sein ..." ( Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, § 32 Rn 24).

Das Teilnahmerecht besteht auch unabhängig davon, ob die SBV eingeladen wird. Ist der SBV der Sitzungstermin bekannt, kann sie einfach teilnehmen und darf nicht von der Sitzung ausgeschlossen werden.
&Tschüß
Wolfgang
Heidi Stuffer
Beiträge: 118
Registriert: Dienstag 5. September 2017, 12:26

ZTR: Wer erhält Protokoll des Personalrats?

Beitrag von Heidi Stuffer »

albin.göbel hat geschrieben: Samstag 10. Oktober 2015, 12:53 Kennt dazu jemand Literatur?
Hallo zusammen,

ein grundlegender Aufsatz von Düwell, ZTR 12.2020, Seite 681-684, zum Thema: „Protokoll des Personalrats - Recht auf Einsicht und Aushändigung? Auch für die SBV?“ wurde aktuell veröffentlicht. Er ist sehr lesenswert für jede SBV in Behörden und Gerichten – da teils nicht oder lediglich sehr lückenhaft geregelt im Personalvertretungsrecht:

1. Die Regelung im Bund
2. Landesregelungen für Sitzungsteilnahme der SBV
2.1 Übermittlung eines Auszugs
2.2 Einwendungen nach Erhalt der Auszüge
2.3 Einsichtsrechte nach Teilnahme
3. Umfassende positivrechtliche Regelung in RP
4. Landesregelungen ohne Berücksichtigung der SBV
5. Regelungslücke und deren Füllung
5.1 Unzulässigkeit des Umkehrschlusses
5.2 Die übersehenen Vorschriften im Teil 3 des SGB IX
5.3 Gebot der Richtigkeitskontrolle
5.4 Recht auf Kopie bei Nichtteilnahme
5.5 Unionsrecht auf Kopie der Niederschrift
6. Ausblick

Beste Grüße
Heidi Stuffer
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