Wahlunterlagen zum Teil doppelt an Wähler/innen verschickt

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fontograf

Wahlunterlagen zum Teil doppelt an Wähler/innen verschickt

Beitrag von fontograf »

Guten Tag,

der Wahlvorstand hat die schriftliche Stimmabgabe beschlossen und deshalb allen Wähler/innen die entsprechenden
Wahlunterlagen mit der Post zugestellt. Auf dem Briefkuvert war kein Vermerk darüber, dass wichtige Wahlunterlagen
im Brief sind. Auf dem Freiumschlag war kein Adressfeld für "Absender" vorgesehen ... die Briefe kamen auch ohne
Absender an den Betrieb zurück. Laut Wahlausschreiben sollte der Posteingangsstempel gelten ... allerdings war nicht
beschrieben ob der betriebseigene oder der der Post. Im Betrieb stand in der Post/Archiv/Bibliotheks-Abteilung eine
metallene Urne deren Deckel mit einem Hängeschloss versehen war. Die Klappe der Urne war zu keinem Zeitpunkt
versiegelt. Der oben genannte Bereich ist in der Zeit von 7:00 bis 15:30 Uhr für viele Betriebsangehörige offen
zugänglich. Die Urne kann von den Arbeitsplätzen der dort arbeitenden Mitarbeiter nicht immer eingesehen werden.
Diese Mitarbeiter, die nicht Mitglieder im Wahlvorstand waren, haben die Wahlkuverts die zurückkamen mit einem
Eingangsstempel versehen und dann in die Urne geworfen. 3o Stunden nach Wahlende (war nur auf einen Tag bestimmt und endete damit um 24:00) wurde öffentlich ausgezählt. An dieser Auszählung nahm auch eine Rentnerin teil, die
bis zur Mitte der SBV Wahl Mitglied im Wahlvorstand war und dann wie geschrieben in den Ruhestand ging.
Wenn bei der beigefügten Erklärung die Unterschrift nicht lesbar war hat man/frau den Stimmzettel (war verschlossen im Wahlumschlag) für ungültig erklärt.
Dass die Wahlunterlagen an Wähler/innen doppelt verschickt wurden fiel erst später auf. Man/frau hat dann mit folgendem Text (original!!!!) siehe Anhang - informiert und einen andersfarbigen Stimmzettel geschickt. Der Text enthält kein Datum, keine Unterschrift, keinen Verteiler und keinerlei Adressdaten.
Das Wahlergebnis: 20% der Stimmen bei der ersten Vertrauensperson (zwei Bewerber) ungültig und 36% bei der Zweiten (allerdings nur eine Bewerberin) .
Reicht dies um die SBV-Wahl für nichtig zu erkären??

Herzlichen Gruss an alle Leserinnen und Leser und besten Dank für jede Antwort
Dateianhänge
SBV_Wahl_korr_text.pdf
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Zuletzt geändert von fontograf am Freitag 5. Dezember 2014, 17:52, insgesamt 1-mal geändert.
Ulrich.Römer
Beiträge: 621
Registriert: Mittwoch 29. September 2010, 12:51

AW: Wahlunterlagen zum Teil doppelt an Wähler/innen verschic

Beitrag von Ulrich.Römer »

Hallo Fontograf,
der dargestellte Sachverhalt sieht insgesamt nach einem Erfolg versprechenden Anfechtungsgrund aus.
Ulrich Römer

Moderator der BIH-Foren
fontograf

AW: Wahlunterlagen zum Teil doppelt an Wähler/innen verschic

Beitrag von fontograf »

Hallo Ulrich Römer,

ich bin nicht oft in Foren, aber immer wieder beeindruckt wie schnell geantwortete wird - danke!
Ich habe einen Augenblick nicht aufgepasst, aber jetzt ist im Anhang der Name des Unternehmens
geschwärzt -sorry.

Schönes Wochenende
Fontograf
Ulrich.Römer
Beiträge: 621
Registriert: Mittwoch 29. September 2010, 12:51

AW: Wahlunterlagen zum Teil doppelt an Wähler/innen verschic

Beitrag von Ulrich.Römer »

;) schönes Wochenende
Ulrich Römer

Moderator der BIH-Foren
albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

AW: Wahlunterlagen zum Teil doppelt verschickt - Kausalität?

Beitrag von albin.göbel »

fontograf hat geschrieben:Auf dem Freiumschlag war kein Adressfeld für "Absender" vorgesehen ... Wenn bei der beigefügten Erklärung die Unterschrift nicht lesbar war, hat man/frau den Stimmzettel (war im Wahlumschlag) für ungültig erklärt... dies um die SBV-Wahl für nichtig zu erkären?
Liegen wie hier mehrere Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften vor, von denen keiner für sich genommen zur Nichtigkeit der Wahl führt, kann sich auch aus einer Gesamtwürdigung der einzelnen Verstöße nicht ergeben, dass die Wahl nichtig ist (BAG vom 19.11.2003, 7 ABR 24/03). Das soll z.B. in Großbetrieben selbst bei hunderten von Wahlfehlern gelten, wenn etwa dort sämtliche Freiumschläge vom Wahlvorstand entgegen dem den Wahlvorstand treffenden Beschriftungsgebot nicht von diesem oder einer Hilfskraft mit Namen und Anschriften der Wahlberechtigten als Absenderangaben versehen wurden (VGH Mannheim vom 25.10.1994, PL 15 S 1057/94).

Sichere "Ferndiagnosen" sind da schwierig. Um Anfechtungen verlässlicher beurteilen zu können, müsste man das Wahlausschreiben kennen sowie die Wahlakte mit Beschlüssen und Wahlniederschriften einsehen. Ein solches Einsichtsrecht steht grundsätzlich den Wahlberechtigten innerhalb der Anfechtungsfrist zu, die abhängig vom BetrVG, vom BPersVG und den 16 Landes-Personalvertretungsgesetzen unterschiedlich lange ist (Wahlbroschüre, Seite 45/71).

1. Für eine Anfechtung der Wahl der Vertrauensperson dürften hier die Wahlfehler allerdings ausreichen, jedenfalls soweit potentiell ursächlich für das Wahlergebnis. Anfechtbarkeit wäre immer dann anzunehmen, wenn die Zahl der wegen unleserlicher Unterschrift für ungültig erklärten Wahlumschläge mangels Zuordnungsmöglichkeit gleich oder größer wäre als der Unterschied der Stimmen der beiden Wahlbewerber (Hohmann, SchwbVWO, § 11 Rn. 98).

2. Diese Wahlfehler reichen aber für eine Anfechtung der Wahl der Stellvertretung hier nicht aus mangels Kausalität, da es "nur eine Bewerberin" für dieses Amt gab, so dass solche Wahlfehler sich gar nicht auswirken konnten auf das Ergebnis der Stellvertreterwahl. Vielmehr würde, sofern keine anderen wesentlichen Wahlfehler die Anfechtung rechtfertigen würde, das erste stellv. Mitglied der SBV automatisch in das Amt der Schwerbehindertenvertretung ab Rechtskraft nachrücken.

Erstreckung auf Stellvertretung?
Entgegen einzelnen obergerichtlichen Fehlentscheidungen der Verwaltungs- und Arbeitsgerichtsbarkeit (OVG Koblenz vom 14.12.1988, 4 A 3/88 = ZBR 1989, 181; ArbG Bonn vom 04.05.2011, 5 BV 51/11, Rn. 50, und nachfolgend LAG Köln vom 19.10.2011, 3 TaBV 51/11, Rn. 5 und 34) wirkt sich eine erfolgreiche Anfechtung der Wahl einer VP nicht automatisch auf die Stellvertreterwahl aus (ebenso Hohmann in Wiegand/ Hohmann, SchwbVWO, Einleitung Rn. 48).

30 Stunden nach Wahlende (war nur auf einen Tag bestimmt und endete damit um 24:00) wurde öffentlich ausgezählt.
Warum wurde so lange zugewartet mit der Auszählung und nicht schon "unverzüglich" im Laufe des nächsten Tags gezählt? Gab es dafür zwingende, vom Wahlvorstand nicht zu vertretende unausweichliche Gründe (Dr. Till Sachadae, Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung, Seite 466)? Und warum zu einer solchen "Unzeit" um 6:00 Uhr früh des übernächsten Tags? Stand das denn so im Wahlausschreiben? Oder habe ich was falsch verstanden?

Viele Grüße
Albin Göbel
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